Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)
Während des Abendessens erfuhr Lena, dass Anna schon seit über fünfundzwanzig Jahren für Maureen tätig war. Sie hatte bei Maureens Ankunft auf Mallorca als Au-pair angefangen, um für Maureens Sohn Niklas da zu sein, wenn sich Maureen bei Dreharbeiten in Deutschland befand. Selbst als Niklas sie nicht mehr brauchte, war sie bei Maureen und Laszlo geblieben und hatte sich um den Haushalt gekümmert. Es hatte sich im Laufe der Jahre eine innige Freundschaft entwickelt, die sich nach Laszlos Tod noch vertieft hatte. Nachdem Anna sich von ihrem Mann getrennt hatte und ihre Kinder nun längst eigene Wege gingen, hatte Maureen ihr zwar vorgeschlagen, zu ihr zu ziehen, doch Anna liebte ihr kleines Haus und ihre Tiere um sich. Sie wollte ihr Heim nicht aufgeben, wenn sie sich auch mehr bei Maureen aufhielt, als in ihrem eigenen Zuhause.
Die Fischsuppe, die Anna als Vorspeise gekocht hatte, war die leckerste, die Lena jemals gegessen hatte. Zum gegrillten Fisch gab es einen gemischten Salat und Weißwein. Als Lena alles verdrückt hatte, lehnte sie sich zurück und rieb sich den Bauch. »Wenn du immer so gut kochst, werde ich hier nudeldick werden.«
»Blödsinn«, meinte Maureen. »Sieh mich an. Man muss nur den Nachtisch weglassen und ein bisschen Sport treiben, dann bleibst du schlank.«
Anna lachte. »Stimmt. Morgens machen wir immer gemeinsam Yoga, dann gibt es Obst zum Frühstück und vielleicht noch eine Scheibe Toast. Alles halb so wild.«
Auch Anna war schlank, wenn auch nicht so zierlich wie Maureen. Sollte das wirklich nur am Yoga und am Obstfrühstück liegen?
»So, ich kümmere mich nun um den Abwasch«, erklärte Anna und erhob sich. »Bist du morgen beim Yoga dabei? Um neun Uhr am Pool.«
»Du wirst doch mitmachen?«, fragte Maureen. »Es wird dir und deiner Seele guttun. Du wirst sehen.«
»Ich werde es zumindest versuchen.« Lena hatte zwar früher Pilateskurse besucht, aber zu Beginn ihres Studiums keine Zeit mehr dafür gefunden. Das Studio in Hannover hatte direkt gegenüber des Grafikbüros gelegen, doch nachdem die Uni weit vom Studio entfernt war, hatte sie es irgendwie nicht mehr dahin geschafft. Und in Berlin hatte sie sich gar nicht erst informiert, ob es Kurse in ihrer Nähe gab. Lena stand ebenfalls auf. »Außerdem werde ich dir den Abwasch abnehmen, okay?«
Anna winkte ab. »Das gehört zu meinen Aufgaben.«
»Lass mich das übernehmen, solange ich noch nicht arbeite und Zeit dazu habe.« Lena gähnte verstohlen.
»Ich mache das heute und morgen bist du dran. Wir können uns ja abwechseln. Du bist heute erst angekommen. Also ruh dich aus, damit du morgen früh fit bist.«
Maureen ging ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Gedämpfte Stimmen drangen zu ihr herüber. Lena half Anna den Tisch abzuräumen und folgte dann Maureen ins Wohnzimmer. Sie lag auf einer Couch, ein Kissen unter dem Kopf und sah einen Film. »Du hast deutsches Fernsehen?« Lena stellte ihr Wasserglas auf den Beistelltisch.
»Natürlich. Ich muss schließlich auf dem Laufenden bleiben, welcher Produzent was macht, um herauszufinden, bei wem ich besser ein Angebot ablehne.« Maureen setzte sich auf und schob sich das Kissen hinter den Rücken. »Würdest du mir noch Wasser nachschenken?«
»Klar doch.« Lena ging zurück in die Küche, holte die angebrochene Flasche und schenkte Maureen nach.
Lena setzte sich auf ein Sofa und sah, wie Marcel Rogan über den Bildschirm stolzierte. Sein blonde Mähne war verstrubbelt und seine stahlblauen Augen leuchteten. In den bisherigen Filmen hatte er immer einen verwegenen Kerl gespielt, der sich mit einem Problem herumschlug und auf dem Weg dieses zu lösen, meist noch in einer bildhübschen Partnerin seine große Liebe fand. Auf dem Bildschirm fand sie den chaotisch wirkenden Mann sympathisch, doch seit Lena ein Interview von ihm gesehen hatte, konnte sie auch seine Filme nicht mehr ertragen. Dieser Kerl war an Arroganz kaum zu übertreffen. In der Klatschpresse wurde er mit wöchentlich wechselnden Frauen abgelichtet, außerdem hatte er wohl in München ein Auto angefahren und war anschließend einfach weitergefahren. Angeblich hätte er es nicht bemerkt, doch wer einen solchen Schaden an einem Fahrzeug verursachte, musste es sehr wohl bemerkt haben oder sturzbetrunken gewesen sein. Trotzdem war er mit einigen Punkten in Flensburg davongekommen. Lena hatte sich geärgert, weil sie wusste, dass jeder andere ein Fahrverbot und eine Anzeige wegen Fahrerflucht
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