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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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ohne die künstliche Nachhilfe von Schminkpaste wirkte ihr Mund wie ein schmaler Strich.
    »Schafft das Weib zu den anderen«, befahl der Herzog genervt, und Dame Thilda schnappte nach Luft wie ein Fisch an Land.
    »Was habt Ihr vor?«, kreischte sie. »Das könnt Ihr nicht mit mir machen, ich bin eine Edeldame. Ich habe das Recht ...«
    Paskal Cocherels Waffe gegenüber Frauen war nicht das Schwert, sondern eine Reitpeitsche mit kurzem Griff. Eine dick geflochtene Lederschnur, die sich zu ihrem Ende hin verjüngte und die er mit tödlicher Präzision zu gebrauchen wusste. Die lässige Bewegung seines Handgelenkes, und Dame Thilda brach mit einem Schmerzensschrei in die Knie. In Mantel und Hemd auf ihrer Schulter klaffte ein messerscharfer Riss, und die Haut darunter rötete sich vom herausquellenden Blut.
    Die Herrin von Locronan wimmerte vor Pein und stolperte hilflos im Griff eines Mannes davon, der die Befehle seines Anführers mitleidlos befolgte. Sie war völlig außer sich. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass dieser unerwartete Überfall sie selbst ebenfalls in Lebensgefahr bringen würde.
    Der Herzog stemmte die Arme in die Hüften und sah sich zufrieden um.
    »Die Frauen in den Hof! Ich möchte sehen, was wir uns da eingefangen haben. Dann kümmert Euch um Quartiere, besetzt die Zinnen und zieht die Zugbrücke wieder hoch. Fürs erste werden wir uns hier einrichten. Nun, mein Freund?« Seine kalten Augen suchten den dunkelhäutigen Kapitän, der Menschen gegen Waffen und Gold verkaufte und sich aus dem Gemetzel herausgehalten hatte. »Habe ich Euch zu viel versprochen?«
    »Das werde ich beurteilen, wenn ich Eure Beute sehe«, entgegnete der andere. Er machte sich keine Mühe, seine Abscheu vor der nutzlosen Schlachterei zu verbergen. Menschen waren für ihn Ware, sie zu töten bedeutete, das Geschäft zu gefährden. »Bisher habe ich nur gesehen, dass Ihr etwas von sinnlosem Morden versteht!«
    Die Dunkelheit hatte sich verändert. Jos de Comper stellte es sofort fest, als er die Augen aufschlug. Durch winzige Risse in den hölzernen Läden drang nadelfeine Helligkeit ins Gemach. Sie ließ Konturen ahnen, zeigte den Tanz der Staubkörnchen in der Luft und beschien die leuchtende Fülle von Ysobels Haar das sich seidig und weich über seinen Arm ergoss.
    Der lästige Zopf, den sie so verteidigte, hatte dem leidenschaftlichen Liebesspiel nicht standgehalten. Dafür schienen diese üppigen Strähnen jetzt das ganze Bett auszufüllen. Es war ein unglaublicher Anblick. Wie ein Mantel, in den sie sich zusammen hüllen konnten, glänzende Fesseln, die ihn an ihrer Seite hielten.
    Er wusste nicht, was ihn so jäh geweckt hatte. Ysobel atmete tief und ruhig. Sie schlief noch. Die Nacht und der Tag zuvor hatten sie bis ins Mark erschöpft, und die Sicherheit dieses Verstecks schenkte ihr den erholsamen Schlaf, den sie so dringend benötigte. Es widerstrebte Jos, sie zu wecken. So weich und warm, zärtlich und seidig, noch umhüllt vom Duft ihrer Liebe, gehörte sie ganz ihm allein.
    Er hatte bereits gelernt, dass die wache Ysobel schwerer zu bändigen war. Wach bestand sie nur aus Widersprüchen. Hart und stolz, wo sie eigentlich empfindsam und sanft sein sollte, weich und kindlich, wo er wie selbstverständlich Reife und Kühnheit erwartete.
    Was sollte er mit ihr tun, falls es ihm wirklich gelang, diesen Auftrag zu einem erfolgreichen Ende zu führen? Sie konnte nicht in dieser Festung bleiben, soviel stand fest. Er hatte keine Ahnung, wem Jean de Montfort das Lehen von Locronan zueignen würde, aber er wollte nicht, dass Ysobel in diesem Gemäuer blieb.
    Er selbst machte sich keine Hoffnung auf eine so extreme Belohnung. Seine Dienste mochten für den Herzog wertvoll sein, aber sie waren beileibe nicht ein ganzes Lehen wert. Dass die Menschen in dieser Gegend von ihrem raffgierigen Seigneur und seiner herzlosen Dame befreit wurden, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Dafür auch noch Bezahlung zu erwarten, war undenkbar.
    Wie also würde sein Leben weitergehen? Was sonst sollte er tun, als Ritter des Herzogs zu bleiben, mit einem Quartier in den Burgen, die der Fürst bewohnte, und der Kameradschaft der anderen Kämpfer, die wie er kein eigenes Lehen hatten. Es kam nicht in Frage, dass er nach Comper zurückkehrte, wo seine älteren Brüder über die Ländereien ihres Vaters herrschten. Es war für zwei Familien und ihre zahllose Kinderschar schon fast zu wenig, geschweige denn für einen

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