Zärtliche Wildnis
Ganz billig ist das natürlich nicht.«
Da war sie wieder, diese Anspielung auf mögliche finanzielle Schwierigkeiten.
»Das kann ich mir schon leisten, Mr. Wheeler«, entgegnete Liz mit Bestimmtheit. »Ihre Frau sagte mir, daß man sich aus Southville zweimal in der Woche Fleisch liefern lassen kann, und außerdem kann ich mich ja mit Trockenfutter eindecken. Die Frage ist nur — woher kann ich einen Hund bekommen? Am besten wäre es wohl, eine Annonce aufzugeben.«
»Das würde ich nicht tun«, meinte Arnold Page. »Wer weiß, was man Ihnen da andrehen würde. Außerdem sollten Sie keinen Welpen nehmen, sondern zumindest einen halbwüchsigen Hund.«
»Aber junge Hunde sind doch so niedlich«, warf Liz ein.
»Eine Zeitlang schon, aber sie machen viel Arbeit, besonders, wenn sie noch nicht stubenrein sind. Außerdem ist ein junger Hund kein Schutz. Ich glaube, ich weiß einen Hund, der für Sie das Richtige wäre.« Er wandte sich an Tom und fügte hinzu: »Hast du von dem jungen Boxer gehört, den man Adam Wilcox angedreht hat?«
»O ja. Typisch Adam. Wenn es nicht ein Hund ist, den niemand haben will, dann ist es ein alter Gaul.«
»Ja, Adam kann nicht nein sagen. Er ist viel zu weichherzig.« Dann sah er Liz an. »Dieser Adam Wilcox ist ein feiner Kerl. Genaugenommen gehört er ja nicht mehr in unser Tal. Er wohnt oben an der Straße, die direkt nach Southville führt und das Dorf hier abseits liegen läßt. Er kommt häufiger nach Southville als hierher. Aber er ist ein großartiger Bursche, nur viel zu gutmütig, wenn es um Tiere geht. Er hat eine große Farm, und der Nachbarhof gehört seinem Freund, mit dem er zusammenarbeitet. Adam ist Witwer. War schon eine traurige Geschichte, als er seine nette, junge Frau verlor. Der andere Bursche ist nicht verheiratet, soviel wir wissen. Adam Wilcox und Andrew Oldfield sind gute Freunde, und seit es den Schafzüchtern ein bißchen schlechter geht, teilen sie sich sogar den Schäfer. Wir kommen manchmal mit ihnen zusammen und mögen sie gern. Neulich erzählte mir Andrew von diesem Boxer, den sich sein Freund von jemandem in der Stadt hatte aufschwatzen lassen, der ihn nicht halten konnte. Andrew sagte, es gäbe nichts als Ärger mit dem Tier, weil es ständig seine Arbeitshunde angreift. Ein Hundekampf nach dem anderen, sagte er, aber mit Menschen ist das Tier sehr gutmütig. Sie wissen ja, wie Boxer sind.«
»Nein, gar nicht. Ich weiß nur, daß sie Gesichter wie Bulldoggen haben, nur größer.«
»Er würde sich bestimmt schnell an Sie gewöhnen, und er ist ein großartiger Wachhund. Mit einem Boxer wird so leicht keiner fertig, auch wenn immer wieder behauptet wird, Boxer seien so sanftmütig. Er wäre ein guter Kamerad für Sie, und unsere Frauen brauchten sich keine Sorgen mehr zu machen. Wie denken Sie darüber?«
»Nun, wenn Sie es für richtig halten«, erwiderte Liz recht zurückhaltend. »Ich habe einmal ein Buch über einen Boxer gelesen. Es müssen großartige Hunde sein, aber wer weiß, ob das Tier mich mögen würde.«
»Aber garantiert. Es hat noch nicht die Zeit gehabt, sich bei Adam einzugewöhnen und zu Hause zu fühlen. Ich rufe ihn gleich heute abend an, wenn es Ihnen recht ist, Miss Mortimer.«
Ganz verwegen sagte Liz: »Ach bitte, nennen Sie mich nicht so. Keiner tut das hier. Ihre Frau hat mich gebeten, sie Jessie zu nennen, und das kann ich nicht, wenn Sie mich als Miss Mortimer ansprechen.«
Tom lachte gutmütig. »Ja, ehrlich gesagt, hinter Ihrem Rücken nennen wir Sie sowieso Liz; da können wir es auch gleich so halten, wenn wir mit Ihnen sprechen. Nun, Liz, wir müssen langsam nach Hause, aber eines wollte ich Ihnen noch sagen. Wenn Sie sich wirklich einen Boxer zulegen wollen, hier an dieser Landstraße, dann müssen Sie das ganze Grundstück einzäunen lassen, sonst wird er Ihnen eines Nachts überfahren. Wir werden den Maschendraht besorgen und in den nächsten Tagen den Zaun errichten.«
Wieder Geld. Sehr bestimmt versetzte Liz: »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den Zaun aufrichten könnten, aber den Maschendraht möchte ich gern selbst besorgen, wenn Sie mir sagen, was ich bestellen muß. Es soll ja mein Hund sein, und ich hätte gar nicht das Gefühl, daß er mir richtig gehört, wenn Sie alle für den Zaun zahlen würden.«
Liz bestellte den Maschendraht von einem Geschäft in Southville, und es wurde ihr versprochen, die Ware mit dem Metzger zu schicken, der zweimal in der Woche nach Windythorpe kam. Tom kam
Weitere Kostenlose Bücher