Zärtlicher Eroberer
Erleichterung für mich war, ihn nicht auch noch mit meinen Problemen belasten zu müssen.“ Philippa seufzte.
Der Bastard weiß ganz genau, wie viel sie wert ist. Er hat einen tiefen Einblick in ihren Besitz erhalten können. Der Gedanke war unrühmlich, aber es war das Erste, was Valerian durch den Kopf ging. Wie zweckdienlich das alles für den Mann war, und wie bequem. Das allein versetzte Valerian in Alarmbereitschaft. Er glaubte an „Bequemlichkeiten“ genauso wenig wie an Beldons „glückliche Zufälle“. Ein Mann war selbst für sein Glück verantwortlich. Lucien Canton wusste offensichtlich ganz genau, was er wollte.
Valerians Unterhaltung mit Philippa blieb nicht unbemerkt. Mandeville Danforth ließ vorsichtig den Vorhang am Fenster der Bibliothek wieder nach unten sinken. „Sehen Sie sich die beiden an, wie eng und vertraut sie sich geben. Verdammt, er hält ihre Hand! Canton, wie konnten Sie es zulassen, dass er hier so schnell und gründlich alles auf den Kopf stellt? Er verdreht ihr völlig den Kopf.“
Lucien durchbohrte den Mann mit einem eisigen Blick. „Ich hatte keine Ahnung von seinem Kommen. Er und ihr Bruder trafen unangekündigt hier ein – übrigens ähnlich wie Sie“, fügte er demonstrativ hinzu. „Woher sollte ich wissen, dass er mehr war als der beste Freund ihres Bruders?“
„Das konnte man auf Anhieb erkennen“, gab Danforth zu verstehen.
„Wir alle konnten das erkennen. Ein Wunder, dass das Haus nicht auf der Stelle in Flammen aufgegangen ist. Doch da war es bereits zu spät – ich konnte ihn ja schlecht wieder hinauswerfen. Und wir müssen vorsichtig mit Pendennys sein. Wir brauchen ihn, denn wo er investiert, werden andere bald folgen. Wenn wir seinem Freund die kalte Schulter zeigen, wird das unserer Sache nicht dienlich sein, vor allem, solange Pendennys sich noch nicht festlegen will, was die Bank betrifft.“
Danforth schnaubte. „Die Zuneigung der Dowager Duchess of Cambourne zu gewinnen würde völlig ausreichen, ihren Bruder zurück in unsere Reihen zu bringen. Fehler können wir uns jetzt nicht leisten. Haben Sie den Brief Ihres Vaters schon gelesen? Ich hoffe, er war wichtig genug und rechtfertigt die Eile meiner Abreise aus London.“
Es bereitete Lucien eine gewisse innere Befriedigung, dass Danforth den Inhalt des Briefes nicht kannte. Der Mann wurde allmählich größenwahnsinnig, wenn er sich einbildete, den Sohn eines Viscount zurechtweisen zu können. Lucien war der Seitenhieb in Bezug auf Philippas Zuneigung nicht entgangen. Aber Danforth irrte, wenn er annahm, Luciens einzige Rolle bei dieser Intrige wäre es, Philippa den Hof zu machen.
Während die Vorstellung, sie nach so langer Zeit in sein Bett zu bekommen, durchaus angenehm war, hatte er die letzten drei Jahre jedoch an einem wesentlich höher gesteckten Ziel gearbeitet. Es ging um ein ganzes Imperium.
Lucien bedachte Danforth mit einem kalten Lächeln. „Mein Vater schreibt, dass die Londoner Investoren bereit sind. Wir können jetzt offiziell verkünden, dass die Provincial Bank of Truro eröffnet ist, natürlich mit Ihnen nominell als Direktor.“ Über die Gründe für diese Entscheidung brauchte nicht gesprochen zu werden. Ein Viscount oder sein Sohn konnten im Vorstand oder Aufsichtsrat einer Bank sitzen, vor allem wenn sich die Bank an seinem Heimatort befand, aber sie würden sich niemals mit etwas so Banalem wie dem Alltagsbetrieb einer Bank die Hände schmutzig machen.
Danforth rieb sich erfreut die Hände. „Ich bin froh, das zu hören.“
„Ich auch. Je eher wir damit anfangen können, den Schmelzereien und Bergwerksgesellschaften Darlehen zu gewähren, desto schneller bekommen wir unser Bündnis mit den Wettbewerbern zusammen.“
„Und je eher unser Kartell besteht, desto schneller werden wir den Markt beherrschen. Dann haben wir alle in der Tasche“, fügte Danforth listig hinzu.
„Nicht nur den Markt, die ganze Welt“, verbesserte Lucien bedeutungsvoll. Er erwartete nicht, dass Danforth ihn verstand. Der Finanzverstand dieses Mannes entsprach in etwa dem eines Lakaien, aber er sollte doch wenigstens ansatzweise begreifen, welche Bedeutung es haben würde, wenn Niederlassungen britischer Bergbaubetriebe in Argentinien und Bolivien eröffnet wurden. Das war Luciens Beitrag zu dem Unternehmen – die Gabe, in die Zukunft denken zu können.
Er sah wieder zum Fenster. All sein Weitblick und seine ausgezeichneten Planungen nutzten ihm wenig, wenn es ihm nicht
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