Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
achselzuckend. »Ich glaube dir nämlich nicht.«
»Dass es mir gefällt, verrucht zu sein?«
»O doch, das glaube ich dir, und darin stimmen wir außerdem überein.« Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch, faltete die Hände und legte das Kinn darauf. »Was ich dir nicht glaube, ist, dass du noch niemals im Boudoir einer Dame gespeist hast.«
»Nein?«
»Nein. Dir eilt ein gewisser Ruf voraus, Gideon.«
» Mein Ruf?« Er stellte sein Glas ab, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und betrachtete sie. Wenn es eines gab, das er in den zweiunddreißig Jahren seines Lebens über Frauen gelernt hatte, dann, dass es nie klug war, anzunehmen, man wüsste genau, worüber eine Frau spricht. Niemals! Die beste Taktik war, Ahnungslosigkeit vorzutäuschen, dicht gefolgt von Leugnung oder, als letzte Ausflucht, vorsichtige Geständnisse und verhaltene Ehrlichkeit. »Macht es dir etwas aus, spezifischer zu werden?«
»Würde ich sofort, nur besteht das Problem bei Reputationen darin, dass sie selten spezifisch sind. Häufig basieren sie auf kaum mehr als einem Körnchen Wahrheit.«
»Selbst deine?«
»Ganz besonders meine. Wie dem auch sei, im Moment sprechen wir nicht über meine Reputation, sondern deine.« Ein nachdenklicher Blick legte sich über die Augen der Dame. »Also, du bist bekannt dafür, extrem zynisch zu sein und einen scharfen Witz zu besitzen, den du wie ein Schwert benutzt. Du bis kühl und beherrscht, und mir wurde erzählt, dass du der Diskreteste unter deinen Freunden bist, was das zarte Geschlecht betrifft. Was es überaus schwierig macht, irgendetwas über deine früheren Liaisons zu erfahren.«
Er grinste. »Das ist doch der Sinn und Zweck von Diskretion.«
»Dennoch.« Ein vielsagendes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Wie ich aus sicherer Quelle hörte, ist dies nicht das erste Mal, dass du dein Abendessen im Schlafzimmer einer Dame einnimmst. Mir kam zu Ohren, dass dir späte Diners mit Schauspielerinnen, Opernsängerinnen oder Balletttänzerinnen nicht fremd sind.«
»Aha. Allerdings finden späte Diners nach Theateraufführungen nicht notwendigerweise in Schlafzimmern statt.«
Sie runzelte die Stirn. »Nicht?«
»Nein.«
»Ich dachte immer, es wäre so. Zumindest ist es in Romanen so.« Sie blinzelte. »Bist du sicher?«
»Nun, ich kann lediglich aus eigener Erfahrung sprechen, und was die angeht, bin ich mir sicher.«
»Gut. Da wir von deinen Erfahrungen sprechen, werde ich dich wohl beim Wort nehmen müssen.« Sie überlegte kurz. »Wie man mir erzählte, warst du einmal verheiratet.«
Ein Muskel seiner Wange zuckte. Seine kurze, unglückliche Ehe lag so lange zurück. Er bezweifelte, dass selbst die eifrigsten Klatschmäuler sich an sie erinnerten, obwohl es möglich war, dass seine engsten Freunde es taten, auch wenn sie nie darüber redeten. Vielleicht musste er Helmsley doch noch umbringen. Er versuchte, einen neutralen Ton anzuschlagen. »Du scheinst dich recht ausführlich mit Helmsley unterhalten zu haben.«
»Oh, ja!« Sie lachte, und bei dem Klang verflog seine Verärgerung darüber, was Helmsley über seine Vergangenheit ausgeplaudert hatte. Wenngleich seine gescheiterte Ehe nicht allgemein bekannt sein mochte, war sie doch kein Geheimnis. »Ich fürchte, mir mangelt es an deiner moralischen Integrität. Während du davon absahst, Lord Helmsley sehr persönliche Fragen über mich zu stellen, kannte ich keinerlei Hemmungen. Ich fragte ihn alles über dich, was mir in den Sinn kam«, gestand sie mit einem strahlenden Lächeln.
»Alles?«
»Alles, was mir in den Sinn kam.«
»Und konntest du etwas Interessantes erfahren?«
Sie stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Sehr wenig, leider. Größtenteils konnte er mir nur bestätigen, was ich bereits wusste. Schließlich hatte ich schon vorher eine gewisse, wenngleich vage, Vorstellung von deinem Naturell ebenso wie vom Umfang deines Vermögens und von deiner Familie. Ich wusste außerdem, dass deine einzige lebende Verwandte eine ältliche Tante ist, die du freundlicherweise bei dir aufgenommen hast. Nichts indes wusste ich von gewissen... ach, wie nannte Lord Helmsley sie noch gleich?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte er gelassen, wappnete sich jedoch für jedwede Vorfälle aus der Vergangenheit, die Helmsley enthüllt haben könnte. Obschon Gideon in den letzten Jahren sowohl diskret als auch relativ zurückhaltend gewesen war, hatte es davor eine Zeit gegeben, auf die weder noch
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