Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
stets dazu gebracht, nun, unverblümt formuliert, sich das Privileg deiner Gesellschaft zu erarbeiten . Es gab immer eine angemessene Zeit des Werbens, die schließlich in dein Bett führte.«
»Das klingt ziemlich vorhersagbar«, erwiderte Judith. Sie war nicht sicher, ob ihr die Vorstellung gefiel, dass ausgerechnet dieser Teil ihres Lebens offenbar nach einem festen Muster verlief.
»Es ist ebenso vorhersagbar, wie jeder Tanz in der Schrittfolge vorhersagbar ist. Man hält sich an gewisse Vorgaben, um schließlich zum Ende zu kommen, statt einfach herumzuhüpfen und zu tun, was einem in den Sinn kommt. Gott verhüte, dass wir einfach alle Schritte auslassen und direkt zur letzten Pirouette schreiten!«
»Dürfen wir nicht?«
»Natürlich nicht. Die Leute würden herumstolpern und sich gegenseitig anrempeln. Es wäre das reinste Chaos. Anarchie!«
Judith riss die Augen auf. »Anarchie?«
»Und es könnte jemand verletzt werden«, erklärte Susanna ernst und sah ihr in die Augen. »Jemandem könnte das Herz gebrochen werden.«
Judith lachte. »Ich habe nicht vor zuzulassen, dass mein Herz gebrochen wird.«
»Man lässt es nicht zu, dass einem das Herz gebrochen wird. Es geschieht, wenn man es am wenigsten erwartet. Wenn man jedwedes annähernd rationale Verhalten außen vor lässt... und sich in etwas hineinstürzt!«
»Ich denke nicht...«
»Wir stellten bereits übereinstimmend fest, dass du überhaupt nicht gedacht hast. Du hast dich von Gefühlen, Aufregung, Leidenschaft und, ja, sogar Lust hinreißen lassen.« Susanna seufzte. »Gewiss verstehe ich, wie man sich hinreißen lassen kann, und ich stimme zu, dass er gut aussehend und betörend ist, aber die bloße Tatsache, dass du dich überhaupt hinreißen ließest, macht es, und ihn, so überaus gefährlich.«
»Ich glaube nicht...«
»Du hast dich noch niemals zuvor hinreißen lassen. Du warst immer mit dem Verstand bei der Sache.«
»Sei es drum, ich...«
»Du wirst dich in ihn verlieben, und er bricht dir das Herz, weil er dich verlassen wird, um besagte einfältige Jungfrau zu heiraten.«
»Er wird mich nicht verlassen«, widersprach Judith energisch. »Wir haben uns darauf verständigt, unsere Beziehung im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden, sobald einer von uns den Zeitpunkt für gekommen hält. Wir gehen keinerlei Verpflichtungen ein. Wir haben sogar beschlossen, Freunde zu bleiben.«
Susanna musterte sie. »Man kann nicht mit einem Mann befreundet sein, den man geliebt hat.«
»Ich habe nicht vor, ihn zu lieben«, konterte Judith empört.
»Meine liebe, liebe Freundin. Vergiss nicht, dass ich vier deiner Abenteuer miterlebt habe...«
»Lovett zählt nicht«, warf Judith ein.
»Doch, in diesem Zusammenhang zählt er sehr wohl. Auf jeden Fall habe ich dich noch nie so gesehen wie heute. Dein Verhalten, dieser Blick in deinen Augen, dieser Ton in deiner Stimme.« Susanna schüttelte betrübt den Kopf. »Du zeigst alle Symptome einer Frau, die gefährlich nahe davor steht, sich zu verlieben.«
»Dir ist bewusst, dass ich noch nicht endgültig beschlossen habe, dich nicht umzubringen.« Gideon saß auf seinem üblichen Platz im Club, zusammen mit zwei seiner ältesten Freunde, und genoss den exzellenten Brandy.
»Unsinn.« Der Marquess of Helmsley, Jonathon Effington, rutschte tiefer in seinen Sessel und kicherte. »Es war ein Scherz, und ein verdammt cleverer noch dazu.«
»Selbst du musst zugeben, dass er gelungen war, Warton«, sagte Norcroft grinsend.
»Ich muss nichts dergleichen zugeben«, widersprach Gideon und wandte sich wieder an Helmsley. »Ich habe überlegt, dich zu erschießen, aber das wäre ein viel zu schneller und möglicherweise schmerzloser Tod. Und ich will, dass du leidest.« Gideon lächelte freundlich und schwenkte den Brandy in seinem Glas. »Strangulieren scheint mir ungleich reizvoller.«
Helmsley lachte. »Komm schon, es war witzig!«
»Ich kam mir wie ein Idiot vor«, sagte Gideon verärgert.
»Es ist unerheblich, wie du dir vorkamst«, entgegnete Helmsley. »Was hat Judith gesagt?«
Gideon seufzte resigniert. »Sie fand es höchst amüsant.«
»Das überrascht mich nicht. Es war exakt die Art Posse, die Judith gefällt«, erklärte Helmsley mit einem Kopfschütteln. »Eines bedaure ich allerdings.«
Gideon merkte auf. »Dass du mich zum Narren gemacht hast?«
»Ganz und gar nicht«, antwortete Helmsley. »Ich bedaure, dass ich nicht dabei sein konnte und es miterleben.« Er nahm einen Schluck
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