Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
Vielleicht eine Couch oder ein Kanapee oder etwas Ähnliches.«
»Wäre das alles, was du an meiner Bibliothek auszusetzen hast?«
»Im Moment ja.« Sie nippte an ihrem Tee und sah zu ihm auf. »Willst du da stehen bleiben und mich böse anschauen?«
»Voraussichtlich.«
»Das ist recht irritierend, weißt du?«
»Ja, ich weiß.«
»Ich fühle mich, als stünde ich vor Gericht«, murmelte sie.
Er sah sie fragend an. »Und bist du bereit, die Wahrheit zu sagen?«
»Ich habe nur sehr wenig zu verbergen«, erwiderte sie schlagfertig, stellte ihre Tasse auf das kleine Tischchen zwischen den Stühlen und sah wieder zu ihm auf. »Ich muss mich bei dir entschuldigen, Gideon.«
»Entschuldigen?«, wiederholte er ungläubig. »Bloß entschuldigen.«
»Gar nicht bloß . Vielmehr versichere ich dir, dass ich mich bis heute für die Unannehmlichkeiten schäme, die ich dir bereitete. Ist das besser?«
»Ich würde kaum von Unannehmlichkeiten sprechen«, erwiderte er und biss die Zähne zusammen. »Du hast mich geheiratet.«
»Das war nicht meine Absicht«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich war überzeugt, dass William und mein Vater uns finden würden, bevor die Sache zu weit ging.«
Er wollte seinen Ohren nicht trauen. Die Frau zeigte nicht den Anflug von Reue! Sie benahm sich, als wäre der Zwischenfall, der ihm das Herz brach, nichts weiter als ein fehlgeschlagener Streich gewesen. »Als sie nicht erschienen, hättest du etwas tun können, um die Heirat zu verhindern. Niemand zwang dich, es so weit kommen zu lassen.«
»Ja, im Nachhinein würde ich auch sagen, dass es ein Fehler war. Du selbst sagtest gestern Abend erst, dass junge Menschen nun einmal Fehler machen.«
»Dein Handeln lässt sich schlecht als ein Fehler abtun«, sagte er kühl.
»Ich beurteilte die Situation falsch und handelte entsprechend auch falsch. Wie dem auch sei, zu der Zeit war mir klar, dass unser Durchbrennen mich in eine kompromittierende Lage gebracht hatte, die ich gesellschaftlich nie überlebt hätte. Deshalb hielt ich es für das Beste, dich zu heiraten, falls William und mein Vater nicht mehr erschienen.«
»Du hast mich geheiratet, um deine Reputation zu retten?« Er versuchte es, war aber außerstande, ruhig zu sprechen.
»Du brauchst nicht so echauffiert zu sein! Frauen heiraten dauernd, um ihre Reputation zu retten und einen Skandal zu vermeiden. Und es war ja nicht so, dass ich dich nicht mochte. Das tat ich durchaus.«
»Du mochtest mich«, wiederholte er angewidert.
»Natürlich, sehr sogar. Ich hätte gewiss auch jemand anderen auswählen können, um, nun ja...«
»Um was? Zu täuschen? Zu betrügen?«
»Mir bei meinem Plan zu helfen«, sagte sie beinahe beleidigt. »Jedenfalls wusste ich von Anfang an, falls etwas schiefging...«
»Falls?«, unterbrach er sie fassungslos. »Falls?«
»Ja, falls . Ich rechnete selbstverständlich nicht mit Problemen, doch mir war klar, falls sie aufträten, würde ich eventuell für den Rest meines Lebens mit dem falschen Mann verheiratet sein. Mir hätte es nichts ausgemacht, mit dir verheiratet zu sein. Du warst«, erklärte sie mit einem hübschen Lächeln, »meine zweite Wahl. Ich wage sogar zu behaupten, dass ich mit dir recht glücklich geworden wäre.«
»Nun, damit stellt sich alles doch gleich ganz anders dar!«
»Nein, tut es nicht. Heute erkenne ich, dass ich dich furchtbar verletzt habe. Ich erfuhr sogar, dass du dich für einige Zeit einem recht unrühmlichen Verhalten hingabst.« Sie betrachtete ihn abschätzend. »Das hätte ich gern mit eigenen Augen gesehen.«
Er ignorierte die Bemerkung ebenso wie das, was Violet damit andeutete. »Ist das also deine Entschuldigung?«
»Ja, ich glaube schon.« Sie überlegte kurz und nickte dann. »Das ist alles, was ich zu der Angelegenheit sagen möchte«, fügte sie hinzu und sah ihn fragend an. »Reicht es dir?«
»Wohl kaum.«
»Nun ja, auf der Fahrt hierher klang sie viel besser«, murmelte sie.
Was erwartete er? Violet war eben immer noch Violet, und die hatte stets getan, was das Beste für Violet war. Zumindest seiner Erfahrung nach. Zum ersten Mal wurde er sich gewahr, wie wenig er eigentlich über sie wusste. Rückblickend betrachtet, war ihre Romanze – ein besseres Wort wollte ihm nicht einfallen – kurz und für ihn überwältigend gewesen. Wäre er weniger verliebt gewesen, hätte er sich vielleicht einen Rest Verstand bewahren können, aber damals wäre er ihr bis auf den Mond gefolgt. Heute erinnerte er
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