Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
voll und ganz darauf zu schieben. Wenn sie keine Verantwortung
trug, konnte sie sich so schlecht benehmen, wie sie wollte. Und sie hatte große Lust, sich sehr schlecht zu benehmen.
Wie in einem Traum trat sie durch die Tür und begrüßte unzählige bekannte Gesichter, winkte alten Freunden zu und umarmte einige der älteren Frauen mit lächelnder Miene. Doch währenddessen schlich sich unerbittlich Furcht in ihre Seele und erstickte die Lust. Mit Lust konnte sie leben, mit seinen Küssen und seinem Körper ebenso. Aber während sie sich mit Aleksandr einen Weg durch die Menge bahnte, begriff sie, dass sie am Rande eines immensen Abgrunds stand. Ein falscher Schritt und sie würde für alle Zeiten verloren sein.
Sie hatte nie aufgehört, Aleksandr Volstov zu lieben. Nie. Nicht einmal dann, als sie ihn gehasst hatte und so wütend gewesen war, dass sie Nacht für Nacht mit geballten Fäusten in ihrem Bett wach gelegen und sich endlose Foltern für ihn ausgedacht hatte. Sie hatte die ganze Zeit über gewusst, dass sie ihn küssen würde, sowie sie mit ihm allein war, dass sie die Glut in seinem Blick sehen und die Hitze seiner Haut fühlen wollte. Sie hatte sich eingebildet, sie sei so wütend, dass sie sich in diese Wut einhüllen könnte wie in einen Panzer, der sie schützte, aber gegen ihren Willen wogte ihre Liebe zu ihm auf und erschreckte sie zu Tode.
»Stimmt etwas nicht?« Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und beschützte sie mit seinem größeren Körper vor dem Gedränge, während sie auf die kleineren, intimeren Tische am hinteren Ende des Raums zugingen.
Es war ganz ausgeschlossen, sich nicht daran zu erinnern, wie er es angestellt hatte, mit solchen Kleinigkeiten stets dafür zu sorgen, dass sie sich sicher fühlte – und geliebt. Abigail wandte ihr Gesicht von ihm ab und hätte am liebsten geweint, als sie von Erinnerungen an all das bestürmt wurde, was sie verloren hatte.
»Abbey.« Er legte einen Arm um ihre Taille. »Sag mir, was los ist.«
»Ich habe viel zu große Angst davor, dich wieder zu lieben,
Sasha.« Sie legte das Geständnis mit leiser Stimme ab. Ihre Kehle war so fest zugeschnürt, dass sie fast erstickte. »Ich kann es mir nicht leisten, dich ein zweites Mal zu verlieren. Und ich kann es mir auch nicht leisten, mich selbst ein zweites Mal zu verlieren. So stark bin ich nicht.« Der Schmerz war so groß, dass sie keine Worte fand, um zu beschreiben, was in ihr vorging.
Aleksandr zog sie enger an sich und bewegte sich mit ihr auf die Tanzfläche, wo er sie ganz selbstverständlich in seinen Armen halten konnte. Er achtete darauf, mit ihr im Schatten zu bleiben. Die Tränen, die in ihren Augen schimmerten, taten ihm weh. Sie passte sich seinem Körper so perfekt an, als sei sie für ihn gemacht, und sie bewegten sich beide im selben Rhythmus, während ihr Gesicht an seiner Schulter begraben war.
»Lass die Vergangenheit hinter dir, bauschki-bau . Du musst dich davon lösen oder wir werden beide als Verlierer daraus hervorgehen. Mein Leben ist besser, wenn du einen Platz darin hast. Und auch dein Leben ist besser, wenn du mir einen Platz darin einräumst.« Sein Kinn schmiegte sich auf ihren Kopf, während seine Arme sie eng umschlungen hielten. »Wenn du mir auch nur ein kleines bisschen entgegenkommst, Abbey, dann können wir es schaffen.«
Sie schüttelte den Kopf, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. Wenn sie den Sprung von der Klippe nicht wagte und ihm entgegenkam, war er für sie verloren.
»Ich bin müde, moi prekrasnij . Seit dem Tag, an dem sie dich fortgeholt haben, habe ich keine Ruhe mehr gefunden. Erinnerst du dich noch daran, wie es war, als wir zusammen waren? Dein Körper von meinem umschlungen und du in meinen Armen, während du eingeschlafen bist? Anfangs glaubte ich nicht, dass ich es fertig brächte, jemanden in meinem Bett schlafen zu lassen. Ich traue niemandem, aber bei dir hat es sich ganz von selbst ergeben. Du hast zu mir gehört. In dem Moment, in dem ich dich in meinen Armen hatte, habe ich Frieden gefunden. Erinnerst du dich noch an das Gefühl, Abbey?«
Seine geflüsterten Worte glitten in sie hinein, verharrten dort in der Schwebe und streiften die zerbrechlichen Schranken, die sie zwischen sich und ihm zu errichten versuchte. Die Musik war getragen und verträumt, ein sanfter Blues, der gut zu ihrer melancholischen Stimmung passte. Sie konnte die Gegenwart ihrer Schwestern spüren und wusste, dass sie eingetroffen waren und sich große
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