Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
immer mehr Ärger über sein Verhalten. Irgendetwas stimmte bei diesem Mann ganz und gar nicht.
Sie wollte die Hand des Jungen nehmen und ihn zur Tür führen, aber er wich vor ihrer Berührung zurück. Der arme Kerl. Wie schlecht musste er behandelt worden sein, wenn er schon die bloße Berührung einer Hand fürchtete? Sie schloss die Tür auf und winkte ihn hinein. »Es ist schon gut. Niemand wird dir etwas tun. Komm herein.« Sie redete langsam und beruhigend. Ob er sie überhaupt verstand? Er hatte kein Wort gesagt, seit sie Davad Restates Heim verlassen hatten. Es war ein langer Spaziergang im Dunkeln gewesen, und sie hatte nur finstere Gedanken gehabt, die sie ablenkten. Heute Abend war sie fürchterlich gescheitert. Sie hatte einfach so vor der Konzilversammlung gesprochen und vermutlich die überstürzte Vertagung noch beschleunigt. Das Konzil hatte nicht einmal formell zugestimmt, ihre Sorgen anzuhören. Sie war dazu gezwungen gewesen, sich mit dem auseinander zu setzen, was aus Davad Restate geworden war. Sie fürchtete, dass noch mehr Händler so tief gesunken waren. Und ihr vorlautes Mundwerk hatte sie mit einem Jungen geschlagen, für den sie nicht sorgen konnte. Das alles hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Sie wollte nichts lieber als ein Bad und dann schlafen gehen, aber vermutlich musste sie erst den Jungen versorgen. Wenigstens konnte jetzt nicht mehr viel schief gehen. Dann dachte sie daran, dass sie Keffria und ihrer Mutter gegenübertreten und für all das geradestehen musste, was sie beim Konzil gesagt hatte. Ihre Stimmung sank unter den Gefrierpunkt.
Der Junge war zwar die Treppe heraufgekommen, machte aber keine Anstalten, das Haus zu betreten. Althea öffnete die Tür und trat ein. »Komm ruhig herein«, forderte sie ihn auf.
»Sa sei Dank, es geht Euch gut!«
Bei dem Klang der tiefen männlichen Stimme zuckte sie zusammen und wirbelte herum. Brashen stürzte sich auf sie. Seine Miene verriet seine Erleichterung, doch im nächsten Moment runzelte er die Stirn. Und noch einen Augenblick später schalt er sie, als wäre sie ein unfähiger Matrose.
»Ihr habt verdammt viel Glück gehabt, dass man Euch nicht überfallen hat. Als ich gehört habe, dass Ihr Restates Kutsche weggefahren habt, konnte ich es kaum fassen. Warum gebt Ihr Euch mit solch einem Arsch ab, wenn die Stimmung derartig aufgeheizt ist, dass… Oh. Wer ist das denn?« Er blieb einen halben Schritt vor ihr stehen, und seine Miene veränderte sich ein drittes Mal. Er hielt sich die Nase zu.
»Bin ich nich!«, meldete sich der Junge neben ihr beleidigt. Ein starker Dialekt der Sechs Herzogtümer machte seine Worte beinahe unverständlich. »Sie isses. Sie is voll Scheiße, issie.« Als Althea ihm einen wütenden Blick zuwarf, zuckte er entschuldigend mit den Schultern. »Stimmt doch. Ihr brauchtn Bad!«, fügte er leise hinzu.
Das war der entscheidende Schlag. Mehr konnte sie nicht ertragen. Sie übertrug ihre Wut auf Brashen. »Warum seid Ihr hier?«, wollte sie wissen. Die Worte kamen weit barscher aus ihrem Mund, als sie vorgehabt hatte.
Brashen musterte von Kopf bis Fuß ihre schmutzige Robe, bevor er ihr wieder ins Gesicht blickte. »Ich habe mir Sorgen um Euch gemacht. Wie üblich scheint Ihr Eure Eskapaden einigermaßen unbeschadet überstanden zu haben. Aber lassen wir das. Ich bin hier, weil ich etwas sehr Wichtiges mit Euch zu besprechen habe. Es betrifft die Suche nach der Viviace. Amber und ich haben einen Plan. Ihr haltet ihn wahrscheinlich für albern und mögt ihn sicher nicht, aber ich glaube, dass er funktionieren kann.« Er redete schnell, als wollte er sie zu einem Widerspruch provozieren. »Wenn Ihr zuhört und ein bisschen darüber nachdenkt, werdet Ihr sehen, dass es wirklich der einzige Weg ist, sie zu retten.« Er sah sie wieder an. »Aber das kann warten. Der Junge hat Recht. Der Geruch ist ziemlich schlimm.« Er lächelte ein bisschen.
Seine Worte waren einfach denen zu ähnlich, die er ihr beim Abschied in Candletown hinterhergeworfen hatte. Verspottete er sie, weil er sie ausgerechnet hier und jetzt daran erinnern wollte? Wie konnte er es wagen, so vertraulich mit ihr zu reden, und das auch noch in ihren eigenen vier Wänden? Sie sah ihn finster an. Er wollte etwas sagen, aber der Junge kam ihm zuvor. »Nix stinkt schlimmer als Schweinescheiße«, meinte er fröhlich. »Passt auf, dass sie Euch damit nich vollschmiert!«, warnte er Brashen.
»Das ist mehr als unwahrscheinlich«, erklärte sie
Weitere Kostenlose Bücher