Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
einzudämmen schienen. Sessurea umschlang zwei kämpfende Schlangen und zog sie nach unten, weg von dem Schiff. Shreeva und andere folgten seinem Beispiel und zogen die Kämpfer hinunter in die beruhigenden Tiefen der Fülle, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatten. Der Wahnsinn, der sie alle gepackt hatte, schwand.
So plötzlich, wie der Angriff begonnen hatte, endete er auch wieder. »Ich verstehe das nicht!« Brashen taumelte an die Reling und sah ungläubig zu, wie die Seeschlangen sich langsam von dem Schiff entfernten. »Was bedeutet das?«
Clef blickte ihn erleichtert an. Sein Gesicht war kalkweiß. Er umklammerte seinen verätzten Unterarm, aber er grinste trotzdem. »Bedeutet das, dass wir doch nicht sterben?«
Auf dem ganzen Schiff schrieen Männer, taumelten über das Deck und rieben schmerzverzerrt über die verätzte Haut. Nur zwei seiner Bogenschützen waren direkt von dem giftigen Nebel getroffen worden, aber er hatte trotzdem viele Männer außer Gefecht gesetzt. Die Getroffenen ließen sich jetzt auf das Deck fallen, wälzten sich auf den Planken und rieben vergeblich an dem ätzenden Schleim, der ihre Haut verbrannte.
»Reibt nicht an euren Verletzungen herum! Ihr breitet das Zeug nur noch weiter aus! Seewasser!« Brashens Stimme erhob sich über die Verwirrung. »An die Deckpumpen! Alle Männer, die noch laufen können, an die Eimer! Wascht die Galionsfigur ab, eure Kameraden und das Deck. Verdünnt das Zeug. Und zwar schnell!«
Brashen blickte kurz auf das Meer und hoffte, Altheas Boot erspähen zu können. Während die Schlangen den Paragon umkreisten, war sie wieder zur Viviace zurückgerudert. Doch das glitzernde Sonnenlicht auf den Wellen und die schwankenden, leuchtenden Rücken der Seeschlangen verwirrten ihn. Wo war sie? War sie in Sicherheit? Es fiel ihm schwer, nicht an sie zu denken, und es kostete ihn körperliche Überwindung, dem Meer den Rücken zuzukehren. Für sie konnte er nichts tun, und die drängenderen Pflichten waren direkt vor seiner Nase.
Das Deck und die Reling qualmte an einigen Stellen von der kalten Säure des Seeschlangengifts. Brashen nahm einem Matrosen den Wassereimer aus der Hand und ging damit zur Galionsfigur. Amber kam ihm zuvor. Sie goss einen Eimer Wasser über Paragons qualmende Schulter. Als das Seewasser das gelatineartige Seeschlangengift abwusch, zitterte das ganze Schiff vor Erleichterung. Paragons hohe Schreie wurden zu einem keuchenden Stöhnen. Amber drehte sich zu Brashen um und wollte ihm den Eimer aus der Hand nehmen. Er hielt unwillkürlich die Luft an. »Steh still!«, befahl er und leerte den Eimer über ihrem Kopf aus.
Große Haarbüschel wurden von dem fließenden Wasser davongetragen. Auf ihrer linken Körperseite bestand ihre Kleidung nur noch aus dampfenden Fetzen. Eine Gesichtshälfte war von Brandblasen übersät. »Reiß dir die Kleider vom Leib und wasch dich gründlich«, befahl er.
Sie schwankte, blieb aber stehen. » Paragon braucht mich«, erwiderte sie schwach. »Alle anderen haben sich gegen ihn gestellt. Alle Verwandten, die er jemals hatte, haben ihn verlassen. Er hat nur noch uns, Brashen, nur noch uns.«
Paragon wandte ihnen sein vernarbtes und qualmendes Gesicht zu. »Ich brauche dich«, gab er zu. »Das stimmt. Und genau deshalb solltest du nach unten gehen und diese Kleidung ausziehen, bevor sich das Gift hindurchgefressen hat.«
Plötzlich schrie Clef entsetzt auf und streckte zitternd die Hand aus. »Die Gig, Sir! Eine Schlange hat sie mit dem Schwanz getroffen. Sie sind alle wie Puppen durch die Luft geflogen! Mitten in das Gewühl! Und jetzt kann ich sie nicht mehr sehen!«
Brashen war sofort an seiner Seite. »Wo?«, wollte er wissen und schüttelte den Jungen an der Schulter, aber Clef deutete nur ins Nichts. Wo vorhin noch das Boot gewesen war, wölbten sich jetzt nur die bunten Rücken der Seeschlangen und wogten glitzernde Wellen. Er bezweifelte, dass Althea schwimmen konnte. Nur wenige Seeleute machten sich die Mühe, es zu lernen. Sie meinten, wenn einer über Bord ginge, wäre es sinnlos, die Qualen zu verlängern. Er dachte an das Gewicht ihres langen Rockes, der sie unter Wasser ziehen würde, und stöhnte laut. So konnte er sie nicht gehen lassen.
Aber wenn er noch ein Beiboot zu Wasser ließ, hätte das den sicheren Tod der Männer bedeutet.
»Lichtet den Anker!«, brüllte er. Er würde den Paragon näher an die Viviace heranbringen und die Stelle absuchen, wo Clef sie zuletzt gesehen
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