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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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Stimmung.
    »Oder man benutzt sie als Feuerlöscher. Ich hatte mal einen Messdiener, der für sein Alter viel zu weibisch wirkte. Dem habe ich eine Lektion erteilt, ich habe ihn benutzt, um die Kerzen auszumachen. Mit seinem Mund. Und dazu habe ich ihm gesagt: Besser, du nimmst das Licht Gottes in den Mund als die Schwänze der Finsternis.«
    Sie starren mich zwei Sekunden an, dann fangen sie an zu lachen wie zwei Mitglieder einer Studentenverbindung, die sich nach vierzig Jahren in einer Hotellobby wiedertreffen. »Die Schwänze der Finsternis! Ha ha.«
    »Father Friendly war einfach klasse gestern Abend im Fernsehen. Hast du uns gesehen?«, fragt Gutmunduhr seinen Freund.
    »Ja, habe ich. Er ist ein exzellenter Soldat in der Armee Gottes«, sagt Tortur und legt die rechte Hand auf meine Schulter. Seine im Feuer gehärtete Stahlpranke.
     

10. MOJA ŠTIKLA
    Die Tage gehen vorbei. Ich versuche, mich mit meinem Leben in der Verbannung abzufinden. Läuft ganz okay. Ich gewöhne mich an die Stille und das viele Licht genauso wie an die unglaubliche Sauberkeit des Hauses, nur die Kälte macht es mir schwer. Es ist der kälteste Mai meines Lebens. Und doch sagen sie die ganze Zeit, was für ein wunderbarer Frühling das sei.
    »Wir können froh sein, wenn wir in Island zehn Grad haben«, erklärt Zickrita.
    Die Armen. Ich könnte froh sein, wenn ich in zehn Minuten hier abhauen könnte.
    Den Vormittag über besucht Father Friendly diverse Kirchen und Ehrenamtlichen-Treffen. Sie behandeln ihn wie den Papst auf Welttournee, füllen ihn mit Kaffee und Keksen ab, überhäufen ihn mit Broschüren und Faltblättern und reden über ihre guten Werke. Sie bauen einen Kindergarten in Kenia, eine Grundschule in Indien. Die Geistlichen sind allesamt Männer, die Ehrenamtlichen ausschließlich Frauen. Einmal mit Gutmunduhr im Auto zeige ich mich besorgt.
    »Es beunruhigt mich, dass diese ganzen Frauen außer Haus arbeiten«, sage ich mit einem Grinsen.
    »Das ist in Ordnung, sie werden ja nicht bezahlt«, sagt er und blinzelt mir verschmitzt zu.
    Am Nachmittag habe ich normalerweise frei. Ich laufe in MWA-Manier in der Stadt herum, schlendere die Haupteinkaufsstraße entlang, gucke mir Schaufenster an und Frauen hinterher. Ich folge meinem Körpergewicht den Hügel hinab bis zu dem Platz in der Stadtmitte, der eher wie ein unbenutzter Parkplatz aussieht als wie das pulsierende Herz einer Metropole. In einem gut beheizten Buchladen ganz in der Nähe kann man das Handgun Magazine kaufen, die Hauspostille eines jeden Auftragskillers. Smith & Wesson hat ein neues Modell rausgebracht. Liegt gut in der Hand und ist gut zu Ihrem Ziel. Kommt der »Pistole ohne schlechtes Gewissen« ziemlich nahe, von der wir Henker träumen. Ich wickele meinen Schal fester um den Priesterkragen, bevor ich das Magazin bezahle. Eine einheimische Fee, Tag 3, gibt mir den Bon. Es ist weltweit bekannt, dass Kroatien die schönsten Mädchen der Welt hat, aber Island kommt offensichtlich ganz knapp dahinter. Obwohl diese Butterblondinen ganz anders sind als unsere dunkelhaarigen ljepotice. Die einen sind Krähen, die anderen Schwäne.
    Ich beobachte einige der Letzteren von einer Bank am großen Teich hinter dem Dom und dem Parlament. Enten und Schwäne gleiten vorbei. Es ist eine ziemlich schöne Szenerie, perfekt für eine Zigarette. Aber ich werde meine fünfjährige Tabak-Abstinenz nicht brechen, obwohl ich alle Gründe dafür hätte. Muss auf meine Gesundheit aufpassen. Stattdessen lese ich über diese Innovation namens NSK (No Spill Kill), die durch eine neuartige Kugel namens Eagle Eye ermöglicht wird, die groji genug ist, ihr Opfer sofort zu töten, aber so klein, dass es nicht zu Blutvergießen kommt. Diese Zeitschrift kann nur aus dem christlichsten aller Länder kommen. Ich frage mich, wer das in diesem waffenfreien Land eigentlich liest. Ich schmeiße das Magazin in einen Abfalleimer, bevor ich das Café Paris betrete. Die Butterblondine ist im Dienst. Ich inhaliere meinen Bauch und setze mich an einen Tisch.
    Der Priester zeigt sich interessiert an ihrer Beziehung zu ihrem Vater und fragt, ob sie ihn nicht mag.
    »Ich glaube, mein Vater interessiert sich mehr für Gott als für seine eigenen Kinder«, sagt sie in ungewöhnlich zickigem Edelnuttentonfall, während sie den kleinen runden Tisch mit einem feuchten Lappen abwischt. Die Bewegungen ihres Kopfes erinnern mich wieder an die schwarzen Bikinibomben aus Rap-Videos.
    »Wir sind alle Kinder Gottes.

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