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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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doch noch versuchen, als Igor das Land zu verlassen und dann ein neues Leben zu beginnen - als Totengräber in Smolensk.
    Ich lief unter sieben Brücken hindurch, an einem Pizza Hut und einem raumschiffmäßig aussehenden Einkaufszentrum vorbei, das ich schon mal gesehen hatte. Irgendwann hörte der Mittelstreifen einfach auf, so dass ich auf dem Seitenstreifen weiterhumpelte, bis plötzlich rechts, zwischen einigen neugeborenen Bürogebäuden, das große blaue Kreuz über dem Giebel von Torturs Kirche auftauchte, die ich mit Gutmunduhr letzte Woche besucht hatte. Das gab mir Kraft. Und brachte mich auf eine Idee. Denn ich wusste nun, dass das Haus des heiligen Paares nicht mehr weit sein konnte. Und wusste auch, dass die Eltern von Gunnhildur meine einzige Hoffnung waren. Sie sind die Guten.
    Und jetzt liege ich hier in meinem alten Bett wie ein verlorener Sohn.
    Gutmunduhr öffnet die Tür. Seine Miene ist väterlich und streng. Rotes Gesicht, weißes Haar. Die Gesichtsfarbe ist wohl ein Andenken an seine wilden Jahre. Er nimmt sich einen Stuhl und setzt sich ans Bett. Sein Hemd ist jetzt hellblau. Dafür ist die Krawatte pink.
    »Also. Wir haben darüber geredet ... über dich. Es gibt zwei Möglichkeiten. Nummer eins: Wir rufen die Polizei. Nummer zwei: Wir kümmern uns um dich. Aber das wird nicht leicht.« Er schweigt, seufzt und fährt sich mit der Hand über sein langes Gesicht. »Damit würden wir ein ganz schönes Risiko eingehen.«
    »Mhmm«, brumme ich unter dem feuchten Tuch hervor.
    »Ich habe auch meinen Freund Thórður angerufen.«
    »Mhmm?«
    »Er sagt, er könnte dir vielleicht helfen.« Stille.
    »Willst du, dass wir dir helfen?« »Mhmm«, ich nicke unter Schmerzen. »Aber das geht nur unter einer Bedingung.« »Mhmm, mhmm?«
    »Du musst dich zu Jesus Christus bekennen und zu unserer Kirche des lebendigen Gottes.« Ich nicke.
     

20. DIE TORTUR-THERAPIE
    Wenn Schlaf eine Rundfunksendung aus dem Himmel ist, gibt es in meinem Radio zu viel Rauschen. Ich kann nicht schlafen. Zu viele Sachen in meinem pochenden, tauenden Kopf. Der erfolglose Selbstmörder beweint den Tod, den er nicht bekommen hat. Aus allen Richtungen schießen weiße Lastwagen auf mich zu. Eben schlafe ich noch mitten auf der Straße mit Munita, dann werden ihre Lippen auf einmal zu Eis, und eine Stoßstange trifft mich am Kopf. Eben noch erinnere ich mich an meine Nummer 23, dann dekoriere ich mein Bestattungsinstitut in Smolensk. Ich sollte mir etwas mit einem schönen großen Schaufenster mieten und eine amerikanisch-fette Werbung reinhängen: Seit Jahren mit dem Tod auf Du und Du - hier liegen Sie richtig. Vielleicht auch ein paar Zitate von zufriedenen Kunden. Supersarg, solide verarbeitet. Dank Igor werde ich in Frieden ruhen. - Vladimir Fedorow (1922-2006).
    Ich mache die Mumie, liege auf dem Rücken, ganz still, wie Fedorow in seinem Grab. Jede noch so kleine Bewegung tut weh. Als Gutmunduhr wiederkommt, frage ich nach Aspirin.
    »Asche Brie?«
    »Nein, Aspirin. Smerzmittel.«
    »Ach so. Nein, tut mir leid, so was haben wir nicht. Der Herr ist unser Schmerzmittel.«
    Dann wieder dieses dümmliche Lächeln. Das ist ja wie bei den Amish.
    Sie haben sich nicht getraut, meine Jeans anzufassen, also habe ich sie immer noch an. Mein Handy ist weiterhin in der rechten Hosentasche, und ich höre gelegentlich, wie Gunnhildur anruft. Die Vibrationen des kleinen Dings haben eine beträchtliche Wirkung auf meinen Schrittbewohner, aber ich bin zu schwach, das Telefon rauszuholen, und auch wenn ich könnte, würde ich nicht rangehen. Ich will nicht, dass sie mich so sieht.
    Es ist wohl bereits Nachmittag, als Tortur auftaucht. Er betritt das weiße Zimmer wie ein Arzt mit einem kleinen Koffer. Sein zurückgesalbtes Haar und die dicke Lennon-Brille sitzen perfekt. Er sieht mir in die Augen und spricht im Befehlston zu mir. Wenn Gott und der Teufel jemals eine Fernsehdebatte machen, dies wäre der Tonfall, den der alte Mann da oben anschlagen würde.
    »Du bist der schlimmste aller Sünder. Du hast einen Verkünder von Gottes ewigem Wort ermordet, einen Apostel der Frohen Botschaft. Du hast das Verdammenswerteste aller Verbrechen begangen. Sind wir uns da einig? Bekennst du dich zu deinen Taten, deinen Sünden?«
    Die Mumie nickt.
    »Dann bekenne mit deiner schwarzen Satanszunge.« »Ja. Ja, ich bekenne. Ich habe gesündigt«, stammelt der Elefantenmensch mit seinen Gummilippen. »Und gemordet.« »Ja. Gemordet.«
    »Bist du der Mörder

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