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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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hätte sogar Atemzüge hörbar gemacht, aber innen herrschte Stille. Sie hatten freie Bahn. Daudert rief seine Männer hoch. Das alte Türschloss hielt den Experten der Kriminaltechnik nur acht Sekunden stand.
    Mit gezogener Pistole öffnete Daudert die Tür, erst einen Spaltbreit, dann weiter. Schließlich stieß er sie ganz auf und sprang hinein. Einen Atemzug später war er wieder draußen.
    »Was ist das denn? Pfui Teufel«, zischte er leise.
    Jetzt rochen auch die anderen den beißenden Gestank, der aus der Wohnung zog.
    Ein Mann der KTU schnupperte, dann verzog er das Gesicht. »Wenn Sie meine Meinung hören wollen: Das ist eine Mischung aus alten Socken, vergammelter Milch und Shisha.«
    »Shisha?«
    »Wasserpfeife. Aber es muss ein fürchterlicher Tabak sein.«
    »… und viele alte Socken.«
    »Wenn ich da rein soll, muss ich kotzen«, flüsterte Hillert. »So ein Gestank ist sicherer als jedes Türschloss.«
    »Es hilft nichts«, sagte Daudert, »wir müssen rein.«
    In der einen Hand hielt er immer noch die Pistole, mit der anderen presste er sich ein Tuch vor Nase und Mund. Hillert und Ernst taten es ihm nach. Sie kontrollierten jedes Zimmer und meldeten zum Schluss: »Sicher.«
    Dann rissen sie die Fenster auf.
    »Meine Güte, schlimmer als nach einem Chemieunfall«, stöhnte einer.
    »Das hier IST ein Chemieunfall – und wir stehen mittendrin«, sagte ein anderer.
    »Eins ist auf jeden Fall klar: Einen Sprengstoff-Hund können wir uns sparen. Der wird nach dem ersten Atemzug ohnmächtig.«
    Daudert sah sich um. Auf dem Sofa lag ein Berg getragener Kleidung. Den Tisch davor zierte eine riesige, reich verzierte Shisha. Darum herum lagen Packen mit Tabak, die meisten aufgebrochen. Neben dem Tisch stand ein Metalleimer mit Asche. Hassan schien nach dem Shisha-Genuss nicht mehr richtig zielen zu können, denn neben dem Eimer lag ungefähr genauso viel Asche wie darin. Es war eine Herausforderung, keine Fußabdrücke zu hinterlassen. Wo auf dem Boden gerade keine Asche war, lagen Zeitschriften. Eine nackte Frau neben der anderen, in allen denkbaren und manchmal auch undenkbaren Posen. Ein großer Fernseher dominierte den Raum, eingerahmt von zwei Türmen mit Porno-DVDs.
    Die Männer der KTU fluchten. »Wie soll man hier Spuren sichern?«
    Daudert verstand sie gut, aber ihr Problem war nicht sein Problem. Der Computerexperte, ein schmächtiger Mann mit Ziegenbärtchen und dünnen Haaren, nahm sich Hassans Rechner vor. Für eine ausführliche Analyse vor Ort reichte die Zeit nicht aus. Deshalb war geplant gewesen, die Festplatte auszubauen und eins zu eins zu kopieren. Dann konnte man die Kopie im Labor ungestört und mit allen technischen Mitteln untersuchen. Die Realität gestaltete sich schwieriger als der Plan. Der Rechner steckte in einem Berg leerer Milchtüten. Hassan hatte sie nach Gebrauch achtlos dorthin geworfen. Er schien geradezu süchtig nach Milch zu sein.
    »Wie soll ich an den verdammten Rechner kommen, zum Teufel noch mal?«, fragte der Ziegenbärtige.
    »Alles wegräumen«, sagte Daudert, »ist doch klar.«
    »Ach. Und das soll unauffällig sein?«
    »Danach musst du eben alles wieder hinräumen. Mach vorher ein Foto, damit du weißt, wie der Müllberg nachher wieder aussehen muss.«
    »Du könntest mir helfen.«
    »Spuren sichern ist nicht mein Fachgebiet. Dafür bin ich nicht ausgebildet.«
    »Arroganter Arsch.«
    Daudert juckte die Beschimpfung nicht. Hauptsache, er musste nicht im Müll wühlen.
    Aus der Küche rief jemand: »Wollt ihr wissen, wie es im Kühlschrank aussieht? Das glaubt ihr nicht.«
    Daudert wollte es nicht wissen. Der Stapel Pornohefte vor dem Fernseher war wesentlich unterhaltsamer.
    Der Ziegenbärtige am Computer fluchte wieder. Die Festplatte war kopiert, aber nun musste sie wieder eingebaut werden. Daudert blätterte ungerührt weiter in den Heften, bis sein Handy klingelte. Es war Oskar, der mit dem Hundehaufen am Fuß.
    »Wir haben ein Problem. Die Zielperson kommt auf das Haus zu.«
    »Verdammt! Das ist zu früh.« Ein blitzschneller Rundgang durch die Wohnung bestätigte Daudert, dass er recht hatte. Rico war mit dem Sprengstoffsensor noch nicht fertig und der Computerexperte kämpfte mit den Milchtüten. »Wir können unmöglich hier weg. Lass dir was einfallen.«
    »Ich hab schon eine Idee, aber beeilt euch trotzdem.«
    Daudert steckte das Handy weg. »Fertig werden. Beeilung!«, befahl er.
    Doch der Mann am Computer sagte nur: »Nicht mein Problem. Du bist

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