Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
Vom Netzwerk:
Zeit.« Ellen schlüpfte mit dem rechten Bein in eine mausgraue Stoffhose. »Wo wohnt diese Elisabeth Glienicke?«
    »Das ist das nächste Problem. Ich weiß es nicht.«
    Ellen hielt mit Anziehen inne. »Du weißt es nicht? Wir müssen es wissen.«
    »Das ist leicht gesagt. Diese Glienicke hat keinen Telefonanschluss, und im Adressverzeichnis steht sie auch nicht. Das waren die einfachen Möglichkeiten. Alles andere ist kompliziert und dauert.«
    Ellen machte mit Anziehen weiter. »Was ist kompliziert?«
    »Ich könnte mich zum Beispiel ins Einwohnermeldeamt hacken. Da müsste sie eigentlich drinstehen. Aber dafür brauche ich Zeit, weil ich die Zugangsdaten nicht habe. Das Einwohnermeldeamt hat mich nie interessiert, du glaubst nicht, wie langweilig das ist.«
    Ellen wollte sich nicht vorstellen, wie langweilig Einwohnermeldedaten waren. Das war jetzt unwichtig. Aber dass Hajo sich dort hineinhacken sollte, gefiel ihr nicht.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Ellen und zog die Hose endlich hoch. Sie war ein bisschen zu weit um die Oberschenkel herum und sah todlangweilig aus, aber das war jetzt auch unwichtig. Sie nahm eine passende, wahrscheinlich ebenfalls todlangweilig aussehende Bluse vom Bügel, bezahlte und ging aus dem Kaufhaus. Sie musste telefonieren – ohne dass jemand zufällig mithören konnte.
    Ellen ging zum nahe gelegenen Alexanderplatz. Dort herrschte die richtige Mischung aus Hintergrundgeräuschen und Ruhe. Außerdem hatte sie hier gut im Blick, ob jemand in ihrer Nähe war und mithörte. Da sie ständig in Bewegung blieb, war das so gut wie ausgeschlossen. Ihr Handy war von Hajo so eingerichtet, dass der Anruf über mehrere Umleitungen ging und nicht zurückverfolgt werden konnte, falls das überhaupt jemand versuchte.
    Ich muss aufpassen, dass ich nicht paranoid werde. Andererseits war es nicht verkehrt, selbst die geringste Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung auszuschließen. Nur so war es Hajo gelungen, für den gesamten Polizeiapparat inklusive lka und bka unsichtbar zu sein.
    »Hallo Sina, wie geht's?«
    »Ellen, du? Ich fasse es nicht. Wo bist du?« Sina schien zu merken, dass das die falsche Frage war. »Sorry, war dumm von mir. Das darfst du natürlich nicht sagen. Die Frage lag mir einfach auf der Zunge, weil dein Aufenthaltsort das große Rätsel hier im lka ist. Sie suchen dich nach allen Regeln der Kunst und haben trotzdem nicht die geringste Idee. Stefan Daudert ist stinksauer.«
    Ellen musste schmunzeln. »Er wollte diesen Job unbedingt haben, jetzt muss er ihn auch aushalten. Er wird uns niemals finden.«
    » Uns? Du arbeitest also tatsächlich mit ihm zusammen, deinem Erpresser?«
    Ellen nickte, obwohl Sina das nicht sehen konnte. »Ja. Und seitdem weiß ich, warum wir ihn damals nicht gefasst haben. Er ist absolut kein normaler Verbrecher, deshalb ist er auch mit normalen Mitteln nicht zu kriegen.«
    »Und du? Bist du noch normal?«
    Ellen lachte leise. Es tat gut, die vertraute Stimme von Sina zu hören.
    »Wie man's nimmt. Ich schlafe auf Sprengstoffkisten, kann mich in zwanzig Sekunden unsichtbar machen, und meine Wohnungstür spricht mit mir.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann: »Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, würde ich denken, du spinnst.«
    »Ich habe noch alle Tassen im Schrank. Es ist wirklich so, wie ich gesagt habe.«
    »Das klingt echt abgefahren. – Ihr müsst mich unbedingt mal zum Tee einladen.«
    Das war typisch Sina. Sie stand auf alles, was nicht ins normale Schema passte. Sie dachte selbst oft genug unkonventionell, was nicht unwesentlich zu ihren Erfolgen beigetragen hatte.
    Ellen wurde wieder ernst. Das Geplauder mit der Freundin und ehemaligen Kollegin war schön, aber dafür war jetzt nicht die richtige Zeit.
    »Vor unserem nächsten Tee habe ich noch einiges zu erledigen – und dazu brauche ich deine Hilfe.«
    »Ich dachte mir schon, dass so was kommt. Na gut, schieß los. Was kann ich für dich tun?«
    Ellen überquerte die Schienen und ging langsam in Richtung Brunnen der Völkerfreundschaft mit seiner Wasserspirale.
    »Ich muss wissen, wo eine gewisse Elisabeth Glienicke wohnt, vielleicht heißt sie auch Glienicke-Pasano. Sie war die Frau von Giuseppe Pasano, aber der ist tot. Kannst du eine Abfrage beim ema machen?«
    »Beim Einwohnermeldeamt? Das fällt überhaupt nicht in meinen Bereich, mein Job sind die Leichen und die Spuren. Normalerweise wäre das trotzdem kein Problem, aber zurzeit hat Stefan Daudert ein Auge auf mich

Weitere Kostenlose Bücher