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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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bin.
    Wie ich die Sache sehe, hast Du Dich ganz schön übernommen, alter Junge. Na ja, wo die Liebe eben hinfällt. Ich will mich da nicht einmischen, trotzdem darf ich Dir als alter Freund wohl einen Rat geben. Ich sage Dir: Vergiß die Frau, schieß einen Purzelbaum und kehre wieder auf die Erde zurück.
    Neulich traf ich Deinen Chef. Er hat Aufträge über Aufträge für Dich. (Allein drei Ausstellungen.) Sobald Du wieder auf dem Damm bist, besuche ich Dich.
    Noch etwas, Hans. Ich sprach vor einigen Tagen mit Deiner Frau. Sie sorgt sich um Dich. Am Montag ist sie nach Leipzig gefahren. Du wirst ja wissen, daß sie vor acht Tagen eine Stellung bei Intertext angenommen hat.
    Das wär’s für heute. Halt die Ohren steif!

    Dein Theo

    PS: Bis zum Sommer möchten wir Dich fit sehen; das Spanferkel ist schon bestellt.

    D. O.«
    Ich hatte das Empfinden, das Zimmer drehe sich um mich. Eine Lüge ihre Zusage, in Manik Maya übernachten zu wollen, kein Wort über ihre neue Stellung. Die Wogen meiner stillen Hoffnungen schlugen über mich zusammen. Hatte sie meinen Brief sogar geöffnet und gelesen? Ich konnte es nicht glauben, es paßte nicht zu ihr. Nur soviel war jetzt sicher: Nie würde mir Johanna mein Erlebnis abnehmen.
    Nun gab es nur noch einen Ausweg für mich. Es mußte mir gelingen, den Professor von meiner Harmlosigkeit zu überzeugen. Wollte er nicht sogar den »Erfinder« entlassen? Ich war entschlossen, die Narrenkappe abzustreifen.

22
    Schwester Hildegard hatte mich zu einer Privataudienz beim Professor angemeldet. Er ließ sich Zeit, war erst zwei Wochen später gewillt, mir sein Ohr zu leihen.
    Sein Zimmer befand sich eine Etage über mir. Es war ein großer, repräsentativer Raum mit einer stattlichen Bibliothek und einem wuchtigen Schreibtisch. An der Wand regte ein Stilleben den Appetit an; ein Truthahn hing vom Tisch, in einem Römer funkelte Rotwein, daneben lag Brot und Käse. Das Ölbild erinnerte mich zur unpassendsten Zeit an das Gelage auf dem sechsten Mond.
    Der Professor empfing mich freundlich, schüttelte mir die Hand, als sähe er mich zum ersten Male. Nachdem er sich eine Zigarre angezündet hatte und wir uns in bequemen Ledersesseln gegenübersaßen; verlor er ein paar Worte übers Wetter, paffte und tat so, als erfülle er mir gegenüber eine angenehme gesellschaftliche Verpflichtung. Es gehörte zu seinem Beruf, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Nachdem dies geschehen war, erkundigte er sich nach meinem Anliegen.
    Ich suchte nach einem passenden Anfang. Was ich mir vorher ausgedacht hatte, kam mir plötzlich primitiv vor. Grasmais ist viel zu intelligent, um darauf hereinzufallen, ging es mir durch den Kopf. Doch sagen mußte ich etwas. Ich begann: »Herr Professor, ich möchte mich zunächst bei Ihnen entschuldigen…«
    »Wofür entschuldigen?« fragte er mit bespieltem Erstaunen. »Mein Guter, wir sind doch hier, um gesund zu werden. Also ohne Umschweife, was haben wir auf dem Herzen?«
    »Es geht um die alberne Geschichte mit meinem Raumflug«, sagte ich geradeheraus, »sie ist von A bis Z erfunden.«
»Sie waren also nicht auf dem sechsten Mond?«
»Das wissen Sie doch so gut wie ich, Herr Professor.«
Er lehnte sich zurück, blies genießerisch Rauchringe gegen die Decke. »Und wo sind wir ein halbes Jahr lang herumgestromert?«
»Ich war bei einer Bekannten«, stieß ich hastig hervor. »Also gut, bei einer Freundin…«
Grasmais zeigte ein verstehendes Lächeln. »Dann wurde man sich gegenseitig überdrüssig und trennte sich…«
»Nicht überdrüssig, es waren andere Gründe…«
»Mich interessiert Ihre Ehe. War sie nicht glücklich?«
Dieses Stichwort kam mir gelegen. Ich setzte ein sorgenvolles Gesicht auf. »Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Herr Professor, und will deshalb offen zu Ihnen sein.« (Du bist nicht nur ein freudscher Erztrottel, sondern auch dumm wie eine Kartoffel.) »Nein, meine Ehe war nicht glücklich. Wir hätten nie heiraten dürfen. Meine Frau ist oberflächlich, hat nur Kleider und Vergnügungen im Kopf… Glauben Sie bitte nicht, daß ich nur ihr allein die Schuld geben will. Wir passen einfach nicht zusammen. Ich muß allerdings erwähnen, daß sich meine Frau auch niemals die Mühe machte, mich zu verstehen.«
Ich machte eine Pause, fuhr dann unverfroren fort: »Im Mai vorigen Jahres lernte ich Roswitha kennen, eine Kunststudentin. Es war an meinem Geburtstag. Sie kam in Begleitung eines Bekannten. Ich dachte noch: Wie kommt dieser

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