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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sterbenden Mann. Wie lange würde es noch dauern, lieber Gott, bis sie den Konvent erreichte und in Sicherheit war?
    DER MOND ERHOB SICH über der Île Notre-Dame und leuchtete durch den Wolkendunst. Er blickte hinauf, um zu schätzen, wie spät es war; es hatte keinen Sinn, bei Madame Fabienne einzutreffen, bevor die Mädchen ihr Haar aus den Lockenpapierchen gewickelt und sich die roten Strümpfe angezogen hatten. Doch vorher hatte er noch einige andere Orte aufzusuchen; die obskuren Spelunken, in denen sich die Artisten des Hofes für den bevorstehenden Abend stärkten. In einer davon hatte er die Gerüchte zuerst gehört – jetzt würde er sehen, wie weit sie sich verbreitet hatten, und dann konnte er abschätzen, ob es gefahrlos möglich war, offen nach Maître Raymond zu fragen.
    Das war einer der Vorteile, wenn man sich in der Vergangenheit versteckte, statt sich nach Ungarn oder Schweden zurückzuziehen – an diesem Hof wurde man nicht alt, und es gab nicht viele, die sein Gesicht oder seine Geschichte kannten, obwohl man sicher immer noch von ihm erzählte. Paris ließ seine histoires nicht los. Er fand das Eisentor – rostiger als früher; es hinterließ rote Flecken auf seiner Handfläche – und drückte es auf. Es knarzte so laut, dass, was auch immer jetzt am Ende der Gasse lebte, gewarnt sein würde.
    Er musste den Frosch sehen . Nicht sprechen, nein, vielleicht nicht – er vollführte eine knappe Geste gegen das Böse –, aber ihn sehen. Vor allem musste er wissen … war der Mann – wenn er denn ein Mann war – gealtert?
    »Gewiss ist er ein Mann«, murmelte er ungeduldig. »Was soll er denn sonst sein, zum Kuckuck?«
    Er könnte so etwas sein wie du , war der Gedanke, der ihm antwortete, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Angst?, fragte er sich. Vorfreude auf ein faszinierendes philosophisches Rätsel? Oder gar … Hoffnung?
    »WAS FÜR EIN SCHÖNER HINTERN – und welche Verschwendung«, bemerkte Monsieur Brechin auf Französisch, während er von der Rückseite des Passagierraums zusah, wie Joan nach oben stieg. »Und mon Dieu , diese Beine! Stellt Euch die um Euren Rücken geschlungen vor, wie? Würdet Ihr sie bitten, diese gestreiften Strümpfe anzulassen? Ich schon.«
    Von selbst wäre Michael nicht darauf gekommen, sich das vorzustellen, aber jetzt fiel es ihm schwer, das Bild wieder abzuschütteln. Er hustete in sein Taschentuch, um zu verbergen, wie er rot wurde.
    Madame Brechin stieß ihrem Mann den Ellbogen in die Rippen. Er grunzte zwar, doch ansonsten schien ihn diese offenbar normale Art der ehelichen Verständigung nicht zu stören.
    »Bestie«, sagte sie ohne jede sichtbare Aufregung. »So von einer Braut Christi zu sprechen. Du kannst dich glücklich schätzen, wenn dich Gott nicht mit einem Blitz erschlägt.«
    »Nun, noch ist sie ja nicht seine Braut«, protestierte Monsieur. »Und wer hat diesen Hintern denn erschaffen? Gott würde sich doch sicher auch geschmeichelt fühlen, wenn man seine Arbeit zu schätzen weiß. Und das von einem Mann, der schließlich in solchen Dingen ein Feinschmecker ist.« Er warf Madame einen ebenso liebevollen wie anzüglichen Blick zu, und sie prustete.
    Ein leises Kichern des jungen Mannes am anderen Ende des Passagierraums deutete an, dass er mit dieser Wertschätzung nicht allein war, und Madame warf dem jungen Mann einen tadelnden Blick zu. Michael wischte sich sorgfältig die Nase ab und gab sich Mühe, Monsieur nicht in die Augen zu sehen. Sein Inneres bebte, und das nicht nur vor Belustigung oder durch den Schreckmoment unfreiwilliger Lust. Er fühlte sich sehr seltsam.
    Monsieur seufzte, als Joans gestreifte Strümpfe durch die Luke verschwanden.
    »Jesus wird ihr nicht das Bett wärmen«, sagte er kopfschüttelnd.
    »Jesus wird ihr auch nicht ins Bett furzen«, sagte Madame und holte ihr Strickzeug hervor.
    » Pardonnez-moi …«, sagte Michael mit erstickter Stimme. Er schlug sich das Taschentuch vor den Mund und hielt hastig auf die Leiter zu, als könnte die Seekrankheit ansteckend sein.
    Doch es war nicht das mal-de-mer , das aus seinem Bauch emporschoss. Sein Blick fiel auf Joan, im Abendlicht an der Reling nur dunkel zu erkennen. Schnell wandte er sich ab und ging zur anderen Seite hinüber, wo er sich an die Reling klammerte, als sei sie ein Rettungsfloß, und sich von den überwältigenden Wogen des Schmerzes überspülen ließ. Nur so hatte er die letzten Wochen überstehen können. Durchhalten, so lange er konnte,

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