Zeit der Träume
dem Felsen zieht?«
Malory lief ein Schauer über den Rücken. »Mein Gott. Ja, natürlich erinnere ich mich. Die Farben, die Intensität, wie das Licht um das Schwert pulsierte.«
»Das war definitiv derselbe Stil und dieselbe Schule wie bei dem Bild, was du mir gezeigt hast. Es könnte sogar derselbe Künstler gewesen sein.«
»Ja... ja, könnte sein. Wie sind wir damals daran gekommen - das war eine Haushaltsauflösung, nicht wahr? In Irland. James ist für ein paar Wochen nach Europa geflogen, um einzukaufen, und das war das beste Stück, das er mitgebracht hat. Wer hat es gekauft?«
»Selbst mein rasiermesserscharfes Gedächtnis hat Grenzen, aber ich habe schon nachgeschaut. Julia hat es an Jordan Hawke verkauft. Das ist doch der Schriftsteller, der von hier ist, oder? Ich glaube, er lebt jetzt in New York.«
Ihr Magen hob sich ein wenig. »Jordan Hawke.«
»Vielleicht kannst du ihn ja über seinen Verleger erreichen, wenn du mit ihm über das Gemälde reden willst. Na ja, ich muss jetzt los, Zuckerpfläumchen.« Er gab ihr einen Kuss. »Sag mir sofort Bescheid, wenn James dich wieder zu den Waffen ruft. Ich will jedes Detail wissen.«
Als Malory auf dem dritten Stock des Dispatch ankam, wo Flynn sein Büro hatte, empfing sie das Klappern zahlloser Tastaturen und das Klingeln der Telefone. Durch die Glaswände entdeckte sie Flynn sofort.
Er ging vor seinem Schreibtisch auf und ab, spielte mit einem silbrig glänzenden Jo-Jo und führte anscheinend ein Selbstgespräch.
Sie fragte sich, wie er bei der Arbeit diesen Mangel an Privatsphäre aushalten konnte. Er musste sich doch fühlen wie auf dem Präsentierteller. Und dann dieser Lärm, dachte sie. Sie würde verrückt werden bei diesem ständigen Klappern, Klingeln, Reden und Piepsen.
Sie überlegte, wen sie ansprechen sollte. Eigentlich sah keiner so aus wie ein Assistent oder eine Sekretärin. Aber Flynn wirkte wie ein echt bedeutender und beschäftigter Mann, so dass sie das Gefühl hatte, nicht einfach unangemeldet bei ihm hereinplatzen zu können.
Während sie noch unentschlossen dastand, setzte sich Flynn auf die Kante seines Schreibtisches. Seine Haare waren wirr, als ob er sich eben noch mit der Hand hindurchgefahren wäre.
Er trug ein dunkelgrünes Hemd, eine lässige Khakihose und die vermutlich ältesten Turnschuhe, die sie jemals gesehen hatte.
Ihr Herz klopfte ein wenig rascher, aber sie beruhigte sich schnell. Es war doch in Ordnung, dass sie sich von ihm angezogen fühlte, wenn es auch nicht gerade klug war, dass es so schnell geschah.
Dann blickte er auf, sah sie und lächelte. Und ihr Herzschlag legte an Schnelligkeit rapide zu.
Er rollte den Jo-Jo ein und winkte ihr mit der freien Hand, einzutreten.
Sie bahnte sich einen Weg durch die Schreibtische, und als sie durch seine offen stehende Bürotür trat, stellte sie zu ihrer Erleichterung fest, dass er keine Selbstgespräche geführt hatte, sondern über ein Telefon mit Kopfhörern sprach.
Malory schloss die Tür hinter sich und schaute sich verdutzt nach der Ursache für das laute Schnarchen um: Moe lag friedlich auf dem Rücken zwischen zwei Aktenschränken und genoss sichtlich einen wundervollen Traum.
Was machte man bloß mit einem Mann, der seinen großen, dummen Hund mit zur Arbeit nahm? fragte sie sich. Oder vielleicht eher, wie widerstand man einem solchen Mann?
Flynn hob die Hand, um ihr zu signalisieren, dass er gleich fertig sei, also ließ sie sich Zeit, um sein Büro zu betrachten. An einer Wand hing ein riesiges Korkbrett, voller Notizen, Artikel, Fotos und Zetteln mit Telefonnummern. Ihr juckte es in den Fingern, hier einmal richtig aufzuräumen, vor allem den Wust von Papieren auf seinem Schreibtisch.
Die Bücherregale quollen über von Büchern und Zeitschriften, Plaketten, Urkunden und Plastikfiguren. Die hätte selbst sie nirgendwo anders unterbringen können, da die wenige Wandfläche, die er zur Verfügung hatte, außer dem Pinnbrett auch noch von einem Wandkalender eingenommen wurde.
Als er den Anruf beendete, drehte sie sich zu ihm um, wich jedoch zurück, als er auf sie zukam.
Er blieb stehen und zog die Augenbrauen hoch. »Hast du ein Problem?«
»Nein. Vielleicht. Ja.«
»Entscheid dich für eins«, schlug er vor.
»In meinem Magen hat es gekribbelt, als ich dich hier stehen sah.«
Er grinste breit. »Danke.«
»Nein. Nein. Ich weiß nicht, ob ich dazu schon bereit bin. Mir geht so vieles durch den Kopf. Ich bin hier, um mit dir darüber zu
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