Zeit der Träume
ihr, wie dieses Herz klopft?«, murmelte sie und betrachtete den jungen Artus. »Wie seine Muskeln beben, während er das Schwert umfasst? Das ist die Macht des Künstlers. Ich würde alles geben, alles, um so etwas schaffen zu können.«
Ein Schauer überlief sie. Einen Herzschlag lang schienen ihre Finger zu brennen. Und in dieser Sekunde öffnete sich etwas in ihr und entzündete sich, und sie sah, wie sie es tun könnte. Wie sie zur Künstlerin werden könnte.
Das Wissen erfüllte sie völlig und ließ ihren Atem stocken.
Dann war es wieder weg, genauso plötzlich wie es gekommen war.
»Mal? Malory?« Zoe hockte sich neben sie und ergriff sie bei den Schultern. »Was ist los?«
»Was? Nichts. Mir ist einen Moment lang schwindlig geworden.«
»Deine Augen waren ganz komisch, so riesig und dunkel.«
»Das muss am Licht liegen.« Aber ihr war es seltsam zitterig, als sie ihre Tasche zu sich heranzog und die Lupe herausholte.
Mit Hilfe des natürlichen Lichts begann sie, jedes Bild langsam und genau zu studieren.
Da war der Schatten, nur die Andeutung einer Gestalt, die tief im Wald lauerte. Und zwei Figuren - ein Mann und eine Frau -, die aus der Ferne den Jungen, das Schwert und den Stein beobachteten. Von einer Kette um die Taille der Frau hingen drei Schlüssel.
»Was meinst du?«, fragte Dana.
»Ich glaube, wir haben zwei Möglichkeiten«, Malory setzte sich hin und rollte die Schultern. »Wir können Brad und Jordan überreden, die beiden Bilder auf Echtheit und Datierung überprüfen zu lassen. Wenn wir das tun, laufen wir Gefahr, dass uns alles entgleitet.«
»Und die andere Alternative?«, fragte Zoe.
»Wir können uns auf mein Wort verlassen. Alles, was ich weiß, was ich studiert und gelernt habe, sagt mir, dass die beiden Bilder vom selben Künstler stammen. Und derselbe Maler hat auch das Bild in Warrior’s Peak gemalt.«
»Wenn wir davon ausgehen, was machen wir mit dem Wissen?«, fragte Dana.
»Wir überlegen uns, was die Bilder uns mitteilen. Und wir fahren noch einmal nach Warrior’s Peak. Wir fragen Rowena und Pitte, wie es sein kann, dass zumindest zwei dieser Bilder in zwei verschiedenen Jahrhunderten entstanden sind.«
»Wenn wir so vorgehen, bedeutet das noch etwas Zusätzliches«, warf Zoe leise ein. »Wir akzeptieren die Magie. Wir glauben.«
»Ich habe immer Zeit, mich mit drei gut aussehenden Männern zu unterhalten«, schnurrte Rowena, als sie Flynn, Brad und Jordan in den Salon bat, wo das Porträt der Töchter aus Glas hing.
Schweigend wartete sie, bis alle drei ihre Blicke darauf gerichtet hatten. »Ich nehme an, das Gemälde interessiert Sie, Mr. Vane. Ihre Familie besitzt eine große, eklektische Sammlung von Kunstwerken, wurde mir gesagt.«
Er betrachtete gebannt das Bild, die Gestalt, die ein Kurzschwert und einen kleinen Hund im Arm hielt. Zoes Augen erwiderten seinen Blick. »Ja, das stimmt.«
»Haben Sie das Interesse daran geerbt?«
»Ja. Und ich denke, dass ich ein weiteres Bild von diesem Künstler besitze.«
Rowena setzte sich. Ein leichtes Lächeln spielte um ihren Mund, als sie den langen Rock ihres weißen Kleides ordnete. »Tatsächlich? Wie klein doch die Welt ist.«
»Sie wird sogar noch kleiner«, schaltete sich Jordan ein. »Ich besitze nämlich anscheinend ebenfalls ein Gemälde von diesem Künstler.«
»Faszinierend. Ah.« Sie machte eine Geste, als ein Dienstmädchen einen Teewagen hereinrollte. »Kaffee? Ich nahm an, dass sie Kaffee Tee vorziehen würden. Amerikaner trinken doch nicht gerne Tee, oder?«
»Sie fragen gar nicht danach, wie die anderen beiden Bilder aussehen.« Flynn setzte sich neben sie.
»Sie werden es mir sicher erzählen. Sahne, Zucker?«
»Schwarz. Das scheint mir Zeitverschwendung zu sein, da Sie es bestimmt schon wissen. Wer ist der Maler, Rowena?«
Mit ruhiger Hand schenkte sie den Kaffee ein und blickte dabei Flynn gleichmütig an. »Hat Malory Sie gebeten, heute hierher zu kommen?«
»Nein. Warum?«
»Es ist ihre Suche, und nur ihr stehen die Fragen zu. Es gibt Regeln in solchen Angelegenheiten. Es wäre etwas anderes, wenn sie Sie gebeten hätte, sie zu vertreten. Haben Sie Ihren Hund mitgebracht?«
»Ja. Er ist draußen.«
Ihr Gesicht verzog sich wehmütig. »Es macht mir nichts aus, wenn er hereinkommt.«
»Weißes Kleid und großer schwarzer Hund. Das sollten Sie sich noch einmal überlegen, Rowena. Malory hat uns nicht gebeten, hierher zu fahren, aber sie und die beiden anderen wissen, dass wir sie
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