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Zeit Des Zorns

Zeit Des Zorns

Titel: Zeit Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ditfurth
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handeln. Hierbei auftretende Fehler werden in jedem vertretbaren Maß durch Polizeiführer und Politik gedeckt.« 231 Die Polizei versuchte unterdessen vergeblich zu beweisen, dass es keinen Pressekessel gegeben habe. Ich bekam Monate später die Rechnung für meine Beteiligung an dem so wirksamen Protest gegen den Polizeikessel: Einige Polizistinnen und Polizisten verabredetensich zu einer fingierten Geschichte, um mich von einem Gericht wegen Beamtenbeleidigung verurteilen zu lassen. Meinem Strafverteidiger H.-Jürgen Borowsky gelang es auch diesmal durch seine klugen Befragungen der Polizistinnen und Polizisten, die Verabredung zur Falschaussage auffliegen zu lassen. Die lang vorbereitete und durch die Ladung so vieler Polizeizeugen auch sehr teure Hauptverhandlung in Frankfurt/Main wurde hastig unterbrochen, nie wieder aufgerufen und auf Staatskosten eingestellt.
    * * *
    Juli 1992, Weltwirtschaftsgipfel in München : Die Demonstranten wollten den Aufmarsch der Mächtigen durch Demonstrationen, Parolen und Pfeifkonzerte stören. Ein naiver Mensch mag dies, in einer Demokratie, für vollkommen legitime Aktionsformen halten, um die andere Auffassung, den Protest, darzustellen. Die Mauer zwischen DDR und BRD gab es nicht mehr, aber die Stadt München zog plötzlich an vielen Straßen und Kreuzungen Mauern hoch: Vorkontrollen, Hauptkontrollen, Ausweiskontrollen, Gepäckkontrollen, Sperrungen. Es gab keine Steinwürfe oder andere Handlungen in der großen Demonstration mit etwa 20 000 Teilnehmern, die den nachfolgenden Polizeieinsatz gerechtfertigt hätten. Aber die USK-Einheiten und die aus der ganzen Bundesrepublik zusammengezogenen hochaggressiven SEKs (Spezialeinsatzkommandos der Polizei) zeigten, wozu der Staat sie ermächtigt hatte. Es gab keine erkennbaren Anlässe. Vielleicht einmal eine Mütze zu tief ins Gesicht gezogen oder einen Schal zu hoch, ein Transparent gefiel nicht oder wurde seitlich getragen, damit Passanten es lesen konnten, schon rannten Polizisten in die Demo und schlugen zu, manchmal griffen sie Einzelne heraus, manchmal nicht. Jeder Polizeistratege und jeder Polizeipsychologe weiß, dass man mit solchen Angriffen eine physische Auseinandersetzung provoziert. Die Demonstranten durchschauten es, wollten in diese Falle nicht gehen und blieben diszipliniert.
    Die Aggressivität der Polizei suchte weitere Opfer. Das Pfeifkonzert gegen die inhumane und naturzerstörende Politik des Weltwirtschaftsgipfels am Max-Joseph-Platz war angemessen laut. Keiner der Gäste wurde bespuckt oder auf irgendeine Weiseattackiert, kein Farbei traf ein Fahrzeug, aber die Proteste waren zu hören, sobald die Herren und wenigen Damen aus ihren Limousinen stiegen. Offensichtlich war es den Politikern peinlich, dass ihre »hohen Gäste« die Pfiffe hörten, Diktatoren sind ja so leicht beleidigt. Die Polizei dichtete das Pfeifen und Rufen, die Transparente und Slogans zur kriminellen Tat um, zur strafrechtlich verwerflichen »Nötigung«. Es folgten Prügelorgien, der berühmte Münchner Kessel, massenhafte Festnahmen, Verschleppungen in die Haftanstalt in der Ettstraße oder gleich in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim, Freiheitsentzug.
    Auch ich wurde gefangen genommen, weil ich laut gegen den Kessel protestierte, den sie, eine Straßenkreuzung entfernt vom Max-Joseph-Platz, um eine Gruppe von Demonstranten schlossen, denen sie nichts anderes vorwerfen konnten als die Benutzung von Trillerpfeifen und Stimmbändern. Ich hatte – mein Presseausweis hing sichtbar um meinen Hals – Journalistenkollegen und Fotografen auf einige ziemlich brutale Festnahmen aufmerksam gemacht und mir die Namen einiger der im Kessel Eingeschlossenen notiert, um sie an die betreuenden Rechtsanwälte weiterzugeben.
    Das missfiel der Polizei. Man nahm mich fest, plötzlich und mit Gewalt, meine Lederjacke zerriss. Einer der Polizisten, die mich meiner Freiheit beraubten, griff mit seinen beiden behandschuhten Händen in einem Spezialgriff um meine rechte Hand, so dass ich vor Schmerz schrie. Ich konnte mich nicht einmal fallen lassen. Bei diesem Polizeigriff wird die Hand weit über das Maß, das Bänder, Sehnen, Nerven und ein Handgelenk ertragen, zum Unterarm hin überdehnt. Passanten sehen nicht viel mehr als zwei dick behandschuhte Polizeihände, die eine Hand und ein Handgelenk verbergen. Die Behauptung, dass außer einem heftigen Schmerz kein dauerhafter Schaden bleibt, kann ich heute widerlegen. Die Hand blieb beeinträchtigt.
    Viele

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