Zeit, gehört zu werden (German Edition)
Ehren, ist eine Studentin, die von einem langen Gefängnisaufenthalt verwandelt wurde … Und darum erhebt sich die Frage … Wer war Amanda Knox am ersten November?«
Dann fiel er über mich her, als wäre ich eine Hexe, der im Mittelalter der Prozess gemacht würde.
»Also, wer ist diese Amanda Knox? Meiner Meinung nach wohnen zwei Seelen in ihrer Brust – die engelhafte und mitfühlende, sanfte und naive der heiligen Maria Goretti sowie die satanische, diabolische Luziferina, die dazu gebracht wurde, sich an extremen, grenzwertigen Handlungen zu beteiligen und ein zügelloses Benehmen an den Tag zu legen. Letztere war die Amanda vom 1. November 2007 … Es muss klar und deutlich gesagt werden: Amanda war ein Mädchen, das äußerlich sauber war, weil es innerlich schmutzig war, an Geist und Seele …«
Gott sei Dank ist man in Italien davon abgekommen, Menschen auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen! Pacelli hängt sich an die unbegründeten Anschuldigungen der Anklage. Wie kann er mit sich leben? Wie können sie das alle?
Der Zivilanwalt der Kerchers, Francesco Maresca, hob hervor, welch schreckliche Dinge Meredith angetan worden waren – von einer Gruppe. Das wusste er, weil Meredith, die Karate konnte, sich zweifellos gewehrt hätte, wenn es nur ein Angreifer gewesen wäre.
Wie kann irgendein Mädchen sich gegen einen Kerl wehren, der mit einem Messer bewaffnet ist?
»Es ist eine sehr lange Liste von Verletzungen: im Gesicht, am Hals, an den Händen, den Unterarmen und Schenkeln. Versuchen Sie zu verstehen, welches Entsetzen, welche Angst, welche Schmerzen dieses Mädchen in den letzten Sekunden seines Lebens angesichts der mehrfachen Angriffshandlungen erlitten hat, die von mehr als einer Person verübt wurden.«
Maresca verschwieg, was der Gerichtsmediziner der Anklage – die einzige Person, die Merediths Körper untersucht hatte – gesagt hatte: Man könne unmöglich feststellen, ob sie von einer oder mehreren Personen angegriffen worden war.
Wie Mignini kritisierte Maresca alle Medien, die seine Arbeit in Frage gestellt hatten. Doch was mich am wütendsten machte, war der falsche Gegensatz, den er zwischen den Kerchers und meiner Familie aufbaute.
»Sie werden sich daran erinnern, wie überaus gefasst Merediths Angehörige gewesen sind. Sie haben der Welt die Eleganz ihres Schweigens gezeigt. Wir haben von ihnen nie etwas im Fernsehen … in den Zeitungen gehört. Sie haben nie ein Interview gegeben. Es besteht ein abgrundtiefer Unterschied zwischen ihnen und dem Knox-Clan sowie dem Sollecito-Clan, wie man sie bezeichnet hat, die jeden Tag Interviews im Fernsehen und in Zeitschriften geben.«
Ich danke Gott für meinen »Clan«, dachte ich. Sie sind die Einzigen, die auf meiner Seite stehen.
Es war falsch von Maresca, meine Familie mit der von Meredith zu vergleichen.
Ich wusste, dass die Kerchers liebevolle Eltern und gute Menschen waren; das hatte ich daran gemerkt, wie Meredith über sie gesprochen hatte. Sie wusste dasselbe von meinen Angehörigen. Eines der Dinge, die uns verbanden, war, dass wir beide unseren Familien nahestanden. Merediths Familie trauert, aber meine Familie weiß, dass ich nicht der Grund für die Trauer der Kerchers bin. So wie Merediths Familie nach Perugia gekommen ist, um Gerechtigkeit für ihre Tochter zu suchen, ist meine gekommen, um Gerechtigkeit für mich zu suchen. Beide Familien sind gut. Beide tun ihr Bestes, nach bestem Wissen und Gewissen.
Schließlich waren wir an der Reihe.
Gott sei Dank sind wir nun endlich auf freundlichem Territorium!, dachte ich.
Ich hatte es gründlich satt, von allen aufs Korn genommen zu werden. Doch nun war ich vor Angst wie gelähmt. Das Ende war so nah! Die Heimreise zeichnete sich am Horizont ab.
Raffaeles Anwälte, Luca Maori und Giulia Bongiorno, arbeiteten daran, Distanz zwischen ihrem Klienten und Guede zu schaffen.
»Raffaele und Rudy Guede sind sich nie begegnet, sind nie zusammen ausgegangen und haben sich nie gesehen«, sagte Maori. »Die beiden jungen Männer gehörten zu völlig verschiedenen Welten und Kulturen. Raffaele kommt aus einer großen, gesunden Familie. Rudy hat seine Familie abgelehnt. Raffaele war immer ein vorbildlicher Schüler. Rudy hat sich nie für Schule oder Arbeit interessiert. Raffaele ist schüchtern und zurückhaltend. Rudy ist ungehemmt, arrogant und extrovertiert.«
»Komplizen, die sich nicht kennen …«, sagte Bongiorno und zog die Wörter in die Länge, um das Paradox zu betonen,
Weitere Kostenlose Bücher