Zeitbombe
runter in die Notaufnahme und frag nach. Vielleicht könntest du mir aber auch einfach vertrauen. Wie du mir einfach immer vertrauen solltest.«
Das saß.
»Ich glaube dir, Maria. Und du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich darüber freue.«
»Und du hast keine Ahnung«, fragte Lenz ein paar Minuten später, während der sie sich einfach im Arm gehalten und dem Herzschlag des anderen gelauscht hatten, »was mit deiner Handtasche passiert ist?«
»Keinen Schimmer. Aber einer der Polizisten ist während der Vernehmung raus zu seinem Wagen und hat über Funk mit der Besatzung des Notarztwagens gesprochen, und die haben gesagt, dass sie keine Tasche in meiner Nähe gesehen hätten.«
»Der Wohnungsschlüssel war in der Tasche?«
Sie nickte stumm.
»Dann müssen wir schnellstens das Schloss auswechseln lassen. War sonst noch etwas Wichtiges drin?«
»Ich weiß nicht. Was ist denn wichtig an den Dingen, die eine Frau in ihrer Handtasche spazieren trägt?«
»Kreditkarten? Scheckkarten?«
Maria winkte ab.
»Nein, nein, die hatte ich zu Hause gelassen. Ich hatte nur mein kleines Portemonnaie dabei, nicht das große, in dem die ganzen Karten stecken.«
»Dann müssen wir uns wenigstens darum nicht kümmern.«
»Ich mache dir schon viele Scherereien«, flüsterte sie, was Lenz mit einem Grinsen kommentierte.
»Erstens sind das keine Scherereien, denn du bist überfallen worden, und zweitens wäre es viel schlimmer, wenn ich mich nicht um dich kümmern könnte. Jetzt kann ich einfach so an deinem Krankenbett sitzen und dich umsorgen, ohne mich fürchten zu müssen, dass Erich Zeislinger hier auftaucht und seinen Besitz auf dich anmeldet wie beim letzten Mal.«
Er sprach von ihrem Krankenhausaufenthalt im Jahr zuvor, als Maria bei einem Verkehrsunfall lebensgefährlich verletzt worden war und ein paar Tage lang im Koma lag. Während dieser Zeit hatte der Kommissar sich nur durch die Hilfe einer ihm wohlgesonnenen Nachtschwester an ihr Krankenbett schleichen können.
»Ja«, bestätigte sie gähnend, »das ist wirklich eine schöne Veränderung meiner Lebensumstände.«
Lenz drückte sie noch einmal fest an sich, bevor er sich von ihr frei machte und aufstand.
»Ich muss mich darum kümmern«, meinte er mit Blick auf ihren verbundenen Kopf, »dass der Strolch, der dir das angetan hat, sich nicht auch noch in unserer Wohnung zu schaffen macht.«
»Du bist dabei aber ganz vorsichtig, ja? Nicht, dass er dir auch noch eins über die Rübe haut.«
»Da passe ich schon auf, mach dir keine Sorgen.«
Maria rutschte etwas tiefer ins Bett und zog die Decke bis an den Hals.
»Jetzt haben wir die ganze Zeit nur von mir geredet, Paul. Wie war denn dein Abend?«
Lenz hatte mit einer solchen Frage gerechnet, und trotzdem musste er schlucken, bevor er antworten konnte.
»Thilo und ich hatten einen Einsatz in Espenau. Eigentlich nichts Besonderes, wir wollten nur einen möglicherweise in die Sache involvierten Mann zum Tod der beiden Polizisten befragen. Aber dann ist die Situation eskaliert und es gab eine Schießerei. Leider ist dabei ein Mann ums Leben gekommen, ein zweiter wurde schwer verletzt.«
»Thilo?«
»Nein, der hat nichts abgekriegt, dem geht es so weit gut. Der Tote ist vermutlich Russe, bei dem anderen steht die Identität noch nicht fest.«
»Hast du ihn …?«
Der Kommissar atmete tief durch.
»Ich weiß es nicht, Maria. Thilo und ich haben beide auf ihn geschossen, wer letztendlich die tödliche Kugel abgefeuert hat, kann vermutlich nur die Kriminaltechnik klären.«
»Und du bist wirklich unverletzt geblieben?«
»Ja, bis auf eine kleine Schramme am Bein, aber die ist nicht der Rede wert.«
Sie schob die Decke zur Seite, ließ sich etwas unbeholfen aus dem Bett gleiten, trat schwankend auf ihn zu und umarmte ihn.
»Wie geht es dir sonst damit?«, wollte sie wissen, während ihre Hände sich zärtlich um seinen Hals legten.
»Beschissen«, gab er leise zurück, »obwohl der Kerl mit einem Schnellfeuergewehr auf uns zugestürmt ist und wir definitiv keine andere Wahl hatten, als ihn mit gezielten Schüssen zu stoppen.«
20
Lenz war, nachdem er Marias Krankenzimmer verlassen hatte, noch schnell bei der Notaufnahme vorbeigegangen und hatte sich nach den Russen erkundigt, die mit ihrem Fiat Ducato den Imbiss in Vellmar ruiniert hatten. Allerdings war keiner von beiden ins Klinikum Kassel eingeliefert worden. Der von ihm in Espenau angeschossene Mann war nach einer längeren Operation
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