Zeiten des Verlangens
darf aber nicht zur Gewohnheit werden«, sagte sie, doch dann gab sie nach.
Als alle draußen waren, schloss Sebastian die Tür. Und verriegelte sie.
»Soviel zu meiner Theorie, dass du dich auf männliche Autoren spezialisiert hast«, meinte er. »Das war ein guter Vorschlag. Ich bin froh, dass du dich eingebracht hast.«
Diesen Kommentar empfand sie als herablassend. »Ich habe kein Problem damit, mich einzubringen«, bemerkte sie spitz.
»Aber du hast ein Problem damit, Anweisungen zu befolgen. Wie ich sehe, trägst du nicht die Schuhe, die ich dir geschickt habe.«
»Ich will diese Schuhe nicht in der Arbeit tragen«, sagte sie nervös. Sie wusste, dass es lächerlich war, sich einschüchtern zu lassen wie ein kleines Mädchen, das eine Regel gebrochen hatte. Aber genauso fühlte es sich an.
»Wo sind sie?«
»Unter meinem Tisch.«
»Dann hol die Tüte mit den Dessous und den Schuhen. Und komm schnell wieder her.«
Er erteilte diesen Befehl, als wäre es gar keine Frage, dass Regina ihn befolgte. Allein schon deshalb wollte sie ihm sagen, er könne es vergessen – sie konnten diese Spielchen in Hotels und Restaurants spielen, aber nicht am Arbeitsplatz, bei allem, was recht war. Aber etwas hielt sie zurück. Ja, sie sollte das sagen, aber sie wollte es nicht. Vielmehr wollte sie herausfinden, wohin diese Sache noch führen würde. Denn wenn sie das nicht tat – wenn sie wegrannte –, unterschied sie sich dann noch von ihrer Mutter?
Ohne ihn anzusehen ging Regina schnell aus dem Saal und rannte die Treppe hinunter in den zweiten Stock. Sie eilte durch den öffentlichen Katalogsaal und hoffte, Sloan nicht zu begegnen. Es wäre schwierig, ihr zu erklären, warum sie hin und her lief.
Ein paar Leute standen an der Ausleihe, aber Alex kam allein zurecht.
»Kannst du wieder übernehmen?«, fragte er.
»Noch nicht – ich brauche noch ein paar Minuten«, murmelte sie. Sie brachte die Worte kaum über die Lippen. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. So musste es sich anfühlen, wenn man Drogen genommen hatte.
Sie langte an ihm vorbei und schnappte sich die Tüte.
15
Regina schloss die Tür vom Vorstandssaal. Sebastian kam auf sie zu und sperrte noch einmal ab. Er berührte sie nicht, doch ihre Schultern streiften sich, als er nach dem Türschloss langte.
Sie gab ihm die Tüte.
»Wieso gibst du sie mir? Zieh dich um!«, meinte er.
Sie stellte die Tüte auf den Tisch und zog die Schuhschachtel heraus. Dann zog sie ihre Schuhe aus und schlüpfte in die hochhackigen Pumps.
»Okay«, sagte sie und drehte sich zu ihm um.
»Viel besser«, stellte er fest. »Jetzt die Unterwäsche.«
Er wollte, dass sie sich hier und jetzt entkleidete? »Ich bin nicht … ich kann das nicht.«
Sebastian trat auf sie zu und schaute ihr in die Augen, indem er ihr Kinn mit Mittel- und Zeigefinger anhob. Sie hoffte, dass er sie küssen würde, und merkte, dass sie sich noch nie etwas so sehr gewünscht hatte.
»Regina, ich finde dich unglaublich schön. Und ich finde es fantastisch, dass dir das gar nicht bewusst ist. Ich brenne regelrecht darauf, dir deine Schönheit vor Augen zu führen, und ich will sie auch selbst erleben. Ich habe versucht, ganz offen zu dir zu sein. Ich wollte dir zeigen – so gut ich es eben kann –, was ich für ein Typ bin. Was ich mag. Aber jetzt merke ich, dass ich dich zu sehr in eine Richtung dränge, in die du gar nicht willst.« Er lächelte sie an, und dieses Lächeln war so anziehend, dass Regina fürchtete, etwas in ihr könnte zerbrechen.
»Es ist nicht so, dass ich nicht … in diese Richtung will«, entgegnete sie langsam, obwohl sie sich nicht ganz sicher war, worüber sie eigentlich sprachen. »Aber ich bin hier in der Arbeit.«
Er überlegte. »Ist es das, was dich zurückhält?«
Sie nickte. Es gab wahrscheinlich noch viele andere Dinge, die sie zurückhielten. Dinge, die sie jetzt nicht auf der Stelle analysieren wollte. Aber wenn sie fürs Erste mit der Arbeitsplatzausrede davonkam, war ihr das nur recht.
Sebastian nahm ihre Hand und zog sanft daran, sodass sie zwei Schritte auf ihn zuging. Er sah sie mit solcher Intensität an, dass sie Herzklopfen bekam und den Blick abwenden musste. Da küsste er sie auf den Handrücken, und sie sah ihn überrascht an.
Und dann spazierte er hinaus.
❊ ❊ ❊
Regina lag ausgestreckt auf ihrem Bett. Der Roman, den sie gerade las, lag aufgeklappt auf ihrer Brust. Fünf Minuten lang hatte sie auf die gleiche Seite, den
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