Zeiten des Verlangens
war eine willkommene Ablenkung von der unerwünschten Gesellschaft. Doch ein Blick auf Carly verriet ihr, dass ihre Mitbewohnerin die Lage ganz anders beurteilte. Sie neigte sich zu Brandon hin, schüttelte das Haar und lächelte, während er redete.
»He«, sagte Nick zu Brandon und Carly, »Audrina ist es zu laut. Vielleicht sollten wir woanders hingehen.«
Regina machte sich nicht die Mühe, ihren Namen zu korrigieren.
»Okay, los geht’s«, meinte Brandon. Carly nickte.
»Aber die Show hat doch noch gar nicht angefangen«, protestierte Regina mit einem Anflug von Panik. Sie würde auf keinen Fall mit diesen Typen weiterziehen, aber alleine in der Bar bleiben wollte sie auch nicht. Sie wusste nicht einmal, wo die nächste Subway-Station war.
Nick lachte. »Du bist lustig«, meinte er und berührte sie am Arm. Regina schüttelte ihn ab.
Die drei begannen, sich in Richtung Ausgang zu kämpfen.
Regina zupfte Carly am Hemd. »Moment, kann ich dich kurz sprechen?« Carly sagte etwas zu Brandon, dann ging sie ein Stück mit Regina an die Seite.
»Was ist los?«, fragte sie, und ihre braunen Augen waren glasig. Regina fragte sich, wann sie sich so schnell betrunken hatte. »Die zwei sind doch heiß. Du weißt, wie traurig ich wegen Rob war. Komm, wir amüsieren uns ein bisschen.«
»Ich geh da nicht mit, und du solltest meiner Meinung nach lieber auch nicht gehen«, erklärte Regina.
»Du musst dich wirklich mal locker machen«, entgegnete Carly und ging auf die Tür zu, wo die beiden Typen auf sie warteten. Regina sah ihr nach, bewegte sich aber nicht vom Fleck. Sie reagierte auch nicht, als Carly sich noch einmal umdrehte und sie zu sich winkte. Da zuckte Carly resigniert die Schultern. Regina sah zu, wie sie mit Brandon rausging, und bemerkte zu ihrem Schrecken, dass Nick zu ihr zurückkam.
»Wo liegt das Problem, Audrina? Glaub mir, du verpasst hier nichts. Ich verspreche dir, ich werde dich gut unterhalten.«
Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht.
»Ich will einfach nicht weiterziehen. Aber das soll euch nicht aufhalten. Ich bin mir sicher, ihr werdet euch bestens amüsieren.«
»Komm schon«, drängte er und kam ihr immer näher. »Ansonsten bin ich das fünfte Rad am Wagen. Das willst du doch nicht, oder?«
Regina sah zur Seite, überallhin, nur nicht auf ihn. Er rückte ihr viel zu dicht auf die Pelle, aber es gab kaum Platz, um auszuweichen. Und dann sah sie über seine Schulter hinweg etwas, das sie kaum glauben konnte.
Sebastian kam direkt auf sie zu.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich, während sie ihn wie gebannt ansah. Er bahnte sich seinen Weg wie ein Hai durchs Wasser, unbeeindruckt von dem dichten Gedränge.
Nick redete immer noch auf sie ein, doch sie hörte ihn nicht mehr. Binnen Sekunden lag Sebastians große Hand auf seiner Schulter und drehte ihn herum.
»Entschuldigung«, sagte er knapp und nahm Regina bei der Hand.
19
Schweigend fuhren sie mit dem Privatlift in Sebastians Loft.
Er hatte kaum etwas gesagt, seit sie das Nurse Bettie verlassen hatten. Vor der Bar hatten Wagen und Chauffeur auf sie gewartet, und er hatte ihr die Tür aufgehalten und sich dann schweigend neben sie gesetzt. Er wirkte angespannt und verärgert, und Regina traute sich nicht zu fragen, weshalb.
Als sie in der Wohnung waren, herrschte immer noch eine frostige Atmosphäre.
»Komm mit«, sagte er und ging auf den hinteren Teil des Apartments zu, ohne sie anzusehen. Regina stolperte hinter ihm her, und ihre Schuhe klackerten auf dem Holzboden.
Er führte sie vorbei an der ersten Wand mit Fotografien, dann an den erotischen Bildern und schließlich in einen Bereich des Lofts, den sie bei ihrem ersten Besuch nicht gesehen hatte. Sie waren in einem Gang, von dem zwei Räume abgingen. Als Regina in einen hineinsehen wollte, schloss er schnell die Tür.
»Hier entlang«, sagte er und öffnete die andere Tür. Regina trat ein und stand in seinem Schlafzimmer.
Die Wände waren in sattem Dunkelgrün gehalten, das breite Doppelbett war aus grobem, dunklem Holz. Eine Seite des Zimmers bestand vom Boden bis zur Decke aus Fenstern, die den Blick auf den Hudson freigaben. Eine andere Wand hing voller Gemälde, von denen Regina ein paar aus ihren Unibüchern kannte. Und sie bezweifelte, dass es Drucke waren. Eines kannte sie besonders gut: ein großartiges Gemälde von Marc Chagall mit einer Frau auf einem blauen Pferd. Hinter ihr saß ein Mann, die Arme um ihre Taille gelegt. Sein Gesicht war halb verdeckt
Weitere Kostenlose Bücher