Zeiten des Verlangens
Regina duckte sich und hoffte, dass Sloan sie nicht gesehen hatte.
Sie fuhren Richtung Norden und hielten nach ein paar Minuten vor dem Four Seasons Hotel. Regina fragte sich, ob Jess wohl wieder auf sie warten würde. Sie dachte an den ersten Abend mit Sebastian, wie sie die Dessous überfordert hatten und sie in den hochhackigen Schuhen herumgestakst war, und staunte, wie viel in dieser kurzen Zeit passiert war.
Der Fahrer öffnete ihr die Tür.
»Mr. Barnes bittet Sie, sich am Empfang zu melden«, sagte er.
»Äh, in Ordnung. Danke.«
Sie betrat das elegante Foyer aus Sandstein und war erneut überwältigt, wie schön und groß es war.
Als sie sich dem Empfangsschalter näherte, begann sie vor Nervosität zu schwitzen und zupfte am Ausschnitt ihres blaukarierten Sommerkleides.
»Herzlich willkommen im Four Seasons. Was kann ich für Sie tun?« Der junge Mann sah sie mit einem breiten Lächeln und wachen Augen an, sodass seine Frage ehrlich und nicht routiniert wirkte.
»Mein Name ist Regina Finch. Hat hier vielleicht jemand etwas für mich hinterlassen?«
»Ach ja.« Der junge Mann griff unter den Tisch und holte eine Schlüsselkarte hervor.
»Zimmer 2020. Genießen Sie Ihren Aufenthalt, Ms. Finch.«
Regina nahm die Karte und ging zu den Aufzügen. Um sich herum hörte sie ein Durcheinander aus verschiedenen Sprachen. Die meisten Leute gingen zügig und wirkten zielstrebig, manche trugen förmliche Abendkleidung, andere Businessanzüge. Sie sah auch ein paar Touristen in Shorts und T-Shirts, aber sie waren die Ausnahme.
Mit einem dezenten Ton hielt der Aufzug im zwanzigsten Stock. Regina trat auf den stillen Gang. Hier war es gefühlte zehn Grad kühler als in der Lobby, und sie bekam Gänsehaut auf den Armen.
Regina schob die Karte in den Türschlitz und betrat noch einmal Zimmer 2020.
»Willkommen, Ms. Finch.«
Regina drehte sich nach der Stimme mit dem harten, osteuropäischen Akzent um. Zu ihrer Enttäuschung wartete nicht Jess auf sie, sondern eine baumlange Blondine mit bordeauxrotem Lippenstift und kalten blauen Augen.
»Ich bin Greta und werde Ihnen heute Abend behilflich sein. Mr. Barnes hat Ihre Garderobe im Schlafzimmer hinterlegt. Bitte ziehen Sie sich so schnell wie möglich um und rufen Sie mich, wenn Sie etwas brauchen.«
Die Frau trug die Hoteluniform, bestehend aus einem marineblauen Kostüm, Strumpfhose und flachen Schuhen. Doch an ihr wirkte das Ensemble eher militärisch, als dass es nach Firmenkleidung aussah.
»Arbeiten Sie … für Sebastian?«, fragte Regina.
»Nein, ich bin eine Hotelangestellte. Mr. Barnes ist ein hochgeschätzter Kunde, und wir tun unser Bestes, um ihn in jeder Hinsicht zufriedenzustellen.«
» Okay … danke«, sagte Regina und hoffte inständig, das s sie keine Hilfe benötigte, denn von dieser Frau wollte sie sich auf keinen Fall anziehen lassen.
Regina schloss die Schlafzimmertür. Dieses Mal lagen keine Einkaufstaschen auf dem Bett, sondern ein schwarzes Satinkorsett und ein schwarzer Lederrock, beides mit komplizierter Schnürung auf der Rückseite.
O nein , dachte Regina. Da komme ich niemals ohne Hilfe rein.
Und dann fiel ihr Blick auf die Schuhe vor dem Bett: Schwarze Plateauschuhe aus Lackleder mit fünfzehn Zentimeter hohen Sohlen und breiten Lederriemen mit Schnallen um die Knöchel. Sie erinnerten eher an Folterinstrumente als an Schuhe.
Regina zog sich das Sommerkleid über den Kopf, faltete es und legte es aufs Bett. Dann betrachtete sie Korsett und Rock und erkannte, dass sie keine Unterwäsche darunter tragen konnte. Sie öffnete ihren BH , streifte den Slip von den Hüften und schlüpfte mit den Füßen heraus. Dann legte sie alles auf ihr Kleid.
Vollkommen nackt und fröstelnd beäugte sie das Korsett argwöhnisch. Sie war fest entschlossen, sich selbst zu bekleiden, und überlegte, wie sie vorgehen sollte. Sie würde das Korsett gerade so weit aufschnüren, dass sie hineinsteigen konnte. Dann müsste sie die Schnürbänder hinter dem Rücken wieder zuziehen. Vielleicht musste die Frau aus dem Nebenraum die Bänder ganz am Schluss zusammenbinden, aber mehr auch nicht.
Doch bald erkannte Regina, wie sehr sie sich verschätzt hatte. Mit den schmerzenden Schultern konnte sie unmöglich weit genug nach hinten greifen.
Verzweifelt wandte sie sich dem Rock zu. Wenigstens den konnte sie allein anziehen – sie wollte möglichst viel tragen, bevor sie um Hilfe bat. Aber der Lederrock war hinten praktisch offen und wurde nur von einer
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