Zeiten des Verlangens
ihre Arme los, und sie richtete sich langsam auf und rieb sich die Handgelenke. »Doch … aber ich konnte doch nicht sicher sein. Und allein der Gedanke, dass Leute vorbeikamen … und mich ansahen.« Sie saß jetzt und schielte argwöhnisch zur Tür. Sebastian stand auf und schloss sie.
»Wir bekommen Probleme«, sagte sie.
»Ganz ruhig … du musst dich beruhigen.« Sebastian setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schulter. »Ich wollte dich nicht aus der Fassung bringen. Ich experimentiere gern mit Grenzen. Es … kann Leute einander näherbringen. Eine Beziehung intensivieren.«
»Es ist okay«, sagte sie. Und so empfand sie es auch.
»Willst du gehen?«, wollte er wissen.
»Ja.« Und auch das entsprach der Wahrheit.
34
Regina fuhr mit dem Fuß am Badewannenrand entlang.
Das Schaumbad reichte fast bis zum Rand. Sie atmete tief ein und inhalierte den wohltuend warmen Lavendelduft des Wassers.
Sebastian hatte genau gewusst, was zu tun war, als sie in seine Wohnung zurückgekommen waren. Er hatte ihr aus dem Morgane-Le-Fay-Kleid geholfen, sie in ein großes, weiches Badetuch gewickelt und auf direktem Weg ins Bad gebracht.
Und sie allein gelassen, damit sie sich entspannen konnte.
Sie wusste nicht, wie lange sie schon in dieser Wanne lag. Ihre Finger und Zehen waren bereits schrumpelig. Sie war entspannt und überdreht zugleich. Und sie wollte nicht mehr allein sein.
Mit dem Fuß betätigte sie den Hebel, um das Wasser abzulassen. Sie stand auf, fühlte sich vorübergehend etwas schwindelig und hüllte sich in ein weißes Handtuch. Dann trocknete sie sich den Nacken und nahm die Spange aus dem Haar, sodass es um ihre Schultern fiel. Als sie in den Spiegel blickte, sah sie, dass ihre Augen ganz schwarz vor verschmiertem Kajal und Mascara waren. Mit einem Taschentuch säuberte sie sich, so gut es ging.
Dann tappte sie leise ins Schlafzimmer.
»Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr.« Sebastian grinste. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt weiße Boxershorts und ein hellblaues Buttondown-Hemd, das er offen gelassen hatte, mit hochgekrempelten Ärmeln. Sie liebte ihn in Hemden, wenn sich die dunklen Nackenhaare leicht auf dem Kragen kräuselten. Er sah so hinreißend gut aus, dass ihr alles, was sie sich in der Badewanne überlegt hatte, sehr viel schwerer fallen würde.
Sie entdeckte zwei Gläser Weißwein auf dem Nachttisch. Er folgte ihrem Blick, langte nach einem und reichte es ihr.
»Danke«, sagte sie. Der Wein war kalt und frisch und schien ihr in diesem Moment das Beste zu sein, das sie je gekostet hatte.
Er saß auf der Bettkante, und sie setzte sich neben ihn, leicht schräg, sodass sie ihn anschauen konnte. Er lächelte sie an, und beim Anblick seiner Grübchen wäre sie fast eingeknickt. Aber sie erlaubte sich keinen Rückzieher.
»Sebastian, ich weiß es zu würdigen, dass du diese ganze Nacht inszeniert hast, weil du über das fehlende Vertrauen in unserer Beziehung nachgedacht hast. Aber durch solche Aktionen werden wir kein Vertrauen aufbauen. Oder uns kennenlernen. Zumindest nicht so, wie ich es will.«
»An was hattest du denn gedacht?«, fragte er mit seinem typischen schelmischen Unterton.
»Du hast dich über mich geärgert, weil ich dir meine Jungfräulichkeit verschwiegen habe – weil ich nichts von meiner sexuellen Unerfahrenheit gesagt habe. Aber du erzählst mir nichts von wichtigen Ereignissen in deiner Vergangenheit, aus deinem Leben.«
»Aber natürlich tue ich das«, widersprach er. »Und ich habe dir gesagt, dass mir die Sache mit Sloan leid tut …«
»Es geht nicht um Sloan. Zumindest nicht nur. Kennst du Margaret aus der Bibliothek? Sie hat mir von deiner Mutter erzählt.«
Sebastians Lächeln erstarb. »Ist sie nicht ein bisschen zu alt für Tratsch?«
»Sie hat nicht getratscht. Sie hat uns neulich aus dem Zimmer im dritten Stock kommen sehen. Ich schätze, sie wollte, dass ich etwas über den Mann weiß, mit dem ich … zusammen bin.«
»Aber sie hat dir nichts über mich erzählt, oder? Sie hat dir nur von meiner Mutter erzählt.«
»Komm schon. Tu nicht so, als wüstest du nicht, was ich sagen will. Warum hast du mir nicht die ganze Geschichte über deine Mutter erzählt? An meinem Geburtstag haben wir auch über unsere Eltern geredet, und du hast die Sache mit keinem Wort erwähnt. Warum nicht?«
»Weil es – wie schon bei Sloan – nichts mit uns zu tun hat.«
»Aber das stimmt doch nicht. Wie können wir uns vertrauen, wenn wir
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