Zeiten des Verlangens
Christopher Street.
»Deswegen brauche ich ja auch deine Hilfe. Ich dachte, entweder hole ich mir im Internet Tipps von irgendwelchen Leuten – oder ich engagiere meine private Modeexpertin.«
»Ich bin Designerin, nicht Personal Shopper«, murrte Carly, aber Regina wusste, dass sie Spaß an der heutigen Mission hatte. »Wenn wir Glück haben, finden wir alles in zwei Läden. Und Korsage und Strumpfhalter hast du wirklich schon?«
»Ja«, antwortete Regina errötend. Die Korsage hatte sie ganz hinten in ihre Kommode gestopft. Sie hatte das Ding n icht mehr angeschaut seit jener Nacht, als Greta sie hineingeschnürt hatte – in der Nacht, als Sebastian ihr den Butt-Plug verpasst hatte.
Der erste Laden hieß »My Cross to Bare«, und im Fenster standen gertenschlanke, weiße Plastikschaufensterpuppen in Korsagen mit Lederkappen, Plateauschuhen und Handschellen.
Carly drückte eine kleine weiße Klingel an der Tür, und sie wurden eingelassen.
Drinnen liefen ein paar Verkäuferinnen umher, aber keine machte Anstalten, sie zu bedienen. Vermutlich wusste ihre Kundschaft für gewöhnlich, was sie wollte und wo sie es fand.
Carly strich ihr Haar zurück, band es zu einem losen Pferdeschwanz, und blickte auf die Liste. Sie stemmte die Hände in die Hüfte, als würde sie sich auf eine Schlacht vorbereiten, dann ging sie im Laden umher und sammelte die benannten Gegenstände ein: lange Lederhandschuhe in Schwarz und ein Paar in Weiß, eine schwarze Samtkorsage mit langen, sichtbaren Haken am Rücken, einen Flogger mit schwarzem geflochtenem Griff und rot-schwarzen Riemen, eine lange, imposante, aber unpraktisch aussehende Peitsche und eine fünfunddreißig Zentimeter lange Reitgerte.
»Das war einfach«, sagte sie und überreichte Regina den Stapel. »Kannst du mir jetzt sagen, was das Ganze soll?«
»Das ist meine Version davon, mich mit Sebastian in der Mitte zu treffen.«
»Verstehe ich nicht«, meinte Carly.
»Ich weiß … es ist schwer zu erklären. Ich beginne selbst erst, das Ganze zu verstehen.«
Eine asiatische Verkäuferin erschien. »Braucht ihr eine Umkleidekabine?«
»Nein, danke. Wir nehmen das alles«, sagte Carly und lächelte Regina an.
❊ ❊ ❊
Als Regina vor seiner Tür stand, war zur Abwechslung einmal Sebastian überrascht.
Lächelnd nahm er ihr die zwei großen Segeltuchtaschen ab.
»Eine Woche lang redest du nicht mit mir, und jetzt ziehst du hier ein?«, scherzte er. Er freute sich sichtlich, Regina zu sehen.
Und anders als vor ein paar Tagen auf der Straße blickte sie ihm diesmal sofort in die Augen. Und wusste auf der Stelle, dass sie das Richtige tat. Wenn es denn funktionierte.
»Na ja, die Sendepause hat uns nicht weitergebracht. Ich dachte, es wäre an der Zeit, es mit einer anderen Taktik zu versuchen.« Sie lächelte, obwohl sie innerlich zitterte. Was, wenn er Nein sagte? Was, wenn ihm ihr Vorschlag nicht gefiel? Was, wenn er so nicht arbeiten konnte?
Er nahm ihre Hand und führte sie in sein Wohnzimmer.
»Und was genau hätte uns die Sendepause bringen sollen?«, fragte er und ließ sich neben ihr nieder.
»Sie sollte mir beim Nachdenken helfen – denn in deiner Nähe kann ich einfach keinen klaren Gedanken fassen. Alles … verschwimmt.« Selbst jetzt war es irritierend, ihm so nah zu sein. »Ich musste mir darüber klarwerden, was ich will – und was ich bereit bin, zu geben.«
»Ich muss gestehen – und vielleicht liegt das daran, dass ich eine totale Niete bin in Sachen emotionaler Nähe –, ich habe keine Ahnung, was das alles soll.«
Regina schluckte. »Na ja, letzte Woche, nach dem Abend im Jane Hotel, sagte ich doch, dass ich mehr von einer Beziehung erwarte. Dass ich dich kennenlernen will. Und du wurdest wütend, als ich erzählte, was ich von Margaret erfahren hatte. Und vielleicht war es meine Schuld – ein unbeholfener Versuch, in eine Unterhaltung einzusteigen. Aber dann hast du mir klipp und klar gesagt, dass du an einer derartigen Beziehung nicht interessiert bist. Und diese Barriere schien uns beiden unüberwindlich, habe ich recht?«
Er nickte. »Aber dann …«
»Ja, ich weiß«, fuhr sie eilig fort. »Dann bist du diese Woche nach der Arbeit zu mir gekommen und wolltest reden, und ich sagte … na ja, ich weiß nicht mehr genau, was ich gesagt habe.«
» Lass es mich kurz zusammenfassen: ›Zu wenig, zu spät‹« , sagte Sebastian, aber sein Blick war voller Zuneigung.«
»Ja … irgendetwas in der Richtung. Aber ich glaube, in
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