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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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dass sie aus der Zukunft kommen. Und zwar aus einer entfernten.«
    »Oder aus einer entfernten Galaxis«, beharrte ich.
    »Wie auch immer. Jedenfalls ist José ein Bewahrer. Genau wie Esperanza.«
    »Bewahrer?«
    »Es gibt drei Gruppen bei unserem Verein. Die Bewahrer, die Beschützer und die Boten.«
    »Bartolomeo ist ein Bote«, sagte ich, erfreut, bereits eigene Kenntnisse beisteuern zu können. »Boten können nicht in der Zeit reisen, bloß die Beschützer und die Bewahrer. Du bist ein Beschützer, oder?«
    Als er nickte, fragte ich: »Was genau machen die Bewahrer?«
    »Sie geben die nötigen Anweisungen. Außerdem koordinieren sie sozusagen alles und begleiten die Übertritte.«
    »Was meinst du mit begleiten ?«
    »Sie sind bei jedem Durchtritt dabei. Ohne einen Bewahrer kann ein Beschützer nicht durch das Portal gelangen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du ganz schön aufgeschmissen wärst, wenn diesem José oder der alten Esperanza hier zufällig etwas passiert?«
    »Das ist ein Risiko, das ich eingehen muss, nachdem ich mich einmal auf dieses Abenteuer eingelassen habe«, gab er zu.
    »Du hast mir noch nichts von der Spezialbehandlung erzählt, durch die du zum Zeitreisenden wurdest.«
    »Ich blickte in einen Spiegel.«
    »Was für ein Spiegel?«, wollte ich verdutzt wissen.
    »Ein ganz unscheinbares altes Ding. Stand zwischen alldem Gerümpel im historischen Archiv der Fakultät. José zog die Umhüllung weg und ließ mich hineinsehen. Und was ich darin sah, schockierte mich sehr.«
    »O Gott, sag mir bitte, dass José dich nicht in einen Alien verwandelt hat!«, bat ich erschrocken.
    »Er hat mich nicht in einen Alien verwandelt«, sagte Sebastiano bereitwillig. Erneut grinste er. Dann wurde er ernst. »Aber ich sah etwas in dem Spiegel, was mir auch nicht viel besser gefiel. Nämlich das, was aus Venedig wird, wenn man zulässt, dass hier gewisse Dinge geschehen.«
    »Du meinst, in der Vergangenheit, also in dieser Zeit? Es geht um Alvise, oder?«
    Sebastiano nickte. »Er wird Trevisan als einzigen ernst zu nehmenden politischen Gegner ausschalten. Dann wird er sich mithilfe seines Vaters zum Herrscher der Republik aufschwingen. Danach wird er die Macht auf eine Weise an sich reißen, die es ihm ermöglicht, Entscheidungen von weitreichender Bedeutung ohne Beteiligung des Rats zu treffen. Das Gleichgewicht der Diplomatie, mit deren Hilfe Venedig die im nächsten Jahrhundert anstehenden kriegerischen Konflikte überstanden hätte, wird außer Kraft gesetzt. Alvise strebt danach, Venedig eine führende Rolle in der Kolonialisierung der neuen Kontinente zu verschaffen, eine Weltmachtstellung, wie Spanien und England sie innehaben werden. Darüber wird es in weniger als hundert Jahren zu einem mörderischen Krieg kommen, bei dem ganz Venedig von einer Allianz der Spanier, der Engländer und der Franzosen in Schutt und Asche gelegt werden wird. Die Stadt wird vollständig vernichtet. Ein paar Jahre später wird es hier nur noch unbewohnte Inseln voller Sumpfgras und Ruinen geben.«
    Atemlos hatte ich seinen Ausführungen gelauscht, doch nun schüttelte ich irritiert den Kopf. »Dazu wird es nicht kommen, denn dann gäbe es die Stadt doch in unserer Zeit nicht mehr! Ich habe aber selbst gesehen, dass noch alles stand! Niemand hat Venedig niedergebrannt, nicht mal Napoleon!«
    »Das ist der Stand der Dinge – im Moment noch. Aber wenn ich das nächste Mal in unsere Zeit zurückreise, könnte bereits die veränderte Zukunft in Kraft getreten sein. Eine Zukunft, in der Venedig zerstört ist. Niemand wird mehr an den bisherigen Geschichtsverlauf denken. Er wäre einfach weg, genau wie die Stadt.«
    »Du meinst, die Erinnerungen aller Leute auf der Welt würden sich dann ändern? So ähnlich wie bei den Tasselhoffs?«
    »Sicher. Das ist das Prinzip.«
    »Aber wir erinnern uns! Wieso passt sich unsere Erinnerung nicht an?«
    »Wenn wir den ursprünglichen Verlauf vergessen würden, könnten wir nicht eingreifen, um ihn zu bewahren«, erklärte Sebastiano. »Also behalten wir alles im Gedächtnis, um tun zu können, was wir tun müssen.«
    »Hängt das damit zusammen, dass diese Alten uns irgendwie … spezialbehandelt haben?«
    »Das nehme ich an.«
    Ich nickte langsam, denn das klang alles nachvollziehbar. Absolut schräg und verrückt natürlich, aber logisch.
    Doch eines war unklar. »Was bin ich denn ich für eine Sorte? Bewahrer, Beschützer oder Bote?« Grübelnd

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