Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
Francisco mit seinem Bericht.
»Es ist erstaunlich, wie viele Menschen bereit sind, sich mit dem Bösen zu verbinden, selbst wenn es für sie eine Gefahr darstellt«, eröffnete er uns. »Die Comtesse de Garandout war für Schmeicheleien sehr empfänglich, und als ich ihr ein besonderes Talent im Aufspüren und Pflegen menschlicher Kontakte unterstellte, da berichtete sie mir erfreut, dass die Rekrutierung menschlicher Handlanger für die Sybarites dank ihr schon eine recht lange und erfolgreiche Tradition habe. So hat Madame de Garandout bereits im 12. Jahrhundert als Maîtresse de Recrutement für die Sybarites gearbeitet und es geschickt verstanden, sich hochrangige Beamte der Krone untertan zu machen.«
»Welche Methoden wendet Madame de Garandout dabei an?«, fragte Giles neugierig. »Besticht sie die Leute? Oder erpresst sie sie mit irgendeinem Geheimnis? Oder droht sie sie zu töten?«
»Es ist eine Mischung aus allem«, antwortete Francisco. »Sie besitzt sehr ausführliche Dossiers über die Menschen, die in den Diensten der Sybarites stehen, oder sich auch potentiell dafür eignen, und kann daher recht gut beurteilen, auf welche Weise sie eine Person manipulieren kann. Viele sind zum Beispiel so machthungrig, dass sie sie mit der Zusage locken kann, sie in Vampire zu verwandeln und somit Unsterblichkeit zu erlangen, was natürlich ein leeres Versprechen ist. Andere erpresst, besticht oder bedroht sie – je nachdem, wofür sie am ehesten empfänglich sind.«
»Und wenn ein Mensch wortbrüchig wird?«, fragte ich. »Oder eventuell nach mehr Macht giert?«
»Dann macht sie kurzen Prozess«, erklärte Francisco finster. »Erinnert ihr euch an die Giftaffäre vor einigen Jahren, die Affaire des Poisons, während der zahlreiche Mitglieder des Adels ermordet wurden? Viele der Beteiligten standen in den Diensten der Sybarites, darunter auch Catherine Monvoisin. Monvoisin, die auf eine baldige Verwandlung in eine Vampirin gehofft hatte, ging damals so blutrünstig und auffällig vor, dass die Comtesse de Garandout den Ermittlern einen Tipp zukommen und Monvoisin und ihre Schergen so aufliegen ließ. Sie wurden bald darauf hingerichtet. Garandout hatte in diesem Fall Abstand davon genommen, Monvoisin selbst töten zu lassen, da der Öffentlichkeit auf diese Weise weisgemacht werden konnte, dass nun alle Hintermänner der Giftaffäre eliminiert seien.«
»Und normalerweise tötet Garandout einen abtrünnigen Handlanger selbst?«, hakte Maddy nach.
»Ja«, bestätigte Francisco nachdrücklich. »Vielleicht erinnern sich ein paar an Pierre Flote? Er war von 1297 an Siegelbewahrer und Kanzler Frankreichs unter König Philipp IV. und stand in den Diensten der Sybarites. Später bekam er Skrupel und wollte sich dem König anvertrauen. Garandout ließ ihn daraufhin töten. Offiziell hieß es damals, Flote sei in der Sporenschlacht bei Kortrijk gefallen.«
»Hast Du etwas darüber herausfinden können, welche Menschen jetzt aktuell in den Diensten der Sybarites stehen?«, fragte Miguel.
»Die Comtesse hat mir mit Sicherheit nicht alle genannt«, erklärte Francisco, »aber ein paar Namen hat sie dann doch fallenlassen, um mich mit der Reichweite ihres Einflusses zu beeindrucken. Wir wissen ja bereits, dass der Marquis de Sourches den Sybarites für ihre Veranstaltungen Zugang zu vielen königlichen Residenzen und Gärten verschafft. Darüber hinaus scheint unter anderem auch Gabriel Nicolas de la Reynie, der Polizeipräfekt von Paris für die Sybarites zu arbeiten, was erklärt, warum es nie eine polizeiliche Ermittlung gegen sie gibt. La Reynie war übrigens auch der Hauptermittler in der Giftaffäre. Ein weiterer Handlanger ist Henri François d'Aguesseau, Generaladvokat des Königs am Gerichtshof Châtelet, ebenfalls eine sehr nützliche Verbindung. Und wenn ich den versteckten Andeutungen der Comtesse de Garandout Glauben schenken darf, steht sogar Godefroy Maurice de La Tour d'Auvergne, der Duc de Bouillon, in den Diensten der Sybarites.«
Francisco sah uns bedeutungsvoll an. Der Duc de Bouillon war der Großkammerherr von Frankreich. Er war damit nicht nur Bewahrer des Geheimen Staatssiegels und zur Unterschrift von wichtigen Urkunden und Briefen des Königs bevollmächtigt, sondern saß darüber hinaus auch als Richter bedeutenden Gerichtsverhandlungen vor und hatte beim Empfang von Botschaftern den zweithöchsten Rang inne. Mit einem derart einflussreichen Mann in ihren Diensten standen den Sybarites
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