Zeitreise ins Leben (German Edition)
Staunen herauskamen. Die Zeit, die wir so verbrachten, war von ihrer Dauer nicht abschätzbar und als die Wellen des Schocks endgü l tig verblassten, war ich nur noch verwirrt über unser beider Verhalten. Seine Wandlung konnte ich nicht nachvollziehen, obwohl sie wie eine Entschuldigung war, die nie ausgespr o chen worden war und die ich auch nie verstanden oder akzeptieren hätte. Doch es zählte nur sein Trost, seine Umarmung, um nicht aufz u geben.
Vorsichtig wischte er meine Tränen fort und als er mich küsste, war die Erinnerung an se i ne Gewalt so stark, dass ich schmerzlich zusammenzuckte. Doch er gab nicht auf, ließ seine Lippen weiter über meinen Mund wandern und gestaltete sein Kuss gefühlvoll und sanft. Zärtlich berüh r te er mich mit seiner Zunge, erforschte liebevoll jedes Detail und das Glück, das ich dabei empfand, erschien unpassend, aber echt . Mein Körper reagierte auf seine B e rührungen, aber viel mehr reagierte ich auf das Gefühl, das von ihm ausging. Ich wusste nicht wie oder wann es passiert war, doch seine Zuneigung war nun deutlich spürbar . Vie l leicht war es nur ein Trugbild des Schocks oder eine dieser seltsamen Beziehungsabnormit ä ten zw i schen Geisel und Geiselnehmer, Hure und Zuhälter. Doch egal, was ich mir auch dazu übe r legte , e s war wie ein warmes, festes Handtuch nach einem eisigen Bad . W ie Stille nach furchtbarem Lärm. Seine Zärtlichkeit sog ich wie eine Ertrinkende auf, um Halt zu finden. Es war absurd und doch wie eine natürliche Reaktion. Ich rückte n ä her zu ihm, denn ich wollte mehr von seinem Wohlwollen , seiner Therapie und ... seiner Liebe . O bgleich ich mich fra g te, wie so etwas möglich war, berührte ich ihn ebenso selbstverständlich und schenkte ihm me i nerseits Zärtlichkeit. Sein Verlangen stieg und in seinen Augen konnte ich eine Wä r me sehen, die ich dort niemals vermutet hätte. Verwundert über das WIE, aber glücklich über das JETZT, tauchte ich in diese Wärme ein, schob alle Gedanken fort und fra g te kein einziges Mal nach dem W A RUM.
Wir sprachen kein Wort, drängten zueinander und vereinigten uns in Liebe. Nicht stü r misch, sondern behutsam und gefühlvoll . Die geschlagenen Wunden sollten nicht noch ei n mal aufbrechen, sondern heilen. Friedrich war wie ausgewechselt und ich so durche i nander, dass ich gar nicht fassen konnte, welche Schönheit wir mit einem Mal miteinander teilen konnten.
Gewalt, Macht und selbst die ungeheure Wut war verdrängt worden durch eine Verbunde n heit, die wir beide bis zu diesem Moment nicht bezweckt und auch nicht gewollt hatten. Sel t sam berührt blickten wir uns nach unserer Erfüllung an und wussten, dass wir u n seren Hass besiegt hatten. Das Wort Liebe wollte ich dennoch dafür nicht in den Mund nehmen, denn dafür war ich zu sehr mit Raimund verbunden. Die Liebe zu ihm war unbestritten, sogar stärker als zuvor , d och Raimund war nicht Teil dieses Moments, genauso wenig, wie er Teil der brutalen Gewalt gewesen war. Nicht einmal in Gedanken wollte ich ihn damit bes u deln . Wenigstens hatte ich nicht das Gefühl von Verrat, denn dieses Mal hatte ich mich mit allen Mitteln gewehrt . Ledi g lich die Versöhnung war etwas, das ich nicht zuordnen konnte, ahnte aber, dass Friedrich selbst Opfer seiner eigenen Rachegelüste geworden war. W as hier pa s siert war, widersprach jeder Norm und jeder Regel und hatte eine ungewohnte Ehrlichkeit zw i schen uns erschaffen .
Am nächsten Morgen erwachte ich alleine. Obwohl wir beide vollkommen erschöpft eing e schlafen waren, hatte Friedrich das Bett irgendwann leise verlassen. Sein Geruch haftete j e doch noch an den Kissen und selbst an meinem Körper.
Was für eine verruchte Nacht! L an g sam ließ ich meine Finger über die Stelle gleiten, wo er bis vor kurzem noch gelegen hatte. Mein ganzer Körper schmerzte und sobald ich nur ein klitzekleines Quäntchen Erinnerung an das „davor“ zuließ, verspürte ich einen starken Wü r gereiz. Die Versöhnung mit Friedrich mochte unverständlich sein, war aber eine wunderbare Erinn e rung. Hinter all der Verwirrung und dem Schönen saß jedoch auch etwas teuflisch Schwarzes, das mit grässlich langen Kra l len nach mir schnappte . In meinem Kopf hörte ich Nägel auf einer Schultafel schaben und kratzen. Schnell lenkte ich meine Geda n ken zurück auf Friedrichs
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