Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitreise ins Leben (German Edition)

Zeitreise ins Leben (German Edition)

Titel: Zeitreise ins Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
Vom Netzwerk:
ich, nur um nichts mehr sagen zu müssen. Holborn verabschiedete sich ruppig und stapfte mit großen Schritten davon, um den Burschen zu suchen.
                  Geschnüffelt ! A n meinem Umhang ! Das war freilich neu! Sehr neu sogar und irgendwie auch charmant . Zumindest wusste ich plötzlich nicht, ob ich weiterhin verlegen sein , mich g e schmeichelt fühlen oder einfach nur lachen sollte ... perlend laut und endlich etwas mehr u n bekümmert.
     
    Den Rest des Tages verbrachte ich mit Spaziergängen und Erkundungen und war darin so vertieft, dass es bereits dämmerte, als ich zurück zum Haupthaus kam. Es war höchste Zeit für das Abendbrot und ich so hungrig, dass ich eine halbe Kuh hätte verspeisen können. E i ligst machte ich mich auf den Weg in den Speisesaal und staunte nicht schlecht, als der im warmen Kamin- und Kerzen licht erstrahlte und die angenehme Atmosphäre vom Frühstück noch toppte. Hanna erwartete mich bereits und saß am selben Platz wie heute Morgen. Der Tisch war gedeckt und wirkte stellenweise richtig überladen mit seinen Schüsseln aus Holz, den vielen Bechern aus Zinn und einem Besteck, das in seiner Übergröße wie aus einem Mä r chenland war . Mit e i nem Lächeln setzte ich mich neben Hanna. Das junge Mädchen, das die heiß dampfende Suppe servierte, hieß Marie und war wohl nicht älter als zwölf oder dreizehn. Sie war ein süßes Ding, wenn auch ein wenig nervös und ung e schickt. Der Duft der Suppe war ungewöhnlich, der Geschmack der Fleischklößchen scharf und blumig zugleich – e ine Mischung, wie ich sie nicht kannte und auch nicht zuordnen konnte. M u tig löffelte ich weiter und wunderte mich über manch komisches Ding, das aus der Brühe auftauchte . Nicht alles mochte ein Fleischklößchen sein, aber ich hütete mich davor, Genaueres zu eruieren. Schließlich hatte ich Hunger wie ein Bär. Der Hauptgang bestand dann aus Fisch, der in se i nem zerkochten Zustand als solcher nicht mehr erkennbar war. „Karpfen in schwa r zer Soße“ wurde das Gericht genannt und bot eine eigenartige, Mischung aus süßem Lebkucheng e schmack mit salziger Fischnote . Der Haup t gang war zweifelsfrei noch gewöhnungsbedürftiger als die Suppe, doch je länger ich ihn pr o bierte, desto besser fand ich ihn auch. Auf Gräten musste man besonders aufpassen, doch am Ende konnte ich gar nicht genug bekommen von dem leckeren Etwas . Alles in allem waren die Speisen komplett anders zubereitet als zu me i ner Zeit. Außergewöhnliche Bestandteile wurden miteinander verbunden und mit ungewöh n lichen Gewürzen verfe i nert. Aber ich war neugierig und fand es spannend, probierte von allem und hoffte auf einen guten Verdauungsapparat in diesem neuen Körper. Während ich mich also durch alle kulin a rischen Ungewöhnlichkeiten arbeitete, erzählte mir Hanna vom Leben im Jahr 1212.
                  „Es ist die Zeit von Wolfram von Eschenbach“, begann sie überschwänglich und mit einem Funkeln in den Augen, das ihre Liebe zu diesem Jahrhundert bestätigte. „Und von Wa l ther von der Vogelweide! Du hast übrigens Glück, Elisabeth, denn das Rittertum befindet sich zu r zeit in seiner absoluten Hochblüte, was natürlich auf die umstrittenen Kreuzzüge und ihre Einträglichkeit zurückzuführen ist .“
                  Puhh ... ich war ganz schön überrascht. Alle beiden Berühmtheiten kannte ich und beso n ders Wolfram von Eschenbach war mir durch seinen Parzival ein Begriff . In jungen Jahren hatte er mich mit seiner Version über die G ralsg eschichte nachhaltig b e eindruckt. Ich war fasziniert gewesen von der Vorstellung nach etwas Hohem wie den heil i gen Gral zu streben , liebte den Edelmut der Ritter und deren Heldenhaftigkeit. Vermutlich wollte ich sogar ebe n so edel und toll werden, wie all die heroischen Helden. Nur, dass ich dieses Ziel freilich irgen d wann aus den Augen verloren ha t te. Freilich? Warum war das so selbstverständlich? Solch ein Ziel war doch wirklich erstreben s wert, selbst in meiner Zeit. Meine Augen brannten plötzlich und meine Brust zog sich eng zusammen, als hätte mir jemand einen Schlag verpasst. Die Erinnerung an diese intens i ve Jugendvorstellung umspülte mich überraschend heftig. Als hätte ich etwas sehr Kostbares in meinem Leben verloren oder aus der Hand gegeben . Kop f schüttelnd saß ich da und konnte nicht fassen, dass ich solch einen hehren Wunsch einfach hatte verkümmern lassen oder im trostlosen

Weitere Kostenlose Bücher