Zeitreisende sterben nie
»Entspann dich und genieß die Show.«
Shel versuchte es. »Aber «Jammerte er, »ich weiß nicht, was überhaupt passiert.«
»Genau darum geht es doch bei der ganzen Sache. Dein Italienisch ist ein bisschen schwach.«
»Die könnten auch auf Englisch singen, und ich käme nicht mit. Es muss einen einfacheren Weg geben.« Und dann hielt er eines der Programmpakete hoch, die sein Vater benutzt hatte. Sprechen Sie Italienisch wie ein Italiener.
»Gut«, sagte Dave. »Und was ist mit den Filmen, die ich dir geschickt habe? Hast du dir davon etwas angesehen?«
»Amici Miei.«
»Schön. Und ...?«
»Il Ciclone.«
»Gute Komödien.«
Shel sah ihn zweifelnd an. »Sicher.«
»Kannst du verstehen, was gesagt wird?«
»Teilweise.«
»Okay. Bleib dran.«
Als Shel einige Wochen später endlich ein Gefühl für die Sprache bekommen hatte, beschlossen sie, dass es an der Zeit war, seinen Vater zu suchen. »Aber zuerst«, sagte er, »brauchen wir passende Kleidung. Und vermutlich wäre es nicht schlecht, würden wir uns einen Bart stehen lassen.« Er selbst hatte bereits damit angefangen.
»Du machst Witze.«
Shel studierte stirnrunzelnd Daves Kinnpartie. »Ich glaube, so fällst du ziemlich auf.«
Sie fuhren nach Center City und besuchten Emilio's Costume and Wardrobe Shop an der Walnut Street. Die Wände waren mit Fotos von Leuten gespickt, die gekleidet waren wie Scheichs, römische Soldaten, Prinzessinnen oder wie Zorro. Ein paar Schüler von der Highschool spazierten zusammen mit ihrem Lehrer durch die Gänge und suchten offensichtlich Kostüme für ein Theaterstück.
Dave ließ seine Maße für zwei Wämser nehmen, beide im Kattun-Stil. Außerdem kaufte er eine zartblaue Heuke, eine Art ärmelloser Umhang, abgesetzt mit weißem Eichkatzenfell. Als er sie anprobierte, hing sie ihm auf den Hüften. »Da müssen wir ein bisschen rausnehmen«, sagte der Verkäufer. »Und hier müssen wir es rauslassen.« Er machte sich Notizen und legte das Kleidungsstück beiseite.
Als Nächstes kamen die Hüte an die Reihe. Sie probierten mehrere verschiedene Hutarten aus und blieben schließlich
bei historischen Pillbox-Hüten hängen. »Wofür brauchen Sie das alles?«, fragte der Verkäufer. »Ein Festival? Oder ein Theaterstück?« Er war von mittlerem Alter, hatte einen braunen Bart, in dem sich erste graue Strähnen zeigten, graue Augen, volle Wangen und eine Haltung, die Dave nur als theatralisch bezeichnen konnte. Das war der Typ, der, wenn er nicht gerade bei Emilio's arbeitete, den Eindruck zu erwecken versuchte, er führe am Broadway Regie.
»Ein Theaterstück«, sagte Shel.
»Welches?«
Shel sah Dave an.
Dave lächelte. » Zwei Herren aus Verona.«
»Interessant«, sagte der Verkäufer. »Ich glaube, das wurde hier noch nie gespielt.« Er rückte den Hut auf Daves Kopf zurecht, schien schließlich zufrieden zu sein und verkündete, er sei perfekt. »In welchem Theater treten Sie auf?«
»Delaware Township«, sagte Shel.
Die Miene des Verkäufers verriet zweifelsfrei, dass er auch davon noch nie gehört hatte, aber er sagte nichts.
Schließlich kamen sie zur Fußbekleidung. Dave entdeckte ein Paar weicher, grüner Sandalen mit abgerundeter Spitze, die ihm recht gut gefielen. »Die würden ihr Kostüm sehr schön ergänzen«, sagte der Verkäufer und reichte ihm ein paar Strümpfe, die beinahe so lang waren wie seine Beine. Auch sie waren grün, aber eine Spur dunkler.
Und sie hatten Ledersohlen. Dave kehrte zurück in die Garderobe, zog die Hose aus und die Strümpfe an. Dann schlüpfte er in die Schuhe und stellte fest, dass sie erstaunlich bequem waren. Er verließ die Umkleidekabine, um sich der Begutachtung durch Shel und den Verkäufer zu stellen. Der Verkäufer erklärte sich zufrieden, und Shel sagte, er sähe aus wie das Musterbeispiel eines Renaissancegelehrten.
Als sie fertig waren, bestand Shel darauf, die Kosten zu übernehmen. Der Verkäufer versicherte ihnen, sämtliche Kleidungsstücke wären in zwei Tagen fertig, und sie vereinbarten eine Eilzustellung.
Schließlich gingen sie hinaus auf die Walnut Street und wandten sich nach Westen in Richtung Parkplatz.
»Zeitreisen«, sagte Dave, »sind nicht so, wie ich es erwartet hätte.«
»Ich weiß nicht recht, wie wir vorgehen sollen«, sagte Shel, »aber ich denke, wir könnten versuchen, Galileo in seinen späteren Jahren aufzusuchen. Zu der Zeit, als er in Arcetri war. Ich schätze, das ist die Zeit, in der mein Vater am liebsten mit
Weitere Kostenlose Bücher