Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitreisende sterben nie

Zeitreisende sterben nie

Titel: Zeitreisende sterben nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
Mann auf der anderen Straßenseite um. Der Mann hielt ein Gewehr in Händen, dessen Mündung in ihre Richtung deutete, und tat, als mache er Zielübungen.
    Shel bemühte sich um eine ungerührte Miene. »Ich schätze, für Weiße ist es besonders gefährlich«, sagte er.
    Myers schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Wenn es vorbei ist und wir immer noch leben, können wir nach Hause gehen. Alle anderen müssen mit all dem leben.«
    Als sie weitergingen, erkundigte sich Shel, ob Dave Myers erkannt hatte. »Natürlich«, sagte der. Das war der Mann, der, beinahe ein halbes Jahrhundert später, die endgültige Geschichte des zweiten Irakkriegs schreiben sollte: Sie haben keine Rosen überreicht.
    Shel war erleichtert, Weiße unter den Demonstranten zu sehen. Sogar eine Handvoll Nonnen war dabei. Ein paar Krankenwagen fuhren auf den Kirchenparkplatz. Zwei standen bereits vor dem Gebäude. Sanitäter stiegen aus.
    »Woher kommen die?«, fragte Shel einen Mann, der direkt neben ihm stand.
    »Das sind Freiwillige«, sagte er. »Sie sind gestern von New York hergekommen. Sie richten sich im Pfarrhaus ein.
    Für alle Fälle.«
    »Mein Name ist Shelborne.« Er streckte die Hand aus. »Machen Sie den Marsch mit?«
    »Ja.«
    »Viel Glück.« Dann, nach einem Augenblick unbehaglichen Schweigens. »Das ist Dave.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Mr Shelborne.« Er schüttelte ihm die Hand. Dann Dave. »Ich bin Harry. Danke, dass Sie uns zur Seite stehen.«
    Shel fühlte sich ein wenig schuldig. Danke, dass Sie uns zur Seite stehen. Aber in gewisser Weise taten sie das. Sie repräsentierten das Urteil der Geschichte.
    »Und wie«, kommentierte Dave. »Wir hängen hier nur rum und tun so, als gehörten wir dazu.«
    »Hey, warum bist du jetzt sauer auf mich?«
    »Ich bin kein Held; ich sehe nur gut aus.«
    »Komm schon, Dave, entspann dich. Immerhin sind wir hier.« Sie stellten sich Ralph Abernathy vor, und als er fragte,
    woher sie kämen, hätte Shel am liebsten gesagt: »aus dem nächsten Jahrtausend, einer besseren Zeit«.
    Und sie sahen Rosa Parks, wie sie mit einigen jungen Mädchen, halben Kindern, sprach.
    Und Andrew Young. Umgeben von Reportern, schwarzen und weißen.

    »Die wirken alle recht optimistisch«, sagte Shel.
    »Das liegt daran, dass sie nicht wissen, was ihnen bevorsteht.«
    »Denkst du, es würde etwas ändern, wenn sie es wüssten?«
    »Keine Ahnung. Aber ich kann dir versprechen, mir würde es reichen, um aufzugeben.«
    »Mir auch«, sagte Shel.
    Sie schlenderten beinahe eine Stunde durch die Menge, schüttelten Hände und wünschten den Leuten Glück. Die Demonstranten reagierten in ähnlicher Weise, und Shel fühlte sich gut. Angenommen. Respektiert.
    »Wir sind Schwindler«, insistierte Dave.
    »Komm schon, Champ, mach dich locker.«
    »Schau«, sagte Dave. »Da ist Amelia Boynton.«
    »Wer ist Amelia Boynton?« Shel hatte den Namen noch nie gehört.
    »In vielfacher Hinsicht, Shel, war sie Herz und Seele dieser Bewegung. Sie war die Frau, die nicht aufgeben wollte.
    Die immer weitergemacht hat.«
    Als Shel sich aufmachte, um mit ihr zu sprechen, blieb Dave, wo er war.
    Amelia lächelte. Dankte ihm für sein Kommen. »Ich weiß, das ist nicht leicht.«
    Shel nickte. Wünschte ihr Glück. Daves Miene war undurchdringlich, und Shel bekam ein ganz schlechtes Gefühl.
    Ein Mann mit einem Mikrofon verkündete, dass sie Startbereit seien. Die Leute stellten sich in Zweierreihen auf.
    John Lewis lieferte den Reportern eine kurze Stellungnahme. Dann knieten die Menschen nieder, und Andrew Young begann mit einer Litanei.
    Zwei der Nonnen gingen dicht an ihnen vorüber. Lächelten Shel zu. »Gott segne Sie«, sagte eine von ihnen.
    Jemand anderes schüttelte Dave die Hand. »Schön, dass Sie gekommen sind.«
    Die Menge setzte sich in Bewegung. Dave starrte sie an, starrte Shel an. »Ich stehe nicht gern nur daneben.«
    »Ich weiß. Vielleicht war es ein Fehler herzukommen. Vielleicht hattest du recht, und wir sollten uns von solchen Dingen fernhalten.«
    Lewis führte den Zug an. In einem leichten Trenchcoat. Hosea Williams ging neben ihm.
    Die Krankenwagen, vier davon, reihten sich hinter den Demonstranten ein und fuhren in Schrittgeschwindigkeit hinterher. Ein paar Leute, die den Demonstranten zuschauten, jubelten, manche sangen. »People get ready; there's a train a-comin'.« Aber nur wenige, einsame Summen der Demonstranten stimmten mit ein.
    Sie zogen die Water Street entlang, raus aus dem Schwarzenviertel.

Weitere Kostenlose Bücher