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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristin Terrill
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Kettenzäune voneinander getrennt, über die man leicht steigen kann, und bald bin ich in Finns winzigem Garten, der noch zugewucherter ist als das Rasenstück vor dem Haus. Ich schleiche die Hintertreppe hoch und erstarre, als eine Stufe unter meinem Gewicht knarrt. Ich nehme die nächsten beiden vorsichtiger, indem ich die Füße so nahe an der Kante aufsetze wie möglich.
    Ich bewege mich langsam auf eines der beiden Fenster zu, das ganz dunkel von Staub und einem schwarzen Mückennetz ist.
    Drinnen sitzt eine Frau auf einem Bett, in einen zu großen Pullover gehüllt, das Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz hochgebunden. Sie hat dieselbe Haarfarbe wie Finn, und sie war ganz offensichtlich früher hübsch, bevor die Krankheit ihre Haut grau werden und ihre Wangen einfallen ließ. Sie sieht fern und zappt teilnahmslos durch die Kanäle, als wäre sie die Sender schon ein Dutzend Mal durchgegangen.
    Ich entferne mich vom Fenster. Finns Mutter heimlich zu beobachten gibt mir das Gefühl, eine Art Einbrecherin zu sein.
    Stattdessen gehe ich auf Zehenspitzen zum zweiten Fenster und spähe hinein.
    Bei dem Anblick, der sich mir bietet, bleibt mir das Herz stehen.

D REIZEHN
    Marina
    Ich schlafe schlecht. Ich bin erschöpft, aber ich kann mich anscheinend nicht entspannen oder mein Gehirn abschalten. Vielleicht bin ich ja zu erschöpft. Ich nicke ein und schrecke wieder hoch, ich träume, dass ich noch immer im Krankenhaus bin, und wache auf, weil ich nach Dingen greife, die gar nicht da sind, bevor ich wieder abdrifte.
    Irgendwann öffne ich die Augen, und die Benommenheit weicht lange genug, dass ich bemerke, wie durstig ich bin. Ich stehe auf und steige über den am Boden liegenden Finn, der tief und fest schläft. Das Gesicht hat er so tief in sein Kissen vergraben, dass ich beim besten Willen nicht weiß, wie er dabei noch atmen kann. Ich schleiche in die Küche und trinke direkt aus dem Wasserhahn, indem ich meine Hände zur Schale forme und unter den Wasserstrahl halte. Ich bin zu verschlafen, um mir die Mühe zu machen, nach einem Glas zu suchen. Ich trinke Schluck um Schluck von dem Wasser, das zu warm ist, um erfrischend zu sein, dennoch schmeckt es fast süß auf meiner ausgetrockneten Zunge.
    »Finn, bist du das?«
    Ich richte mich auf und drehe den Wasserhahn zu. »Nein, Mrs. Abbott. Ich bin’s, Marina.«
    »Oh, komm doch her!«, ruft sie. »Ich möchte dich einmal anschauen!«
    Ich tappe barfuß auf die Tür des großen Schlafzimmers zu und drücke sie auf. Mrs. Abbott liegt im Bett, von einem Meer aus Kissen gestützt. Auf ihrer Seite des Bettes befindet sich eine Stange, was mich für einen schrecklichen Moment zurück ins Krankenhaus versetzt, zu Nate, der blass und leblos in seinem Bett liegt. Im gesamten Raum entdecke ich solche Stangen, und eine Gehhilfe steht neben dem Nachttisch, der übersät mit Tablettenfläschchen ist. Plötzlich kann ich mir Finns Verhalten im Krankenhaus erklären.
    »Oh, Marina«, sagt sie. Sie sieht genau wie Finn aus, blond und blauäugig und mit demselben spöttischen Schwung der Lippen, nur dass sie irgendwie verblasst wirkt, wie eine schlechte Fotokopie ihrer selbst. »Es ist so schön, endlich auch dein Gesicht zu kennen. Finn hat mir so viel von dir erzählt.«
    »Wirklich?« Ich stehe unschlüssig in der Tür und fühle mich unsicher und dumm. Ich hatte noch nie Kontakt mit einem so kranken Menschen. Und … Finn hat ihr von mir erzählt?
    »Oh ja«, sagt sie. »Er spricht von nichts anderem als von dir und James.«
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mrs. Abbott müht sich zwischen all den Kissen ab, in eine aufrechtere Position zu kommen, und ich denke, dass ich ihr vielleicht meine Hilfe anbieten sollte, aber ich kann mich nicht rühren.
    »Das ist nett …«, sage ich.
    »Na gut.« Mrs. Abbott lächelt mir zu. »Ich lasse dich lieber wieder schlafen gehen. Es war schön, dich kennenzulernen.«
    Ich schlucke. »Gleichfalls.«
    Ich schließe die Tür und will schon ins Wohnzimmer zurückgehen, doch mein Blick bleibt an der Tür zu Finns Zimmer hängen. Ist es James gelungen einzuschlafen? Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass er wach und allein dort liegen könnte. Finn mag glauben, dass ich ihm die Luft zum Atmen nehme, aber ich kenne James besser als er, und im Augenblick sollte er nicht allein sein. Außerdem: Als ich ihn das letzte Mal allein gelassen habe, wurde auf ihn geschossen . Ich klopfe mit einem Fingerknöchel an die Tür, leicht genug,

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