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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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759-3000 –, die er auf Dr. Danzigers Telefonnotizblock gesehen hatte.
    »Plaza Hotel, guten Morgen.«
    »Guten Morgen.« Er gab die letzten drei Zahlen durch: »Vier-Null-Neun, bitte.«
    »Hallo?«
    »Hallo, Si. Willkommen in der Gegenwart. Hier ist Rube Prien.«

10
    Ich spielte mit den Brotkrümeln, schnippte sie mit den Fingern über das Tischtuch und hörte zu. Rube und ich waren nun schon eine Weile im Oak Room des Plaza Hotels, die Gäste, die sich zum Frühstück eingefunden hatten, verliefen sich jetzt langsam, während wir unsere zweite und dritte Tasse Kaffee tranken. Schließlich legte ich beruhigend die Hand auf Rubes Arm und brachte ihn zum Schweigen. »Okay, Rube, okay. Gehen Sie zurück und verhindern Sie den Ersten Weltkrieg. Einverstanden. Zu jeder damaligen Zeit. Wer wollte das nicht tun? Aber sprechen Sie es laut aus: ›den Ersten Weltkrieg verhindern‹, klingt es nicht ein wenig lächerlich?
    Hören Sie zu. Was bedeutet dieser Krieg? Für Sie nur ein alter Schwarz-Weiß-Film im Fernsehen. Dazu das, was Sie gelesen haben, was Ihnen im Laufe Ihres Lebens beigebracht und erzählt wurde. Eine enorme Angelegenheit, Millionen, die starben, Millionen Männer, die alleine bei der Schlacht von Verdun getötet worden sind. Das alles verhindern? Unvorstellbar.«
    »Aber Si. Bevor er anfing. Im Sommer 1914, vielleicht. Nein, da war es bereits zu spät, nehme ich an. Aber 1913? Vielleicht. Denn wenn Sie zurückgehen, dann schrumpft alles zusammen. Zum eigentlichen Anfang. Wenn alles noch im Entstehen ist, von wenigen Personen abhängt, leichter gehandhabt werden kann. Und 1912 gibt es nur eine Handvoll Menschen, die überhaupt an einen Krieg denken. Sie sind dort, verdammt noch mal, in der Zeit, in der die Ereignisse noch so unbedeutend sind, dass sie verändert werden können.«
    »Also kehre ich zurück, um was zu tun? Den Kaiser erschießen?«
    »Es könnte funktionieren. Oder glauben Sie, es funktioniert nicht? Aber wenn Sie es versuchen, Si, dann schleichen Sie sich an seine linke Seite heran, denn sein linker Arm ist lahm.
    Ich habe keine Ahnung, was Sie tun könnten. Ich könnte Ihnen aber auf der Stelle den Ort und die Zeit nennen, an dem ein entscheidendes Treffen stattgefunden hat. Zwischen drei Männern, deren Namen ich Ihnen nennen könnte, sowie die Initialen des zweiten Vornamens. Jeder in meinem Fachgebiet könnte das. Drei Männer, die sich 1913 in einem Schweizer Restaurant getroffen haben, das es zufälligerweise immer noch gibt. In Bern – ich habe einmal aus Neugier dort gegessen. Und, Si, wenn irgendjemand – nun, was? Wenn irgendjemand nichts anderes getan hätte, als, sagen wir, einen Wagen vor der alten Limousine zu parken, der zwei dieser Männer zu dem Treffen brachte … und einfach ausgestiegen, sich entschuldigt und dann einige Sätze — die ich Ihnen sofort diktieren könnte – gesprochen hätte, dann wären sie auf keinen Fall zu diesem Treffen gegangen. Was den Lauf der nachfolgenden Ereignisse gerade so weit beeinflusst hätte, um sie auf einen anderen Kurs zu bringen. Und« – Rube klopfte leicht mit der Faust auf den Tisch — »es hätte keinen Krieg gegeben.«
    »Ich müsste also in die Schweiz …«
    »Nein.« Er lächelte. »Sie müssten Deutsch sprechen. Aber wenn sie am 14. Juli 1911 in Paris – alle Regierungsbüros waren geschlossen – ein Telefongespräch geführt hätten« — er lächelte wieder – »in gutem flüssigem Französisch, hätten Sie das Gleiche auf ganz andere Weise und aus ganz anderen Gründen erreicht. Verdammt, wenn Sie nur Englisch könnten, so wie es die Engländer sprechen, und sich am 19. Mai oder am 20., 21. oder 22. Mai 1912 – der genaue Tag spielt keine Rolle – zwischen Mittag und zwölf Uhr vierzig auf dem Bürgersteig vor dem House of Commons aufhalten und dort einen bestimmten Gehilfen von Joseph Chamberlain sprechen und ihm fünfundvierzig Worte in einem gestochen schönen englischen Akzent sagen könnten, dann wäre ein Ereignis dieser Parlamentssitzung anders ausgefallen. Was mit ziemlicher Sicherheit die Position Englands im Bündnissystem der europäischen Staaten verändert hätte, was schließlich zum Krieg geführt hat. Aber wie der Großteil Ihrer Landsleute, die halbe Analphabeten sind, können Sie nur das amerikanische Kauderwelsch.«
    »Oh yeah, wie sie in den alten Filmen sagen. Und wie steht es mit Ihnen?«
    »Ich lese Deutsch, Französisch und Italienisch. Und spreche diese Sprachen, wenn man von

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