Zentauren-Fahrt
ich den Beweis haben wollte – aber jetzt fürchte ich, daß er anders auss e hen könnte als die Legende. Es könnte sein, daß er anstelle sch ö ner nur häßliche Elemente enthält. Vielleicht waren unsere Vo r fahren ja gar keine sonderlich netten Geschöpfe. Nein, ich mache einen Rückzieher; zum ersten Mal stelle ich fest, daß mein Wisse n durst auch eine Grenze hat. Vielleicht ist es das beste, wenn die Legende nicht weiter hinterfragt wird.«
»Mag sein«, stimmte Dor ihm zu. Jetzt endlich war es an der Zeit, daß er sein eigentliches Anliegen vorbringen konnte. »Da die Zentauren von Menschen abstammen und Menschen magische Talente besitzen…«
»Oh, ich nehme an, daß manche Zentauren durchaus magische Fähigkeiten besitzen«, sagte Arnolde in der Art eines aufgeschlo s senen Wesens, das kurz auf ein ansonsten nur unter Verschluß gehaltenes Thema einging. »Aber das hat keinerlei Bedeutung für unsere Gesellschaft. Wir überlassen die Magie, genau wie das R e gieren, euch Menschen.«
»Aber manche Zentauren haben… sogar Magierformat…«
»Ach, Ihr meint Herman den Einsiedlerzentaur«, erwiderte A r nolde. »Der die Irrlichter herbeirufen konnte. Dem hat man U n recht zugefügt, meine ich; immerhin hat er seine Kraft zur Rettung Xanths eingesetzt, um es vor den Zapplern zu bewahren, und d a bei hat er sogar sein Leben gelassen. Das war vor achtzehn Jahren. Aber obwohl manche Magie in unserer Gesellschaft in letzter Zeit notgedrungen akzeptiert worden ist, würde auch ein neuer Zenta u renmagier, sollte er erscheinen, ausgestoßen werden. Wir Zenta u ren besitzen eine tiefverwurzelte kulturelle Abneigung gegen Ob s zönität.«
Dor wurde seine Aufgabe immer unangenehmer. Er wußte, daß Cherie Zentaur Magie bei Mitgliedern ihrer Art für obszön hielt, obwohl ihr Lebensgefährte Chester, Chets Vater, magisches Talent besaß. Cherie hatte sich nur äußerst schwer daran gewöhnen kö n nen. »Es gibt aber einen.«
»Einen Zentaurenmagier?« Arnolde furchte die Stirnhaut über seinem Brillengestell. »Seid Ihr sicher?«
»So gut wie sicher. Wir haben eine Reihe von Omen erhalten, sowohl auf Schloß Roogna als auch anderswo.«
»Der Arme! Wer ist es?«
Darauf war Dor unfähig zu antworten.
Arnolde musterte ihn ahnungsvoll. »Ihr wollt doch wohl nicht sagen – glaubt Ihr etwa, daß ich es bin?« Als Dor niedergeschlagen nickte, lachte der Zentaur unsicher. »Das ist doch unmöglich. Was für eine Magie soll ich denn besitzen?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Dor.
»Wieso könnt Ihr dann eine derart abwegige Behauptung aufste l len?« Der Schweif des Zentauren peitschte nervös hin und her.
Dor holte seinen Kompaß hervor. »Kennt Ihr das hier?«
Arnolde nahm den Kompaß entgegen. »Ja, das ist ein magischer Kompaß. Er zeigt auf Euch, weil Ihr ein Magier seid.«
»Aber wenn ich ihn in der Hand halte, zeigt er auf Euch.«
»Das kann ich nicht glauben!« protestierte Arnolde. »Hier, nehmt ihn zurück und stellt Euch vor den Spiegel dort, damit ich die N a del erkennen kann.«
Dor tat wie ihm geheißen, und Arnolde sah, wie die Nadel auf ihn wies. Er erblaßte etwas. »Aber das kann doch gar nicht sein! Ich kann doch kein Magier sein! Das wäre das Ende meiner Ka r riere! Ich besitze keine Magie!«
»Mir leuchtet es ja auch nicht ein«, meinte Dor. »Aber der Gute Magier Humfrey hat einen Magier auf der Zentaureninsel ausfindig gemacht. Deshalb bin ich überhaupt hierhergekommen.«
»Ja, unsere Ältesten hatten schon befürchtet, daß Ihr irgend e t was Abstruses vorhättet«, erwiderte Arnolde und starrte dabei unentwegt den Kompaß an. Dann setzte er sich abrupt in Bew e gung. »Nein!« schrie er und galoppierte davon.
»Was nun?« fragte Irene.
»Wir folgen ihm nach«, sagte Dor. »Wir müssen feststellen, we l ches magische Talent er besitzt – und wir müssen ihn auch davon überzeugen. Wir können nicht auf halber Strecke aufgeben.«
»Irgendwie vergeht mir langsam der Spaß an dieser Mission«, brummte sie.
Dor empfand das gleiche. Einen anonymen Magier aufzuspüren war eine Sache; etwas ganz anderes war es jedoch, einen in seinen Beruf verliebten Archivar zu quälen. Doch es blieb ihnen keine andere Wahl.
Sie machten sich an die Verfolgung. Obwohl der Zentaur nicht gerade in seinen besten Jahren war, hatte er sie mühelos abg e hängt. Doch Dor hatte keine Schwierigkeiten, die Fährte aufz u nehmen, da er nur den Boden zu befragen brauchte. Die Spur führte sie nach
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