Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
Angst die falsche Entscheidung zu treffen. Angst vor dem Blut, das aufgrund dieser bereits vergossen wurde und noch vergossen werden würde. Seine Hände für immer blutrot eingefärbt.
Das hieß es also Führer zu sein, König zu sein. Entscheidungen zu fällen mit dem Wissen, sie würden Leben kosten. Opfer für ein höheres Ziel. War die Verbindung der Airen mit den Senjyou Mollys Leben wert? Sie war gestorben, weil sie sich dazu entschieden hatten, die Mission geheim zu halten. Wenn sie mit einer Armee losgezogen wären, wenn sie vorsichtiger gewesen wären ... Wäre sie noch am Leben und würde nicht kalt unter der Erde liegen und als Nahrung für die Würmer dienen. Malhim hätte eine Feuerbestattung vorgezogen, aber es sind die Riten der Vostoken und sie ist ... war eine Vostokin gewesen.
Eifersucht stieg in ihm auf, als er auf Serena blickte. Bewusstlos wie sie war, musste sie sich nicht mit der Realität auseinandersetzten. Oder war er eifersüchtig auf Mikhael, der ihr gerade zärtlich übers Gesicht strich? Malhim schaute schnell weg.
Er musste eine Entscheidung treffen. Aber was sollte er tun? In diesem Teil des Waldes waren sie relativ geschützt. Sie mussten warten, bis alle wieder bewegungsfähig waren. Bis Haril und Serena wieder zu sich kamen. Sie hatten die Reittiere und das Gepäck zurücklassen müssen. Wenn sie die nächsten Tage nicht aufwachten, müsste man sie abwechselnd tragen.
Durch den Transportzauber wusste Malhim nicht genau wo sie waren, wenn sie sich aber nordwestlich hielten, würden sie an den Waldrand kommen und könnten die nächstgelegen Siedlung ansteuern. Die nächste Stadt, in der man Reittiere und Proviant besorgen konnte. Er hatte nicht wirklich eine Wahl ... Und doch würde jeder Schritt seine Konsequenzen haben, die er auf seinen Schultern lasten würde.
----
Am zweiten Tag öffnete Serena die Augen. Mikhael, der kaum von ihrer Seite gewichen war, nahm sie voller Freude in den Arm und drückte sie fest an seine Brust.
„Du lebst“, sagte er einfach, hielt sie ein wenig von sich weg und schaute ihr in die Augen. Serena blinzelte leicht, schaute sich um und fragte leise: „Molly?“ Mikhael schaute sie lange an, blickte dann zu Boden und schüttelte den Kopf.
„Wo ist sie? Bring mich zu ihr!“
Es war bereits dunkel und eine Lichtkugel, die einer der Senjyou entzündet hat, tauchten die Umgebung in einen leicht bläulichen Schein. Mikhael stand auf und führte Serena wortlos zu dem Baum unter dem Molly ruhte. Serena schaute ihn verständnislos an. Er zeigte nach unten, deutete auf den Boden, an dem sich die Wurzel des Baumes erhoben und eine menschengroße Wölbung formten. Serena fiel auf die Knie und starrte auf die Wurzeln und die Erde, in denen Molly Körper ruhte. Ihre Hände fingen von selbst an zu graben, rissen an den Wurzeln.
Molly konnte nicht unter der Erde sein. Sie bekam dort keine Luft! Bilder von dem lachenden Rotschopf kamen Serena ins Gedächtnis. Ihre erste Begegnung. Molly, die sich wie eine Blume dem Himmel entgegen reckte, um dem Himmel und der Sonne möglichst nahe sein zu können. Serena hörte noch Mollys Worte in ihrem Kopf und ihrem Herzen.
Die Worte der freiheitsliebende Molly pulsierten in Serenas Kopf, als sie, ihre Finger zu Krallen gekrümmt, die Erde wegschaufelte, die zwischen ihnen war.
„Ich möchte frei meinen Blick immer Richtung Himmel gerichtet meiner Zukunft entgegengehen und die Welt entdecken. Den Sinn des Lebens ergründen und die Welt mit ausgebreiteten Armen empfangen.“
Die Worte der Molly, die diese Welt über alles liebte, hallten in ihrem Herzen, als kleine Steine zwischen ihre Fingernägel gerieten und sich die Erde, die sie berührte blutrot färbte:
„ Es gibt eine Partnerschaft, in der man gleichberechtigt ist und einen Teil des Weges gemeinsam beschreitet, bis die Wege sich wieder trennen. Ich glaube daran, dass man zusammen sein kann, ohne das jemand sich und seine Meinung aufgeben muss. Partner, Freunde, die einen Abschnitt ihres Lebens begleiten, bleiben im Herzen verbunden, auch wenn sich ihre Wege trennen. Wenn jedes Wesen jeden anderen als gleichberechtigt, als seinen Partner, akzeptieren würde, wären alle im Herzen verbunden und ein Netz der Freundschaft wäre über die Welt geworfen. Ein Netz, das jeden und alles umfasst, einbindet, aber frei atmen lässt.“
Mollys letzte Worte stießen in ihre leere Seele und rissen alles in Stücke, das sich gegen das schwarze Loch
Weitere Kostenlose Bücher