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Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Schneider
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Frau und zogen den Kleinen hervor. Dieser zappelte und schlug um sich, konnte sich diesmal jedoch nicht befreien. Die Frau schien sich nicht darum zu kümmern.
    „Der Kleine ist schnell! Hat Talent. Was meinst du, wäre er nichts für unsere Bande?“ Seine Begleiter waren ihm durch die Menge gefolgt.
    „Was willst du mit so einem dürren Knochen Armirus?“, sagte ein Mann mit Augenklappe, der neben dem Bärenmann auftauchte. Armirus beäugte den Jungen näher und zwang ihn mit der freien Hand ihm in die Augen zu sehen. Entgegen blickte ihm ein paar bernsteinfarbene Augen, die durch die Tränen, die dem Jungen in die Augen gestiegen waren, im Licht golden glänzten. Armirus sog die Luft scharf ein. Diese Augen brachten das Beste und Schlimmste in ihm hervor. Er hätte nicht gedacht, noch mal in solche Augen zu blicken.
    „Mit seinem hübschen Gesicht lässt sich bestimmt Geld verdienen. Hey Alte! Wie viel willst du für den hier haben?“, wand Armirus sich fragend der Frau zu. Er war hierher gekommen, um sich etwas zu kaufen , und er hatte etwas entdeckt, das er haben wollte. Einen kleinen Jungen mit guten Anlagen zum Dieb, mit einem Gesicht und Augen, die jede Frau betören konnte, wenn er alt genug war. Mit Augen die Armirus kannte, die ihn auslachten, verhöhnten.
    Sie hatte nie daran gedacht ihn zu verkaufen. Vermutlich weil sie sich nicht hatte vorstellen können, dass jemand ihn haben wollen oder gar für ihn bezahlen würde, da er ihr selbst nichts wert war. Keinen Nickel. Als Antwort grunzte sie nur und schaute den Mann verwirrt an.
    „Das wird wohl reichen“, er warf ihr den Beutel hin, den der Junge, wenn auch nur für kurze Zeit, erbeutet hatte.
    Der Beutel fiel auf den Boden, öffnete sich und die Münzen purzelten heraus. Die Frau warf sich in den Schmutz, krallte sich an den Beutel, schob die Münzen mit gierigem Blick zusammen und stopfte sich alles in den Ausschnitt. Ihre Augen sahen nur das Glitzern des Geldes, als sie sich umdrehte und ging. Sie nahm von dem weinenden Jungen, der seine kleinen Händchen nach ihr ausstreckte, keine Notiz und verschwand in der Menge.
    „Was willst du mit ihm anfangen Armirus? Die Bande wird ...“, begann der Einäugige.
    „... ihrem Chef doch kein Spielzeug versagen, Ramires?“ Armirus funkelte amüsiert seinen Gegenüber an.
    „Hätte ich früher von dieser Vorliebe gewusst ...“, erwiderte der Einäugige verschmitzt. Armirus lachte laut auf, warf sich den strampelnden und heulenden Jungen über die Schulter und verschwand mit seinen Begleiter in der Menge.
    …
     
    Laurenz starrte mit glasigem Blick in seinen bernsteinfarbenen Augen in die Ferne. Bald war seine Zeit abgelaufen. Bald würde Armirus seine Spielchen nicht mehr amüsieren. Wie eine Raubkatze, die mit ihrem Essen spielte, bis es keinen Spaß mehr machte. Laurenz hatte fast dreizehn Jahre seinen Hofnarren gespielt. Eine erstaunlich lange Zeit. Er hatte gelernt, dass zu tun, was Armirus nicht erwartete.
    Würde Armirus irgendwann einen seiner Schritte voraussehen, würde er ihm wie die Katze der Maus das Genick brechen und sich seiner entledigen. Doch bevor das geschah, musste Laurenz handeln. Dafür brauchte er den richtigen Moment, der bald kommen würde, sonst hätte sich Ramires eben nicht so viel herausgenommen. Auch wenn Armirus ihm das Leben zur Hölle machte, er hatte immer darauf geachtet, dass es niemand anderes tat. Wie ein eifersüchtiges Kind, das niemand anderes mit seinem Spielzeug spielen lassen wollte.
    Der kleine Junge, den nicht einmal die eigene Mutter haben wollte, war zu einem Mann herangewachsen, der sich an das Leben, trotz all seiner Unannehmlichkeiten, klammerte und nicht vorhatte loszulassen ... Jedenfalls nicht kampflos.
     
    ----
     
    Laura genoss die Sonnenstrahlen des Spätherbstes. Sie spielten in ihrem Haar und tauchten es in ein sattes Gold. Sie hatte ihre Augen geschlossen, da sie ihr Gesicht der Sonne zuwendete, in der Hoffnung einen kleinen Vorrat für den Winter auftanken zu können. Die Winter in Krem waren sehr kalt, voller Schnee und wenig Sonnenschein. Es war, als würde sich ein weißes Tuch beschützend über die Stadt, alle Pflanzen, Tiere und Menschen legen von ihnen erwartend, dass sie im Winterschlaf ruhten. Nur der Mensch trotze allen natürlichen Gesetzen und ging ungeachtet des Winterschlafes der Natur seinem Alltag nach.
    Gedanken versunken schwammen vor Lauras innerem Auge Bilder von ihrer Kindheit und einer Freundin, die sich

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