Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
so sahen sie in den Vostoken das personifizierten Chaos. Vor allem die Mischung der Rassen jedoch und die daraus hervorsprießenden Halblinge stießen auf Unverständnis und Abneigung. Sie gehörten weder zu der einen noch zu der anderen Welt, was bei vielen Senjyou zu Unwohlsein führte, das sich bei einigen wenigen in körperlichem Schmerz manifestierte. Einen Halbling in seiner Familie zu haben, hieß Schmach und Erniedrigung für alle Familienmitglieder. Um dem Chaos der restlichen Welt zu entgehen , verließen die Senjyou nur selten ihren Wald und wenn, dann nie für lange.
Nur in einigen wenigen Grenzgebieten der Vostoken tummelten sich Vertreter der verschiedensten Rassen mehr oder minder friedlich nebeneinander. Wie üblich in Ballungsräumen kam es hier und da zu Geburten von Halblingen, von extremistischen Senjyou auch als „Inkarnation des Chaos“ bezeichnet und nur von wenigen geliebt. Um solchen Problemen aus dem Weg zu gehen, hatten sich die Senjyou vor langer Zeit für die Abschließung ihres Gebietes entschieden. Gäste waren unerwünscht, vor allem ungeladene.
Somit bereisten Serena und ihre Begleiter ein Land, das kau m ein Vostoke je betreten hatte. Denn kaum einer, der einmal einen Fuß auf Senjyou Boden gesetzt hatte, wurde je wieder gesehen. Was man genau mit den ungebetenen Besuchern machte, hatte noch niemand berichten können, aber es kurierten die wildesten Geschichten. Manche sprachen von Gefängnissen in die nie Tageslicht gelange, andere von Bäumen mit Gesichtern der Vermissten. Wieder andere erzählten von kleinen Miniaturköpfen, die Senjyou um ihre Gürtel trugen.
Die Gefährten betraten vielleicht seit Jahrzehnten als erste Vostoken die Lungen des Waldes und Mikhael hatte einfache diesen geschichtsträchtigen Moment verschlafen. Sicher, er war schwer verwundet und bewusstlos, aber wer würde sich schon daran in den Geschichtsbüchern erinnern? Als er die Augen zum ersten Mal bewusst aufschlug, lag er auf einer Decke, die um zwei Stöcke gewickelt war und von einem der Pferde gezogen wurde. Er war von riesigen Bäumen umgeben. Die Kronen, kurz davor den Himmel zu berühren, entfernten sich langsam von ihm und neue Riesen traten in sein Blickfeld. Mikhael brummte der Schädel, als hätte er sich drei Tage und drei Nächte mit dem billigsten Rum besoffen. Er stöhnte laut auf und plötzlich standen die Bäume um ihn herum still.
Das Pferd wurde angehalten. Molly sprang aus dem Sattel und rief etwas.
Molly? War Mikhael gestorben und im Himmel? Oder war die Begegnung mit Ramires nur ein Traum gewesen? Hatte Molly sich nicht von der Gruppe getrennt und war wieder mit ihrem Verlobten nach Morl zurückgekehrt? Als er versuchte sich zu bewegen und jeder Teil seines Körpers vor Schmerz aufschrie, wusste er, dass Ramires zumindest keine Ausgeburt seiner Fantasie gewesen war. Mikhael versuchte die Müdigkeit wegzublinzeln und die Schmerzen zu ignorieren. Wie lange war er bewusstlos gewesen?
Die anderen Pferde wurden ebenfalls angehalten und zur Feier seiner Rückkehr ins Reich der Lebenden wurde ein Lager aufgeschlagen, obwohl es noch lange bis Sonnenuntergang hin war. Sie machten ein Feuer, aßen etwas und Mikhael erfuhr allmählich, was nach seinem Zusammenbruch passiert war.
Serena und Aira hatten die offensichtlichen Spuren der Auseinandersetzung beseitigt. Mikhael in der selben Nacht noch mithilfe der Pferde aus der Stadt und in ein nahe gelegenes Wäldchen gebracht, wo sie seine Wunden versorgten, so gut es ging. Mikhael starrte Aira voller Überraschung an, als die Worte, wenn auch etwas schwerfällig, aus ihrem Mund purzelten. Er hatte sie noch nie mehr als zwei drei Worte sagen hören. Die Erzählung war kurz, knapp und schmucklos, aber er verstand die wichtigsten Dinge und konnte klar die Zusammenhänge erkennen. Dann nahm Molly das Zepter in die Hand und die Erzählung wurde farbenfroher und dramatischer. Was in dem Zimmer passiert war, nachdem Mikhael es verlassen hatte, ließ Molly aus und begann gleich mit dem darauffolgenden Morgen.
…
Klarus drängte sie trotz ihrer Verletzung bereits beim ersten Sonnenstrahl aufzubrechen. Die Pferde die Molly sich „geliehen“ hatte waren nicht auffindbar und sie mussten noch ein Pferd für sie besorgen. Klarus war übel gelaunt und hatte kein freundliches Wort für Molly, die, in ihr Schicksal ergeben, den Blick zum Boden richtete und vom Himmel nicht einmal mehr zu träumen wagte. Niedergeschlagen, hatte sie nicht auf Klarus
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