ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
aus und verschaffen ihnen Genuss. Und Don Semjon, der auch »Papa« genannt wird, fühlt sich wirklich wie ein Vater. Sie zu Prostituierten zu machen ist für ihn ein sozialer Dienst. Auf diese Weise fallen die Mädchen wenigstens nicht alkoholisierten Ehemännern in die Hände, und vielleicht gelingt es ihnen ja sogar, etwas für ihre Zukunft auf die Seite zu legen.
Manchmal ist Papa aber auch gezwungen, böse zu werden. Der Russe Nikolaj Schirokow macht ihm das Prostitutionsgeschäft in Budapest streitig und bewegt sich nur im Schutz seiner Bewacher durch die Stadt. Allerdings hat er eine Schwäche. Frauen sind für ihn nicht nur ein Geschäft, er kann auch gar nicht genug von ihnen kriegen. Don Semjon braucht ihm nur eine unwiderstehliche Schönheit vor die Nase zu setzen, die Schirokow zu schade findet, um sie sofort den Freiern zu überlassen. Dann muss er nur noch abwarten. Ende 1993 schlägt Mogilewitsch zu. Schirokow wird zusammen mit zwei seiner Leibwächter in Budapest beseitigt. Mit der Konkurrenz in der Donaumetropole ist es vorbei.
Mogilewitsch bedient sich aber nicht gern dieser brutalen Methoden, er überlässt solche Aufgaben lieber einer Gruppe, mit der er verbündet ist. The Brainy Don spekuliert lieber,
beispielsweise als die Berliner Mauer zu wanken beginnt und er Rubel in eine starke Währung umtauscht, in D-Mark.
1994 gelingt es Mogilewitsch, sich in die Inkombank einzuschleusen, einen russischen Bankenriesen mit Konten in den weltgrößten Finanzinstituten: Bank of New York, Bank of China, UBS und Deutsche Bank. Er übernimmt die Kontrolle der Bank und hat damit direkten Zugriff auf das internationale Finanzsystem. Jetzt kann er mühelos das schmutzige Geld aus seinen illegalen Geschäften waschen. 1998 wird die Inkombank wegen unkorrekten Managements, Verstoßes gegen die Bankengesetze und Nichterfüllung der Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern abgewickelt. Die Geschäfte gedeihen, und Mogilewitsch gerät ins Fadenkreuz von Ermittlungen rund um den Globus, von Russland bis Kanada. Doch der wor wäscht seine Identität genauso rein wie sein Geld. Mal ist er Seva Moguilevich, mal Semon Yudkovich Palagnyuk, Semen Yukovich Telesh, Simeon Mogilevitch, Semjon Mogilevcs, Shi-mon Makelwitsh, Shimon Makhelwitsch, Sergej Yurevich Sch-naider oder einfach Don Seva. Er ist ein Phantom, das überall gleichzeitig ist und durchaus Sinn für Ironie hat.
Wie im Falle des Betrugs mit den Faberge-Eiern.
Anfang 1995 kauft er in Moskau und Budapest, wieder im Bunde mit der Solnzewo-Mafija, Juwelierläden zur Tarnung des Handels mit Juwelen, Antiquitäten und Kunstwerken, die aus russischen Kirchen und Museen, unter anderem aus der Eremitage in Sankt Petersburg, gestohlen wurden. Der ausgeklügelte Plan sieht vor, das nobelste Auktionshaus der Welt einzuspannen: Sotheby’s. Mogilewitsch und seine Partner kaufen eine Halle vor den Toren Budapests und bestücken sie mit modernsten Maschinen zur Restaurierung antiker Juwelen und zur Fassung von Edelsteinen. Ein Bild zeigt Mogilewitsch vor der Halle, die Arme auf den vorgewölbten Bauch gestützt. Jetzt muss er nur noch Künstler finden, die bereit sind, ihre Begabung für die Reproduktion der berühmtesten Goldeier aller Zeiten einzusetzen: der Faberge-Eier. Don Semjon aktiviert sein Netz von Kontakten, und innerhalb einer Woche engagiert er zwei international bekannte russische Goldschmiede. Er verspricht ihnen viel Geld und eine sichere Arbeit. Gewiss, sie müssen die nächsten Monate in einer Halle vor den Toren Budapests zubringen, aber es ist immer noch besser als das, was sie in ihrer Heimat finden können. Sammler und Museen aus dem gesamten ehemaligen Sowjetraum schicken die Originaleier zum Restaurieren in die Budapester Fabrik. Die zwei Goldschmiede fertigen perfekte Kopien davon an, die an die Besitzer zurückgeschickt werden. In der Zwischenzeit finden die echten Eier den Weg nach London und kommen bei Sotheby’s unter den Hammer. Die Auktionatoren wissen nicht, dass sie das letzte Glied in der Kette eines ebenso kriminellen wie dreisten Plans sind.
Mogilewitsch hatte schon immer ein besonderes Talent für Betrügereien und hat bereits große Coups gelandet. Beispielsweise als er Milliarden Dollar aus den öffentlichen Kassen dreier mitteleuropäischer Staaten entwendete - der Tschechischen Republik, Ungarns und der Slowakei -, indem er ihnen als Heizöl getarntes Benzin verkaufte. Dadurch umging er die empfindlich hohen Steuern auf
Weitere Kostenlose Bücher