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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Zwei russische Geschäftsleute von zwielichtiger Vergangenheit, die an der Wall Street arbeiteten, Alexander Wolkow und Wladimir Woloschin, haben in New York die Investmentgesellschaft Summit International gegründet, in die auch die Moskauer Chara-Bank investiert hat, jene dreieinhalb Millionen Dollar nämlich. Doch die Investmentgesellschaft von Wolkow und Woloschin ist nichts weiter als ein gigantisches Schneeballsystem. Die beiden versprechen den Anlegern, vorwiegend russische Auswanderer, einen Jahreszins von 120 Prozent, doch sie investieren nichts und geben das Geld für Frauen, Reisen und Kasinos aus. Als der Präsident der Chara-Bank die Rückgabe des investierten Geldes fordert, weigern sich die beiden Manager. Darauf bittet die Moskauer Bank Iwankow um Hilfe, der die Sache in die Hand nimmt. Im Juni entführen Iwankow und zwei seiner Helfershelfer die beiden Finanzjongleure aus der Bar des Hilton-Hotels in New York und bringen sie in das russische Restaurant Troyka in New Jersey. Hier drohen sie ihnen, wenn sie nicht bereit seien, die Verpflichtung zur Rückzahlung der dreieinhalb Millionen zu unterschreiben, würden sie das Restaurant nicht lebend verlassen. Die beiden gehen darauf ein; es bleibt ihnen nichts anderes übrig, nur so können sie ihre Haut retten. Der kleine Japaner hat wieder gewonnen, so glaubt er zumindest, denn noch weiß
    er nicht, dass die beiden Entführten nach ihrer Freilassung das FBI informiert haben. Iwankow wird ein paar Tage später, am frühen Morgen des 8. Juni 1995, in Brighton Beach verhaftet, wo er mit seiner Geliebten schläft. Am selben Tag werden zahlreiche Mitglieder seiner Organisation in Haft genommen, darunter auch seine rechte Hand. Noch in Handschellen und von FBI-Agenten umringt, stellt der kleine Japaner seine Arroganz und seine Dreistigkeit zur Schau. Er schreit, flucht und tritt um sich. Er stößt Drohungen und effektheischende Sätze aus: »Meine Feinde verspeise ich zum Abendessen.«
    Er wird wegen Erpressung zu neun Jahren und acht Monaten Haft in der Bundesstrafanstalt von Lewisburg, Pennsylvania, verurteilt. Nach vier Jahren ist klar, dass dieses Gefängnis nicht ausreicht für einen wie den kleinen Japaner, der sich problemlos Drogen ins Gefängnis liefern lassen kann und dem FBI zufolge ohne weiteres in der Lage ist, seinen Handlangern draußen Aufträge zu erteilen. Jetzt soll ihn das Hochsicherheitsgefängnis Allenwood aufnehmen.
    Etwa zur selben Zeit, als Iwankow in den USA verhaftet wird, fangen auch auf dem alten Kontinent die Ordnungskräfte an, den Übermut der ausgewanderten Russen zu dämpfen. Am Abend des 31. Mai 1995 begibt sich eine schier endlose Schlange von Gästen in das Restaurant U Holubü in Prag, es soll ein besonderer Abend werden. Niemand bemerkt, dass vor dem Lokal zwei große weiße Kühllaster ohne Firmenaufschrift parken. Bei genauerem Hinsehen würde man bemerken, dass die Reifen keinerlei Verschleißspuren aufweisen. Vielleicht haben die Geladenen es einfach nur eilig, das Lokal zu betreten. Es findet ein Essen zu Ehren eines Freundes statt, und der russische Kabarettist soll wirklich ein Spaßvogel sein. Wenige
    Stunden vorher hatte in der Einsatzzentrale der Spezialkräfte gegen die organisierte Kriminalität der Tschechischen Republik ein eifriger Beamter eine etwas ausgefallene Idee vorgetragen.
    »Ich brauche zwei Kühllaster, und zwar schnell.«
    »Darf man erfahren, wozu?«
    »Säuberung. Streng geheim.«
    Obwohl das Polizeikommando sich finanziell in ziemlich stürmischen Gewässern befindet, wird der Vorschlag angenommen. So macht sich der Beamte ans Werk und ruft einen Cousin an, der Vertragshändler für Lieferwagen ist. In dem Lokal hat inzwischen die Show angefangen. Zweihundert Gäste lachen sich über einen Witz des Kabarettisten kaputt, der unter Applaus die Bühne verlässt. Gleich ist die russische Sängerin an der Reihe. Das Publikum unterhält sich angeregt, wiederholt werden Trinksprüche ausgebracht. Dann geht das Licht im Saal aus, und es wird still. Die Scheinwerfer beleuchten Seile, die von oben heruntergelassen werden, manche freuen sich schon auf verführerische Akrobatikakte. Als Erster lässt sich ein muskulöser Beamter des Spezialkommandos auf die Bühne abseilen. Er trägt eine Maschinenpistole im Anschlag und staunt nicht schlecht, als er den Blick über das Publikum schweifen lässt: Jede Menge Bosse sitzen im Saal. Kaum haben sich seine Kollegen zu ihm gesellt, brüllt er los, niemand solle

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