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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Dimension zu erfassen, mit allen Fasern, und mir alles einzuverleiben, bis es Teil meiner natürlichen Wahrnehmung wird, ein zweiter Sehsinn. Wie sonst soll man verstehen, dass acht Tonnen Kokain in einem einzigen Bananencontainer verschickt und gleichzeitig Koffer aus Fiberglas, Harz und Kokain hergestellt werden, aus denen man am Ende der Rückgewinnung gerade einmal fünfzehn Kilo extrahiert? Die erste Antwort lautet, dass der einmalige Verlust einer so gigantischen Ladung nicht ausschließt, dass dieselbe Methode sonst erfolgreich angewandt wurde. Durchaus möglich, dass es dieselben Leute sind, die diese neuen Modelle im Samsonite-Stil für den schnellen Nachschub per Flugzeug und als Forschungsinvestition für die Zukunft bestellt haben. Denn die Logik hinter alldem ist immer dieselbe: verkaufen, verkaufen, verkaufen. Auf jede mögliche Art verkaufen, mit jedem System, und lieber viel als wenig. Aber auch wenn es wenig ist, sehr viel weniger, kann man nicht darauf verzichten. Jedes Geschäft ist unverzichtbar. Kein Unternehmen ist so dynamisch, so
    konstant innovativ, so sehr dem reinen Geist des freien Marktes verpflichtet wie das weltweite Kokaingeschäft.
    Das ist der Grund, warum das Kokain ausgerechnet in dem Augenblick zur Ware schlechthin geworden ist, als die Märkte zunehmend von Aktien beherrscht wurden, hinter deren künstlich aufgeblähten Kursen sich keine realen Zahlen verbargen, und von den nicht minder immateriellen Wertpapieren der New Economy, die Kommunikation und Phantasie verkauften. Kokain dagegen bleibt Materie. Kokain nutzt die Phantasie, biegt sie zurecht, infiltriert sie und füllt sie mit dem, was dem Kokain eigen ist. Jede Grenze fällt, und wenn sie noch so unüberwindlich zu sein scheint. Die neue Mutation ist schon da und heißt flüssiges Kokain. Flüssiges Kokain kann in jeden hohlen Gegenstand eindringen und jedes saugfähige Material imprägnieren. Es kann in jedem Getränk und jedem cremigen oder flüssigen Produkt aufgehen, beinahe ohne verräterische Gewichtsunterschiede. In einem Liter Wasser kann ein halbes Kilo Kokain aufgelöst sein. Man hat es in Haarshampoos und Körperlotionen, in Rasierschaum, Glasreiniger und Bügelwasser, in Pestiziden, Kontaktlinsenflüssigkeit und Hustensaft gefunden. Es war in Dosen mit Ananas, in Konserven mit Kokosmilch, in fünf Tonnen Erdöl in Fässern und in zwei Tonnen tiefgekühltem Fruchtfleisch, in durchnässten Kleidern, Dekostoffen, Jeans, Bilderleinwänden, den Zertifikaten einer Tauchschule. Es wurde mit der Post als Badezimmerset und als Säuglingsschnuller verschickt. Es kam in Wein-, Bier- und sonstigen Getränkeflaschen über die Grenze, in Flaschen mit mexikanischem Tequila für den Cocktail Margarita oder brasilianischem Cachaija für Caipirinha, vor allem aber kolumbianischem Rum, den man in wenigen Wochen Abstand in Bologna und Mailand fand: drei Jahre gealtert, Marke Medellin.
    Und wem Rumflaschen nicht ausreichen, in denen weitaus mehr Koks drin ist als Alkohol: Man hat es sogar in Coca-ColaFlaschen gefunden. Denn Kokain kann sich in alles verwandeln, bleibt aber immer dasselbe.
15 Afrika ist weiß
    Die Insel Curaijao auf den ehemaligen Niederländischen Antillen, heute ein autonomer Landesteil der Niederlande, ist ein ideales Urlaubsland. Neben den für die Karibik typischen idyllischen Stränden und dem smaragdgrünen Meer bietet sie mehrere Monate im Jahr bestes Wetter, da sie außerhalb der Routen der Wirbelstürme liegt. Ein Paradies. Auch die Snackbar Donald Duck im Vorort Fuik auf dem südlichen Teil der Insel ist ein Paradies. Allerdings für Drogenhändler. Zwischen einem Sandwich und einem Caipirinha wird über Geschäfte geredet. In letzter Zeit geht es dabei vor allem um die Modalitäten des Kokaintransports. Die Kontrollen sind schärfer geworden, und die Phantasie muss neue Wege erschließen. Wenn man jahrelang verfolgt, was Drogenhändler tun und wie sie vorgehen, sieht man die Dinge am Ende nicht mehr, wie sie sind, sondern was sie, die Drogenhändler, daraus machen könnten. Ich kann mir keine Weltkarte mehr ansehen, ohne darauf Transportrouten und Vertriebsstrategien zu erkennen. In einer Stadt nehme ich nicht mehr die Schönheit eines Platzes wahr, sondern frage mich, ob er sich zum Dealen eignen könnte. Ich sehe nicht mehr den Strand mit dem feinen, goldfarbenen Sand, sondern überlege, ob er eine gute Anlandestelle für eine größere Partie abgeben könnte. Im Flugzeug sehe ich mich um und

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