ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Erschießung und Viehdiebstahl, Entführung von Unschuldigen, darunter auch Frauen und Kinder, sind an der Tagesordnung. Die Guer-illeros nutzen die politische Schwäche und die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der Ordnungskräfte aus. Zehn Jahre zuvor hatten sich die Viehzüchter und Bauern des Departements Antioquia erstmals in Medellin getroffen, um gemeinsam nach einer Lösung für das Problem zu suchen. In der Region Magdalena Medio entstand sogar eine Bauernorganisation. Nichts Revolutionäres, nur die Umsetzung eines Dekrets von 1965, das den Bauern die Möglichkeit zugesteht, mit Rückendeckung der Behörden zu den Waffen zu greifen und sich zu verteidigen: Militärs und Bauern gemeinsam in einem totalen Krieg, in dem nicht das Machtmonopol des modernen Staates, sondern nur der gemeinsame Feind zählt, den es zu vernichten gilt. Doch die Lage der Bauern von Antioquia und Cordoba bleibt alarmierend. Der Wert ihres Ackerlandes und Viehs ist auf ein Fünftel gesunken.
Salvatore Mancuso weiß das nur allzu gut, und er kennt die Namen, die Stärke und die Verstecke der aufständischen Gruppen in dieser Region. Er hat von den Übergriffen gehört und alle Möglichkeiten erwogen, gegen diese Banditen Front zu machen, die ihren Traum von einem Umsturz mit den Früchten der Arbeit unbescholtener Menschen nähren. Und er ist entschlossen, sich zu verteidigen. Wenn sich ein von einem arbeitsreichen Leben gezeichneter Einwanderer nicht hat brechen lassen, dann erst recht nicht sein Sohn, der in der Blüte seiner Jahre steht und bereit ist, für sein Land und seine Leute das eigene Leben zu lassen. Sollen sie nur kommen, wenn sie es wagen.
Soeben ist die Sonne aufgegangen, ihre Strahlen überziehen Salvatores Felder mit zartem Ockergelb. Im Gegenlicht zeichnen sich die Schatten dreier Männer ab, es sind Gueriller-os. Salvatore greift nach seinem Gewehr und richtet es kurzerhand auf die Männer, die ihm sagen, dass ihr Anführer ihn erwarte. Doch Salvatore weigert sich, ihnen zu folgen.
Auf Salvatores Finca arbeitet Parrita, ein aufgeweckter zwölfjähriger Junge. Er zeigt keine Angst, und die Männer necken ihn und sagen, wenn er etwas älter sei, werde er sie schon noch kriegen, die Angst. Kolumbien, sagen sie, wird dich Respekt vor denen lehren, die stärker sind als du. Doch Parrita zuckt nur mit den Achseln. Er ist ein Draufgänger, und das gefällt Salvatore, der ihm ein Funksprechgerät in die Hand drückt und ihn bittet, den drei Guerilleros heimlich zu folgen, ihr Lager ausfindig zu machen, sich auf die Lauer zu legen und auf weitere Anweisungen zu warten. Unterdessen organisiert sich Salvatore. Er kann den Oberst des Bataillons Junrn aus Monteria überzeugen, ihm Männer zur Verfügung zu stellen.
Mit Hilfe von Parritas Angaben findet er den Unterschlupf der drei Guerilleros und tötet sie.
Salvatore Mancuso hat sein Schicksal selbst in die Hand genommen. Er kann jetzt nicht mehr zurück, wenn er nicht alles verlieren will, was er sich aufgebaut hat. Von Hof zu Hof verbreitet sich die Nachricht von dem jungen haciendero , der den terroristischen Abschaum herausgefordert hat, wie es vor ihm noch niemand gewagt hatte. Nicht einmal Pablo Escobar nach der Entführung der Tochter von Don Fabio Ochoa Restrepo, einem bekannten Pferdezüchter und Oberhaupt einer kriminellen Familie, die es im Medellin-Kartell bis an die Spitze schaffte. Escobar gründete damals, seinem derben Geschmack entsprechend, die Gruppe MAS, Muerte a Secuestradores (»Tod den Entführern«). Der mächtigste Mann Kolumbiens brüllte seine Drohungen heraus und versorgte die Rächer mit Waffen und Geld. Der Sohn eines Einwanderers dagegen schickt niemanden vor, er zieht ohne großes Aufsehen los, um sich selbst Recht zu verschaffen. Das Vorbild, dem andere nacheifern, ist jetzt nicht mehr sein Bauernhof, sondern er selbst. Das Militär von Monteria erteilt ihm die Erlaubnis, seinen Gutshof in eine bewaffnete Festung zu verwandeln, und stellt ihm einen Begleitschutz an die Seite. Auch die Soldaten sind von seiner Sache überzeugt. Sie nennen ihn cacique, weil er jetzt ein Kazike ist, ein anerkannter Führer der Gemeinschaft. Ein Mann schließt sich Salvatore besonders eng an: Major Fratini, stellvertretender Kommandant des Bataillons, das ihn schon bei seiner ersten Vergeltungsaktion gegen die Guerilleros unterstützt hat. Sie sind beide italienischer Abstammung und haben eine Schwäche für Gewehre und guten Wein.
Gemeinsam schmieden sie
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