Zerrissenes Herz (German Edition)
mir keine romantischen Vorstellungen gemacht oder das Unmögliche erwartet.“
„Das war dein erster Fehler. Manchmal überwindet man die rauen Phasen nur, wenn man sich romantische Vorstellungen macht und das Blaue vom Himmel erwartet. Man muss die nervigsten Angewohnheiten des anderen nehmen und sie in Tugenden verwandeln. Ich erinnere mich daran, dass ich das ganze Jahr 1967 damit verbracht habe, so zu tun, als würde ich den Hippiebart deines Großvaters lieben.“
Daisy lachte und versuchte, sich ihren seriösen Großvater mit Bart vorzustellen. Dann schüttelte sie den Kopf, und das Lachen wich einem Schluckauf und Tränen. „Ich habe Angst … dass alles Vorspielen der Welt nur noch deutlicher macht, dass wir uns nur was vorspielen, verstehst du? Das ganze letzte Jahr über habe ich gedacht, es würde irgendwann besser werden. Wir haben auch so getan, als wäre alles gut, aber es wird immer schwerer und anstrengender.“ Sie schluckte um den dicken Kloß der Verzweiflung herum, der ihr in der Kehle steckte. „Vor einiger Zeit haben wir beide gedacht, dass die Heirat vielleicht ein Fehler gewesen ist. Wir standen kurz davor, ein wirklich ernstes und schwieriges Gespräch zu führen und zu klären, ob wir uns trennen sollen. Dann ist Julian nach Hause gekommen, und … und es schien mit einem Mal nicht mehr richtig zu sein.“
„Du wolltest deinen Ehemann nicht verlassen, nur weil dein Exverlobter wieder aufgetaucht ist“, sagte ihre Großmutter freiheraus.
„Zum Teil ja“, gab Daisy zu. „Aber nur zum Teil. Ich habe solche Angst, die Fehler meiner Eltern zu wiederholen.“
„Daisy, was möchtest du?“
„Ich will total verrückt und leidenschaftlich in meinen Ehemann verliebt sein.“ Mit aller Macht verdrängte sie eine Vorstellung, die mit Logan nichts zu tun hatte. „Ich will, dass er für mich genauso empfindet. Aber ich fange langsam an, mich zu fragen,ob das überhaupt mit irgendwem möglich wäre.“
Die Augen ihrer Großmutter nahmen einen verhangenen Ausdruck an, als sie über den Willow Lake hinausschaute. Daisy hatte das Gefühl, ihre Grandma würde etwas aus der Vergangenheit noch einmal durchleben. „Oh ja“, sagte Jane dann leise. „Das ist auf jeden Fall möglich.“
„Ich frage mich das jeden Tag. Und ich habe damit schon angefangen, bevor Julian nach Hause gekommen ist. Und ich habe das Gefühl, dass Logan sich dieselbe Frage stellt. Aber keiner von uns hat eine zufriedenstellende Antwort.“
„Ich leider auch nicht.“
„Ich arbeite daran. Wirklich, das tue ich.“
Jane zögerte und richtete den Blick aus blassen Augen dann wieder auf Daisy. „Manchmal bekommen wir nicht, was wir wollen, egal wie sehr wir uns auch bemühen. Liebes, hör mir zu. Ich bin nicht perfekt, aber ich habe in meinem Leben das eine oder andere gelernt. Am wichtigsten ist es, auf sein Herz zu hören. Was sagt dein Herz dir?“
Daisy biss sich auf die Lippe. „Dass ich ein fürchterlicher Mensch bin, weil ich aus den falschen Gründen geheiratet habe und Charlie das jetzt ausbaden muss. Und dass … Julian mein Herz nie wirklich verlassen hat, sogar als er angeblich tot war.“ Die letzten Worte brachte sie mit einem gequälten Unterton hervor. „Ich bin fürchterlich.“
„Das bist du nicht. Du bist ein Mensch mit Schwächen wie jeder andere auch. Sich deswegen selbst zu geißeln bringt dich nirgendwohin.“ Grandma nahm ihre Hand. „Ich wünschte, ich wäre so weise, wie ich alt bin, aber unglücklicherweise bin ich auch nur ein Mensch. Ich kann dir nur eines sagen: Lebe dein Leben und sei glücklich! Mehr kannst du nicht tun.“
32. KAPITEL
D aisy erlaubte Charlie, mit Blake zusammen das Wochenende über in Camp Kioga zu bleiben. Mit verschiedenen Cousins und Cousinen teilte er sich eine der alten Schlafbaracken. Sie stellte sich vor, wie die Kinder die halbe Nacht lang aufblieben, im Dunkeln kicherten, sich Geistergeschichten erzählten und um Mitternacht in die Küche schlichen, um sich noch einmal die Bäuche vollzuschlagen. Wie alle Kinder war Charlie am glücklichsten, wenn er draußen in der Natur spielen und herumlaufen konnte. Sie wusste, dass er schmutzig und erschöpft nach Hause kommen würde, aber auch erfüllt von wunderbaren Erinnerungen.
Sie bog in die Einfahrt vor ihrem Haus ein, parkte und stieg aus. Die Dämmerung brach herein und tauchte das Viertel in goldenes Licht. Es war wirklich ein schönes Haus, das hörte sie immer wieder. Logan hatte Jahre damit
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