Zersetzt - Thriller (German Edition)
musste sie sich am Hundekehlsee mit Mr. X treffen, um ihm die Informationen zu übergeben. Nun nehme ich an, dass sie eine Kopie der Daten, die die Klinik betreffen, im Schließfach in Berlin auf einem Bahnhof in Ebene drei deponiert hat, richtig?« Lehmann blühte trotz der langen Sucherei förmlich auf.
»Richtig, Holmes! Aber auf welchem Bahnhof?«, fügte Julia hinzu. Lehmann stoppte in seiner Bewegung, ging dann zum Schreibtisch und tippte auf die Tastatur. An seinem Augenaufschlag war zu erkennen, dass er die gesuchte Information gefunden hatte. Dann las er vor, was auf der Internetseite stand:
»Aus Sicherheitsgründen befinden sich die Schließfächer im Parkhaus außerhalb des Hauptgebäudes im Bereich C, Ebene 1, 2, 3 – Hauptbahnhof.«
Kapitel 12
V öllig übermüdet und dennoch gespannt der Dinge harrend, die auf sie zukamen, saßen Julia und Dr. Lehmann in dessen Mercedes, der gerade in das Parkhaus am Berliner Hauptbahnhof einbog.
»Ebene drei«, wiederholte er, nachdem er das Ticket aus dem Parkautomaten gezogen hatte. Die Tiefgarage war menschenleer, nur vereinzelt standen Autos in den Parklücken. Nach einer weiteren Kurve erreichten sie ihr Ziel. Dr. Lehmann stellte sein Fahrzeug in der Nähe der Schließfächer ab.
»Julia, haben Sie noch mal versucht, Felix zu erreichen?« Sie stieg aus dem Wagen und ließ die Tür ins Schloss fallen.
»Ja, diesmal war nicht die Mailbox dran, aber auf das Klingeln hat er auch nicht reagiert.« Durch die Wirrungen der letzten Tage und das Schlafdefizit war es nicht verwunderlich, dass Julias Gehirn nur noch auf Energiesparmodus lief. Trotzdem versuchte sie sich zu konzentrieren, jedes Detail aufzunehmen und einzuordnen.
Lehmann zog sich seine Wildlederjacke an, auf deren Ellbogen handflächengroße Flicken genäht waren, und schloss den Wagen ab.
»Hier ist niemand. Was genau hat Felix am Telefon gesagt, als der Empfang abbrach?«
»Nur dass er das Rätsel gelöst hat. Aber er klang so aufgeregt, dass ich davon ausgegangen bin, dass er sich bereits vor Ort befindet und mich dort hin bestellen wollte«, erwiderte Julia.
»Können Sie sich an die Nummer des Schlüssels erinnern?«
Selbst wenn ich mir die Zahl auf dem Schlüssel genauer angesehen hätte, bei meinem Zahlengedächtnis wäre dies vergebene Liebesmüh gewesen. Sie schüttelte den Kopf. Diese kurze Bewegung mahnte sie allerdings, dass sich die nächste Migräneattacke ankündigte. Sie fasste sich an die Schläfen und versuchte, einige Akupressurpunkte durch kreisende Bewegungen zu stimulieren.
»Wir dachten, bei Felix ist der Schlüssel besser aufgehoben. Ich versuche nochmal, ihn zu erreichen. Irgendwo hier in der Nähe muss er ja stecken – Mist, kein Handyempfang.«
»Okay ich schau bei den Schließfächern nach«, sagte Lehmann. Julia huschte mit ihrem Smartphone in der Hand um eine Säule.
»Ich geh mal ein Stück weiter Richtung Ausfahrt, eventuell ist dort das Signal besser.«
Plötzlich hallten Schritte in der fast leeren Betonumgebung. Der Ton brach sich zwischen den Wänden und kam von allen Seiten, so war es ihr nicht möglich, den genauen Ursprungsort auszumachen. Julia stand einen Moment ganz still, drehte sich sodann um ihre eigene Achse und lauschte den satten Schritten. Felix? Nein, den kenne ich nur mit Turnschuhen und die machen nicht so einen Lärm. Die Schritte wurden schneller, sie waren jetzt ganz nah und mussten jeden Augenblick bei ihr angelangt sein. Sollte sie sich verstecken – aber warum? Wieder zu Lehmann zurück gehen? Ruhe. Vollkommene Stille. Es war nichts mehr zu hören und kein Mensch in Sichtweite – außer dem Chefredakteur. Lehmann sah zu Julia, zuckte mit den Schultern und unterdrückte einen Hustenreiz. Er griff in seine Jackentasche und zog ein Eukalyptusbonbon heraus. Julia atmete zweimal tief ein und wieder aus, sie wollte sich nicht von dem Unbekannten beirren lassen.
Die Migräne kam wie eine Welle, langsam, schleichend, aber mit einer Wucht, die sich ohne Umschweife direkt in Julias Schädel quetschte. Sie ließ sich auch durch die vorherige Stimulation nicht abhalten. Julia kramte in ihrer Handtasche und zog ein Tablettenröhrchen hervor. Sie schnipste den Deckel ab, drehte das Röhrchen um und im gleichen Moment, als sie das Medikament schon zu fassen bekam, signalisierte ihr Smartphone lautstark seine Empfangsbereitschaft. Julia ließ die runde Pille fallen. Diese prallte hochkant auf den Boden und rollte einige Meter
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