Zerstörte Seelen
und düster. Der Sänger beklagte sein gebrochenes Herz und seine verlorene Liebe.
Tim gab ihr sein Handy. Sie wählte die 911 und nannte dem Telefonisten ihren Namen und ihre Adresse.
«In meiner Straße, an der Kreuzung Temple und Cambridge Street, steht ein Geländewagen», sagte sie. «Könnte ein Chevy Tahoe sein, schwarz oder dunkelblau, und ich glaube, die Scheiben sind getönt. Ich beobachte schon einige Zeit, wie die Collegekids dorthin gehen und sich gegen Geld kleine Tütchen abholen. Könnten Sie mal einen Streifenwagen vorbeischicken? … Wunderbar. Ich danke Ihnen.»
Darby gab Tim das Handy zurück und sagte: «Das Schlafzimmer geht doch zur Straße raus, oder? Macht es dir etwas aus, wenn ich mir von dort aus die Show ansehe?»
«Nein, kein Problem. In dem Zimmer wohne sowieso ich.» Er öffnete die Tür. «Gleich fliegt hier ein Drogendealer auf. Und das live. Cool. So was hab ich noch nie gesehen.»
Er führte Darby durch ein Wohnzimmer voller Sitzsäcke und Secondhandsofas mit durchgesessenen Polstern. Das eingebaute Bücherregal am offenen Kamin war leer und voller Staub. Die Party hatte sich in die Küche verlagert, wo ein kleines Bierfass stand. Eine Handvoll aufgekratzter Collegegirls standen oder saßen am Küchentisch und spielten ein Trinkspiel mit dem Jungen, der Tims Mitbewohner sein musste: ein hübscher, selbstgefälliger Dandy, der sich ganz offenbar mit Hilfe seines guten Aussehens erfolgreich durchs Leben lavierte.
Den Mädchen passte es gar nicht, dass seine Aufmerksamkeit nun nicht mehr ihnen, sondern Darby und Tim galt.
«Aber hallo», sagte der Junge und streckte Darby die Hand hin. «Ich bin Timmys Mitbewohner, Gregg.»
«Darby. Schön, dich kennenzulernen.»
«Ich hab dich schon mal irgendwo gesehen.»
«Ich wohne oben.»
«Oh, und ich dachte, du wärest ein Model.» Sein Lächeln war ebenso perfekt und charmant wie sein ganzes Gesicht. «So wie du aussiehst, könntest du ohne weiteres Bademode vorführen.»
«Du musst mich mit jemandem verwechseln», sagte Darby. Sie warf Tim über die Schulter einen Blick zu und signalisierte ihm mit einer Kinnbewegung, dass es Zeit war, aus der Küche zu verschwinden.
Tims kleines Schlafzimmer war für einen Collegestudenten überraschend aufgeräumt. Die Wände hingen voller Poster und Fotos von Boston-Red-Sox-Spielern in verschiedenen Stadien im ganzen Land.
«Ted Williams.» Darby zeigte auf ein Bild. «Du hast einen Sinn für echte Klasse.»
«Der Beste, den es je gab. Der Beste überhaupt.»
Darby ging ans Eckfenster. Der Geländewagen hatte sich nicht von der Stelle bewegt.
«Möchtest du ein Bier?», fragte Tim.
«Mach dir keine Umstände. Ich bin gleich wieder weg.»
Tim blieb unsicher stehen. Er wirkte verlegen.
«Du kannst ruhig gehen», sagte Darby. «Sonst verpasst du noch die Party.»
«Nee, schon okay. Die Mädels interessieren sich sowieso nur für Gregg.»
«Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er ein ziemlicher Blender ist.»
Tim lachte. «Ist er. Aber seltsamerweise gefällt das den Mädels. Und je übler er sie behandelt, desto erbitterter zanken sie sich um ihn.»
«Nach dem College wird sich das ändern, glaub mir.» Die getönten Autoscheiben verhinderten, dass Darby in den Wagen sehen konnte. Wie viele Leute saßen darin?
«Er geht nach Hollywood», sagte Tim. «Und wird Schauspieler.»
«Wahrscheinlich wird er irgendwann Softpornos drehen und sich eine wohlhabende reife Frau suchen, die ihn aushält.»
Tim grinste. «Was ist eigentlich aus dem Typen geworden, mit dem du gelegentlich unterwegs warst? Mit dem, der aussieht wie Tom Brady?»
«Coop.»
«Richtig, Coop. Netter Kerl. Wo ist er denn? Ich habe ihn lange nicht gesehen.»
«Er ist vor drei Monaten nach London gezogen.»
«Seid ihr beide … na ja, seid ihr noch zusammen?»
«Wir waren es nie», sagte Darby. Sie musste an die Nacht denken, in der Coop sich verabschiedet hatte. Er war noch einmal durch den Regen zurückgerannt und hatte sie geküsst. Später hatte er sie vom Flughafen aus angerufen und ihr gesagt, was er für sie empfand. Aber wenn sie jetzt telefonierten, sprach er nie darüber, was zwischen ihnen passiert war.
Und du hast auch nie etwas gesagt
, fügte eine Stimme hinzu.
Ein Bostoner Streifenwagen mit Blaulicht, aber ohne Sirene kam vor dem Geländewagen zum Stehen. Zwei Polizisten sprangen heraus. Sie ließen die Türen offen stehen und zogen ihre Waffen. Ein zweiter Streifenwagen hielt neben dem Geländewagen
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