Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerstörter Traum vom Ruhm

Zerstörter Traum vom Ruhm

Titel: Zerstörter Traum vom Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
gesprochen und geäußert habe, er würde sie nie und nimmer heiraten.
    »Aha!« rief der Staatsanwalt mit leichtem Triumph. »Aha!«
    »Ich habe es ja längst gestanden«, bemerkte Poltecky. »Das einzige, was mich interessiert, ist die Höhe der Strafe.«
    »Dann können wir die Beweisaufnahme ja beschließen«, meinte der Staatsanwalt. »Der Fall liegt klar.«
    Das Plädoyer des Staatsanwaltes war die nächste Sensation des zuerst so unscheinbaren Prozesses. Er sagte, und man merkte, daß er es aus Überzeugung darbot:
    »Der Angeklagte ist ein Opfer der Liebessehnsucht von Torschlußpanik gepeinigter Frauen geworden. Er sieht nett aus, ist intelligent, charmant, versteht zu fabulieren und den Mädchen den Kopf zu verdrehen. Aber das alles ist ja kein Verbrechen – im Gegenteil, man könnte ihn um seine Chancen beim weiblichen Geschlecht beneiden.
    Gefährlich aber wird diese Wirkung auf die Frauen, wenn sie dazu benutzt wird, Geld aus ihren Taschen zu locken, unter dem Versprechen, das liebeskranke Mädchen auch zu heiraten. Das nennt man dann Heiratsschwindel. Und die Strafen sind nicht gering. Aber – war der Angeklagte Schuster alias v. Poltecky ein Heiratsschwindler? Hat er Geld erschwindelt? Hat er Herzen wissentlich betrogen und Nutzen daraus gezogen? Ist er ein Freibeuter der Liebe? Oder haben ihn die Frauen nur so maßlos verwöhnt, daß er gar nicht anders konnte, als das Geld anzunehmen, um seine Ruhe zu haben?
    Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß Poltecky ein Opfer seiner Wirkung auf Frauen geworden ist. Wo er auftrat, sollte er geheiratet werden, wollte man ihn einfangen. Die Frauen haben es ihm leicht gemacht. Sie warfen ihm das Geld nach, und er hob es auf, mit dem Willen, es ihnen einmal zurückzuzahlen, wenn er selbst an seinem Film genug verdienen würde. Dann wurde er selbst betrogen – um alles, was er hatte. Um Geld, um Glück, um Selbstvertrauen. Daher sein Geständnis, er sei ein Heiratsschwindler!
    Die Staatsanwaltschaft sieht daher den Tatbestand der Anklage als nicht gegeben und beantragt Freispruch mangels Beweises.«
    »Bravo!« rief Opperberg laut in den Saal.
    »Ich wußte es«, sagte Drogist Meyer. »Ich wußte es ja! Drei Jahre war er bei mir. Er ist ein ordentlicher Mensch!«
    Die Beratung des Gerichtes war kurz. Dann wurde Poltecky freigesprochen. Sein Schlußwort war ebenso kurz wie der Satz: »Sie sind freigesprochen. Die Kosten trägt die Staatskasse!«
    Er sagte leise und mit verkniffenem Gesicht:
    »Ich verstehe die Gerechtigkeit nicht mehr. Ich habe gestanden, und man schickt mich weg! Aber vielleicht haben Sie recht, meine Herren: Die größte Strafe ist es, weiter unter den Menschen zu leben. Die Ruhe im Gefängnis wäre zu schön gewesen.«
    »Typisch«, sagte Opperberg zu dem Rechtsanwalt an seiner Seite. »Er ist seelisch völlig runter. Ich werde ihn in meinem Haus wieder auf die Beine stellen! Was er braucht, ist neues Selbstvertrauen. Und das will ich ihm geben.«
    Noch einmal sah Poltecky seine drei Opfer an.
    Martina Schneewind nickte ihm zu und lächelte schwach.
    Carola Pfindt zögerte beim Hinausgehen aus dem Gerichtszimmer. Sie wollte Poltecky die Hand geben, aber dann bezwang sie sich und drehte sich nur noch einmal zu ihm um. Ihre grünen Augen strahlten. Leb wohl, dachte sie.
    Erna Vorwerck ging als letzte. Sie blieb vor Poltecky stehen und sah ihn groß an. Stumm. Fragend. Bittend. Poltecky verstand sie. Er hob die Schultern und sah zur Seite. Da ging sie hocherhobenen Hauptes.
    Poltecky wurde abgeführt. Opperberg machte sich gleich auf den Weg, um ihn vom Untersuchungsgefängnis abzuholen. Wer freigesprochen ist, wird sofort entlassen.
    Aber Konsul Opperberg irrte sich.
    Poltecky blieb in Haft!
    Der kleine Mann mit dem Stoppelhaar aus Bonn brauchte ihn noch.
    Julia Opperberg wartete in der Bonner Klinik auf den Ausgang des Prozesses.
    Sie lag – wie seit Tagen – stumm, teilnahmslos und bleich in einem sonnendurchfluteten Einzelzimmer.
    Mit den Ärzten und Schwestern sprach sie nicht. Ihre Pfleger mußten erraten, was sie brauchte, was sie wünschte, was sie nicht wollte. Selbst der Chefarzt, der stundenlang an ihrem Bett saß und mit ihr ein Gespräch beginnen wollte, um ihre innere Verkrampfung zu lösen, stieß auf eine Mauer des Schweigens und der Abwehr.
    Nur Musik fand Zugang zu ihrer Seele.
    Ein Radioapparat spielte den ganzen Tag. Am Abend wurde ein Fernsehgerät in das Zimmer gerollt, und Julia sah stumm auf die Mattscheibe und das helle

Weitere Kostenlose Bücher