Ziemlich beste Freunde
Emmanuel lächelt verlegen. Er erklärt, dass ihm am Computer ein Fehler unterlaufen sei. Er gibt mir zu verstehen, dass über Internet ein Weltkrieg ausgelöst wurde. Gierige Chips kämen aus den Bildschirmen und würden feindliche Geräte auffressen. Emmanuel erzählt uns die neuesten Nachrichten von der Front. In Wirklichkeit sind es die Tibeter mit ihren hohen Gipfeln und niedrigen Löhnen, die den Krieg angefangen haben. Wir, also Emmanuel, Marie, ihr Rudel kleiner Chinesen und ich, beschließen, uns nach Tibet aufzumachen. Alles hat damit begonnen, dass ein junger Mann aus einfachen Verhältnissen zusammen mit seiner Frau und seiner Mutter eine kleine Firma zur Herstellung revolutionärer Computerchips gründete. Sie wurden vom chinesischen Militär gefangen genommen und mussten nun Tag und Nacht schuften, um ihre Kerkermeister zu versorgen. Auf höchst abenteuerliche Weise gelingt uns die Flucht aus Tibet und wir lassen uns alle zusammen in New York nieder. Mangels Chips scheint der Krieg abzuflauen. Plötzlich fällt A. B., der Generaldirektor von KULG, mit einem Haufen Gorillas in unsere Büros ein. Er versucht auf die sanfte Tour, etwas über die Arbeit von Emmanuel und unserem jungen Freund herauszufinden. Eine verhutzelte Alte mit starkem spanischem Akzent steht hinter ihm und beschimpft ihn aufs Übelste. A. B. fordert die Mehrheit an unserem Unternehmen. Höfliche Ablehnung. Sie schneiden der Alten die Kehle durch. Unser tibetischer Freund – dessen Name mir entfallen ist – fliegt mit einem mitfühlenden Lächeln davon, nachdem er auf tibetische Art Harakiri begangen hat. Die Überlebenden werden gefangen genommen, der Krieg flammt wieder auf.
Ich bin in einem Käfig, er hängt im Schlafzimmer der Schauspielerin Isabelle Diange, der Geliebten von A. B., an der Decke. Sie ist von jungen Rauschgiftsüchtigen umgeben, zu den betörenden Klängen der Musik eines Schützlings von A. B. ergehen sie sich in lüsternen Spielchen. Hin und wieder wird mein Käfig – er hängt an Seilzügen – bis knapp übers Bett der Diange heruntergelassen, die mich mit aufreizend gespreizten Beinen erwartet. Ich dringe in sie ein, ohne den Käfig zu verlassen. Wie stelle ich das nur an? Manchmal wirft man mir Erdnüsse zu. Sie liebt einen anderen, einen großen Sänger. A. B. ist wütend und vor allem pleite.
Plötzlich gibt es eine ungeheure Detonation, gefolgt von drückender Stille. Der Ruin von A. B. hat offenbar irgendein spezielles Atom zum Explodieren gebracht, überall liegen Leichen. Sie sind ganz blau, wirken aber, abgesehen von ihren schrecklich verzerrten Gesichtern, unverletzt. Sie sind vor Kälte gestorben, einer Kälte, die nun auf die Überlebenden übergreift. Ich finde Béatrice und die Kinder wieder, wir fliehen mit dem Zug, machen uns auf die Suche nach Wärme. Uns gegenüber sitzt A. B. in einem dicken Pelzmantel, er ist nicht ganz so blau. Wir durchqueren eine kahle, frostige Landschaft nach der anderen.
Die Toten werden zum Fenster hinausgeworfen. Béatrice kann unsere Kinder bald nicht mehr wärmen, ihre Lippen sind lila. Ich ziehe die Notbremse, trage sie über den harten Schnee. Die Kinder folgen uns im Gänsemarsch. Ich finde eine Hütte aus gebranntem Ton mit einem riesigen Berg Kleinholz drum herum. Wir bleiben mehrere Jahre am Feuer sitzen. Trotz der anhaltenden Kälte bessert sich das Wetter. Eines Tages entdeckt unser Sohn, der mittlerweile den Stimmbruch hinter sich hat, eine kleine weiße Blume im Schnee. Ein Schneeglöckchen. Wir müssen drei weitere Jahre warten, ehe überall am Boden gelbe Osterglocken blühen. Gelb ist Béatrices Lieblingsfarbe. Wir kehren nach Paris zurück.
Alles ist beim Alten, ich liege wieder in meinem Bett im Krankenhaus. Eines Tages meine ich, Reynier weinend ins Zimmer kommen zu sehen. Weint er meinetwegen, seinetwegen oder wegen der schrecklichen Ereignisse? Ich weiß es nicht, er ist nie wiedergekommen.
Ich erinnere mich an die Umstände des Unfalls.
Wer ist der Mann in der Almhütte, der Béatrice entführt hat?
Meine Cousine Catherine macht mich mit einem Forscherpaar bekannt. Beide sind mager und wirken tieftraurig.
Sie haben ein komplexes elektronisches System entwickelt, mit dessen Hilfe man die Nervenzellen im Rückenmark neu bilden kann. Einen Teil ihres sagenhaften Geräts haben sie mitgebracht, den, mit dem die Fersen und Füße regeneriert werden können.
Ich möchte es gleich ausprobieren, also
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