Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Würzfisch, und sie wedelten aus drei verschiedenen Richtungen zielstrebig und punktorientiert genau auf uns zu.
    »O nein, nicht doch, liebe Kusinen«, murmelte ich. Plötzlich lag in Chorians Hand ein Imploder, und er fummelte am Brennschärfenregulator herum. Auf seiner Stirn war eine fingerdicke Ader hervorgetreten. Schon wieder die große Theatergeste. Man braucht wahrhaftig sehr viel Geduld mit jungen Männern.
    »Lass das!«, befahl ich ihm, ergriff die Waffe und schob sie ihm wieder in die Tasche zurück. »Die fressen nur Aas und Abfälle. Sie tun uns nichts, und es ist ein Verbrechen und gotteslästerlich, ihnen Schaden zuzufügen. Trotzdem sollen sie aber meinen Fisch nicht bekommen.« Ich ging ihnen entgegen. Sie schwänzelten bis zum Gletscherrand herab und wurden dann ganz still; wie geprügelte Hunde. Die heiße pulsierende Strahlung von Lebendigem beunruhigt sie. Ich hätte sie durch die bloße Berührung töten können: ich habe nämlich sehr viel glühendes Leben in mir. »Bedaure, liebe Kusinen«, sprach ich sie freundlich an. »Aber hier heißt es, ich oder ihr, und es ist euch doch wohl klar, wie dabei die Entscheidung fallen muss. Das da ist mein Fisch, nicht eurer. Ich habe verdammt schwer geschuftet, um ihn zu fangen.«
    Sie wanden sich kaum merklich. Sie schauten mich traurig und unglücklich an. Sie taten mir richtig leid.
    »Also, ich sag euch was. Ihr gönnt heute Abend dem König sein Festmahl, Kusinen. Und die Reste sollen dann am Morgen euch gehören. Gut so?«
    Sie fanden es sichtlich nicht gut so. Aber sie konnten auch nicht viel dagegen unternehmen. Sie blickten den Fisch an, dann mich, dann wieder den Fisch. Sie stießen dünne traurige Laute aus. Mir blutete das Herz für sie, denn es war eine harte und karge Zeit im Jahr. Doch ich blieb fest, und kurz darauf machten sie kehrt und glitten davon.
    Chorian starrte mich an und hatte wieder diesen Ausdruck von Ehrfurcht in den Augen.
    »Sie sind gar nicht gefährlich«, erklärte ich ihm. »Groß sind sie, sicher, aber lieb wie Miezekatzen – und nicht halb so wild. Sie fressen nur Aas. Du weißt doch, dass Aasfresser heilig sind, nicht wahr? Denn sie bringen das Leben in den Kreislauf der Welt zurück.«
    Doch er hatte die Schneeschlangen bereits vergessen. Jetzt schien ihn etwas anderes, etwas, das ich gesagt hatte, zu erregen.
    »Du hast mir immer wieder gesagt, du warst niemals König. Aber gerade vorhin hast du von dir als dem König gesprochen. Ihr gönnt heut Abend dem König sein Festmahl … – das hast du gesagt. Ich verstehe dich nicht. Bist du nun der König, oder bist du es nicht?«
    »Ich bin nicht der König«, antwortete ich. »Doch ich bin von königlicher Art.«
    Er blickte mich verdutzt an.
    »Aber du nanntest dich selber König. Ich habe es genau gehört.«
    »Nur so eine Redewendung.«
    »Was?« Er begriff nichts mehr.
    »Mich umgibt die Aura des Königlichen, und deshalb kann ich mich König nennen, wenn es mir so beliebt. Und ich kann sagen, ich war König, oder ich kann sagen, ich war niemals der König, ebenso ganz nach meinem Belieben. Denn das Königliche ist ewig und vergeht nie. Die Königsherrschaft als eine Funktion kann aufhören, nicht jedoch das Königliche, das – niemals, mein Junge. Niemals. Wenn du dir diese Last erst einmal aufgebürdet hast, wenn du gelernt hast, unter ihr dahinzugehen, aufrecht, dann weicht diese Kraft nie mehr von dir, selbst wenn dir die Bürde abgenommen wird.«
    Ich warf mir den Würzfisch über die Schultern; er wog sicher um die fünfzig Kilo, aber ich machte mir deswegen keine Gedanken.
    »Also wirst du heute Abend mit dem König speisen, Kleiner, und was du essen wirst, wird ein königliches Mahl sein. Und in ein paar Tagen kehrst du dann dorthin zurück, von wo du gekommen bist. Ist dies klar? Und du wirst ihnen sagen, dass es Yakoub vollkommen ernst war, als er erklärte, er sei des Königseins überdrüssig. Yakoub hat abgedankt und den Thron aufgegeben. Für immer. Absolut. Rückwirkend. Dies wirst du Sunteil sagen. Und du wirst es Damiano sagen. Und du kannst es auch dem Kaiser selbst sagen. Es wäre ein Fehler, an mir zu zweifeln.«
    Ich hörte in der Ferne Gelächter. Ohne dass ich mich umsehen musste, wusste ich, dass da Gespenster lachten. Mulano ist mit Gespenstern reich gesegnet. Da gibt es die einheimischen Gespenster, und daneben haben wir auch noch alle die Gastgespenster, und man darf die beiden Arten keineswegs verwechseln. Die planeteneinheimischen

Weitere Kostenlose Bücher