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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bewerkstelligt werden, und ich weiß, dass sie durch mich, als dem Werkzeug, geschehen sollen.
     
     
    7
     
    In den Tagen, da der Junge Chorian noch mein Gast war, tauchte auch wieder einmal Polarcas Geist auf, um mich zu besuchen. Chorian war gerade draußen auf dem Eis und fischte mit meiner Schlinge und meinem Dreizack nach Wolkenaalen: er war jung und quirlig und voller Energie, und ihn auf die Jagd zu schicken, das war eine recht brauchbare Art, ihn einmal für eine Weile loszuwerden, wenn ich seiner unablässigen Schmeicheleien überdrüssig wurde.
    Die Luft summte und surrte und knisterte, und aus der grünstrahlenden Hülle, die er sich gern zulegte, wenn er umhergeisterte, sagte Polarca: »Geht er dir auf die Nerven? Dann werde ich ihn verscheuchen.«
    »Er geht bald schon ganz von selbst.«
    »Ein hübscher Bengel. Weshalb ist er gekommen?«
    »Um mir zu sagen, ich soll mich wieder nach Galgala verfrachten und wieder König sein, nehme ich jedenfalls an.«
    Polarca überdachte es. Wir kennen einander schon mehr als hundert Jahre lang, seit der Zeit, da wir beide auf Mentiroso in dem Synapsenloch des Nikos Hasgard wie Galeerensklaven schufteten. {2}
    Polarca ist ein Rom mit Lowarablut, und er behauptet, dass er von einer langen Ahnenreihe von Kaisern, Päpsten und Pferdehändlern auf der Erde abstamme. Ich glaube ja nur das mit den Rosstäuschern, aber ich hüte mich natürlich, seine anderen Behauptungen in Zweifel zu ziehen. Er treibt sich häufiger auf Geistwanderschaft herum als irgendwer sonst, den ich kenne; er ist eben ein sehr ruheloser Rom.
    »Aber du willst nicht gehen«, sagte Polarca dann.
    »Fragst du mich das – oder hast du das so entschieden?«
    »Beides, Yakoub.«
    »Also, ich gehe nicht«, sagte ich. »Gut so?«
    »Und das, obwohl Damiano sagt, es wird ein neuer König gewählt, wenn du nicht kommst.«
    »Du hast mal wieder gelauscht, wie?«
    Polarca lächelte. Wenn ein Gespenst lächelt, dann ist das mehr so wie ein ganz feiner Blitz. »Ich stand genau neben dir. Du hast mich nicht gesehen.«
    »Wenn die einen neuen König brauchen, sollen sie sich doch einen suchen«, sagte ich. »Ich bleibe hier.«
    »Absolut richtig, Yakoub. Das ist – ohne den kleinsten Zweifel – das Gescheiteste.«
    Das Problem mit dem Geist-Polarca ist, dass er ganz ohne Interpunktion spricht, so dass ich bei der Hälfte seiner Äußerungen nicht unterscheiden kann, ob er nun eine Frage gestellt oder eine Sachbehauptung aufgestellt hat. Außerdem spricht er ganz ohne Tonfall, und das macht es schwer, Ironie von Ernst zu unterscheiden. Das ist übrigens nicht eine allen Gespenstern anhaftende Eigenschaft, sondern eine pure Polarca-Spezialität. Denn Polarca ist ein echter Klugscheißer – und sein Geist natürlich ebenfalls.
    »Du hältst es also für vernünftig, wie?«, sagte ich.
    »Na klar doch! Klug ist es. Genau wie das damals vom Achilles gescheit war, als er sich in seinem Zelt verkroch und schmollte.«
    Ich war mir noch immer nicht klar, ob er mich triezen wollte oder es ernst meinte. Es gibt nicht viele Leute, die mich dermaßen unsicher machen können wie Polarca.
    »Erspar mir deinen Achilles«, sagte ich. »Der ist hier nicht relevant, und das weißt du verdammt genau.« Und dann fügte ich hinzu: »Übrigens, ich habe ihn mal gesehen. Wirklich nichts Überwältigendes.«
    »Achilles? Du hast ihn gesehen?«
    »Ein richtiger grober Rowdy. Kleine fiese Augen und Lippen, so dick wie Fleischwürste. Der geborene Berufs-Schmoller und Übelnehmer. Eine Menge Muskeln und Kraft – aber da war nicht ein Gramm Vornehmheit an ihm.«
    »Vielleicht hast du ja jemand anderen gesehen«, wandte Polarca ein.
    »Mir haben sie gesagt, der da ist Achilles.«
    »Wenn man dermaßen weit zurückgeistert, wie kannst du denn da sicher sein? Über dem ganzen Zeug liegt doch ein Nebelschleier.«
    »Also, ich habe seinen Schild gesehen«, sagte ich. »Es war genau der richtige Schild, ein wahres Kunstwerk. Aber er, er war weiter nichts als ein grobschlächtiger Raufbold. Und was ich hier tue, das ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem beleidigten Achilles in seinem Zelt.« Ich schwieg eine Weile, und mir kam der Gedanke, dass ich mir vielleicht in diesem Punkt doch selber etwas vormachen könnte. Dann sagte ich: »Sunteil hat seine Finger ebenfalls in der Sache. Hast du das gewusst?«
    »Der hübsche Kleine dient Sunteil, ja.«
    »Falsch«, sagte ich. »Er wird von Sunteil für seine Dienste bezahlt. Das macht einen

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