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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Stunden lang vernahm man kein Wort von ihnen, doch in der hundertsten Stunde gaben sie das Zeichen, dass ihnen eine Erleuchtung zuteil geworden sei, und dann durften sie aus dem Konklave heraustreten.
    Unsere süße Zigeunersonne, erklärten sie uns, habe beschlossen, uns in das Universum hinauszustoßen, auf dass wir unseren Weg selbst fänden, und es nütze nichts, wenn wir weinten und wehklagten und beteten, denn die Zeit sei gar knapp und rasches Handeln angebracht.
    Eine Veränderung, sagten die Weisen, wird bald über die Sonne, unsere Mutter, kommen. Sie wird schwellen und riesenhaft werden, und an der Stelle ihres warmen lebensspendenden roten Scheins wird ein wütender Ausbruch blauen Lichtes von ihr kommen, dessen schrecklicher Hitze nichts Lebendiges zu widerstehen vermag. An einem fürchterlichen Tag, zur frühen Nachmittagsstunde, sagten uns die Weisen, wird ein tödliches Mordfeuer über die Felder und Wiesen ziehen, über die Berge und die Täler, über die Städte und die Ebenen. Und die Welt wird zu Schwärze verbrennen, und die Meere werden zu kochen beginnen, und alles, was lebte auf dem Gestirn der Roma, wird sterben und ausgelöscht sein. Aber dann wird unsere Sonne ebenso schnell wieder zur Ruhe kommen, wie sie explodierte, und ihr sanftes rötliches Licht wird wieder erstrahlen, nur wird es dann die verbrannten, zerstörten Ruinen unserer geliebten Welt bescheinen.
    Und natürlich erhob sich sofort gewaltiges Weinen und Weheklagen, und viele Gebete stiegen zum Himmel, und das Volk schrie zum König, er solle sie retten, und der König sprach zu ihnen: »Dies ist eine Schicksalsfügung, die uns da auferlegt ist, und wir können nichts tun, sie abzuwenden. Aber einen Weg zu unserer Rettung haben wir.« Und der König machte dem Volk den Vorschlag, wir sollten so viele weltraumtüchtige Schiffe bauen, wie wir nur konnten, und sie füllen mit den Menschen und Tieren und Pflanzen und allen anderen wertvollen Schätzen unserer Welt, und dann sollten wir in diesen Sternschiffen losziehen, hinaus in die Große Dunkelheit, und dort abwarten, bis der gewaltige Kataklysmus, die furchtbare Verheerung, sich bis zu Ende ausgetobt hätte; und dann, später, könnten wir auf den Stern der Roma zurückkehren, um dort neues Leben erblühen zu lassen. Und so hörte das Volk denn auf mit Weinen und Wehklagen und Beten, und der Bau der Schiffe begann. Aber schon bald erkannte man, dass wir nicht genügend Schiffe würden fertigstellen können, denn die Stunde der Katastrophe war schon fast über uns gekommen, und noch hatten wir nicht einmal genug Schiffsraum, um einen von tausend Menschen in den Weltraum zu befördern. Dann trafen Nachrichten ein, die sogar noch furchtbarer waren. Es sollte nämlich nicht nur eine Schwangerschaftswehe der Sonne geben, sondern deren drei, und sie würden sich über den Zeitraum der kommenden zehntausend Jahre erstrecken: also wäre es sinnlos gewesen, auf den Zigeunerstern heimzukehren, denn was immer wir wiederaufbauen würden, das würde bei der nächsten Sonnenschwellung ja wieder vernichtet werden, und dann erneut bei der nachfolgenden Eruption.
    So erkannten wir also, dass die meisten unseres Volkes würden sterben müssen und dass die anderen aus der Heimat vertrieben sein und im Exil würden leben müssen, für lange, lange Zeit. Wir konnten nicht verstehen, warum es GOTT gefallen hatte, uns so etwas anzutun, aber wir wussten sehr gut, dass es uns nicht zustand, an SEINEN Taten herumzumäkeln und herumzudeuteln.
    Chorian fragte entsetzt: »Und nur einer von tausend konnte entrinnen?«
    »Es waren nicht einmal so viele«, sagte ich. »Ein Mensch unter fünftausend, vielleicht. Einer von zehntausend. Wir hatten nur sechzehn Schiffe. Also gab es eine Auslosung, man wählte Namen, und dann legten die sechzehn Schiffe ab und fuhren hinaus in die Große Dunkelheit. Und an einem Tage blickten sie hinter sich und sahen da einen neuen Stern stehen, einen blitzenden weißblauen Diamanten im Himmel, und nirgendwo sah man mehr das warme rote Glühen der Zigeunersonne. Und an diesem Tage weinten und wehklagten und beteten unsere Leute, und dann richteten sie den Blick nach vorn, da sie erkannt hatten, dass hinter ihnen nichts mehr war, das sie hätten ansehen mögen.«
    »Und das waren die Roma, die dann sich auf der Erde niederließen?«
    »Ja«, sagte ich. »Allerdings klapperten wir vorher ein paar andere Planeten ab; nur, die Erde erwies sich eben als einziger, der einigermaßen der

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